WK-Boss Nemeth schickt Steindl einen "blauen Brief"

Franz Steindl: Muss Tiefschlag aus eigenen Reihen verdauen
Karenzierung des Ex-ÖVP-Chefs in der Wirtschaftskammer per Brief beendet.

2015 war kein gutes Jahr für Franz Steindl – nach 70 Jahren flog die Volkspartei aus der Landesregierung und der 55-jährige Purbacher nahm nach 15 Jahren als Landeshauptmannstellvertreter der Großen Koalition und ÖVP-Parteichef seinen Hut. Jetzt, kurz vor Weihnachten, der nächste Tiefschlag – aus den eigenen Reihen.
Per eingeschriebenem Brief an seine Purbacher Adresse wurde dem Landtagsabgeordneten, der bei der Wahl ein Grundmandat erobert hat, mitgeteilt, dass sein Dienstverhältnis bei der Burgenländischen Wirtschaftskammer (WK) mit 31. Dezember 2015 beendet ist. Der Grund der Karenzierung sei entfallen, heißt es, Steindl sei nicht mehr Mitglied der Landesregierung. Unterschrieben ist das Schriftstück von WK-Präsident Peter Nemeth (er ist auch Obmann des ÖVP-Wirtschaftsbundes, der die Kammer dominiert) und WK-Personalchef Harald Schermann.

Zur Erklärung muss man 15 Jahre zurückblicken: Nachdem die ÖVP im Dezember 2000 die im Zeichen des Bank-Burgenland-Skandals stehende Landtagswahl wider Erwarten verloren und Parteichef Gerhard Jellasitz noch am Wahlabend seinen Rücktritt erklärt hatte, wurde fieberhaft nach einem Nachfolger gesucht – und Franz Steindl vom Parteivorstand einstimmig gewählt. Dabei hatte der damals 40-jährige Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler der Politik schon den Rücken gekehrt. „Ich hatte einen Super-Job und wollte gar nicht mehr in die Politik“, sagt Steindl. Im April 2000 war er aus dem Nationalrat ausgeschieden, im Mai übernahm er die Leitung des Wifi Burgenland, das zur Kammer gehört.

Ein halbes Jahr später ließ sich Steindl dann über Nacht doch noch einmal in die Spitzenpolitik locken und war in der Wirtschaftskammer seither karenziert – unbefristet mit der erwähnten Regierungs-Klausel.

Enttäuschung

Steindl will den „blauen Brief“ der schwarzen Freunde nicht weiter kommentieren, aber dass er vor allem über die Form maßlos enttäuscht ist, wäre wohl noch eine Untertreibung. Es habe kein persönliches Gespräch mit ihm gegeben, seine diesbezüglichen Versuche seien erfolglos geblieben. Auch materiell ist das Ende des Dienstverhältnisses eine Hiobsbotschaft, denn spätestens nach Ende dieser Legislaturperiode 2020 muss sich der Wirtschaftsakademiker einen neuen Job suchen.

Für WK-Personalchef Schermann ist die Beendigung des Dienstverhältnisses die rechtliche Festschreibung eines de facto schon bestehenden Zustandes. Man müsse sich schließlich auch vor der eigenen Kontrolle rechtfertigen. Steindl habe sich seit der Wahl auch nicht bei der Kammer gerührt, er selbst habe aber auch nicht mit ihm gesprochen, räumt Schermann ein. Es habe dazu auch keine sachliche Notwendigkeit gegeben, denn aktuell suche die Kammer ohnehin kein Personal.

Übrigens: Seit Steindls Abschied von der Wifi-Spitze amtiert dort bereits der vierte Nachfolger.

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