Die Grünen erobern die Leopoldstadt

Uschi Lichtenegger
Die Ökopartei siegt deutlich vor Rot und Blau. Uschi Lichtenegger wird neue Bezirksvorsteherin.

Überraschender Machtwechsel in der Leopoldstadt. Die Grünen holen sich bei der Wiederholung der Bezirksvertretungswahl mit 32,24 Prozent der Stimmen Platz eins, gefolgt von der SPÖ (28,83) und der FPÖ (24,94). Noch nicht ausgezählt sind die Stimmen der Briefwähler und der EU-Bürger. An der Reihenfolge wird das aber nichts mehr ändern.

Am späten Nachmittag versammelten sich die Grünen im Restaurant Tachles. Nach Bekanntwerden der ersten Sprengelergebnisse macht sich leichter Optimismus breit. Um 18 Uhr geht es in den Keller des Lokals, wo gemeinsam auf die erste Hochrechnung im Radio gewartet wird. Als Grün auf Platz eins verkündet wird, brandet großer Jubel auf. Grüne Funktionäre fallen einander in die Arme, viele können den Sieg im ersten Moment gar nicht glauben. "Jetzt hat uns die Uschi den Schas g‘wonnen", entfährt es einer grünen Mandatarin in Anlehnung an den Song-Contest-Sieg von Conchita Wurst. "Wir haben einen großartigen Wahlkampf geführt und super mobilisiert", sagt Landessprecher Joachim Kovacs. Die SPÖ dagegen habe sich im Wahlkampf nicht groß von der FPÖ unterschieden. "Dann darf man sich nicht wundern, wenn so etwas rauskommt."

Zitternde Knie

Die grüne Spitzenkandidatin und neue Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger rechnete selbst nicht mit dem Ergebnis. "Im ersten Moment konnte ich es gar nicht glauben, mir zittern jetzt noch die Knie." Welche Projekte sie als neue Bezirksvorsteherin als erstes angehen will, kann sie nach dem unerwarteten Sieg noch nicht sagen: "Wir wollen jedenfalls einen gemeinsamen Weg mit der Bevölkerung gehen." Mittendrin im Jubel auch Grünen-Chefin Maria Vassilakou: "Der Sieg freut mich riesig. Jetzt haben wir einen dritten Bezirk, in dem wir zeigen können, was wir können."

Geholfen hat den Grünen die niedrige Wahlbeteiligung. Nur 26,70 Prozent der Wahlberechtigten gingen auch in das Wahllokal. So konnten die Grünen mit weniger Stimmen als 2015 dennoch Platz eins holen.

Völlige Bunkerstimmung herrschte indes bei der SPÖ. Erst kurz vor 19 Uhr verließ Bezirksvorsteher Karlheinz Hora sein Büro, um vor den TV-Kameras seine verheerende Niederlage zu erklären. Völlig alleine, ohne den üblichen Parteitross im Schlepptau. "Die Grünen haben mit ihrem Spruch, dass es bei dieser Wahl um den zweiten Platz geht, die bessere Mobilisierungskraft gehabt", sagt er. "Dabei habe ich immer gewarnt, dass es auch um Platz eins geht." Auch die Verschiebung der Bundespräsidenten-Wahl habe zur Verunsicherung geführt. "Anscheinend haben manche geglaubt, dass jetzt auch die Leopoldstadt-Wahl verschoben wird", erklärt Hora die ungewöhnlich niedrige Wahlbeteiligung.

Dass es nach der Auszählung der Wahlkarten noch zu größeren Verschiebungen kommen wird, glaubt er nicht. Wie es mit ihm persönlich weitergeht, lässt das SPÖ-Urgestein noch offen. "Das werden wir mit den Freunden besprechen. Ich bin aber kein Sesselkleber."

Blaue fassungslos

Bei den Blauen herrschte an diesem Abend nicht weniger als Fassungslosigkeit. Sie waren nach der von ihnen initiierten Wahlanfechtung angetreten, den Bezirksvorsteher-Posten zu erobern, jetzt bleibt nicht einmal der zweite Platz. Dabei hatte der Abend noch vielversprechend begonnen: Im Soosser Weinhaus, wo die Bezirksblauen traditionell ihre Wahlabende bei Bier, Schnitzel und Schweinsbraten feiern, trudeln zunächst noch verheißungsvolle Sprengel-Ergebnisse ein.

Umso enttäuschter dann die Stimmung, als die ersten Hochrechnungen auf den Smartphones auftauchen: "Ich verstehe nicht, wie es zu diesem Ergebnis kommen konnte", sagt der sichtlich enttäuschte Spitzenkandidat Wolfgang Seidl. "Im Wahlkampf sind wir von den Bürgern immer auf unsere Themen angesprochen worden."

"Viele Leihstimmen sind diesmal von der SPÖ zu den Grünen gewandert", lautet die erste Analyse von FPÖ-Klubchef Dominik Nepp. Einzig das SPÖ-Debakel hellt die Stimmung an diesem verpatzten Wahlabend ein wenig auf.

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