Wie in Parndorf das Glockenläuten in Einklang gebracht wird
Österreichs größte Glocke ist zugleich ein Symbol für den Sieg des Friedens über den Krieg. Am Ende der Zweiten Wiener Türkenbelagerung wurde aus dem Metall von 180 erbeuteten Kanonen der Osmanenarmee die Alte Pummerin für den Wiener Stephansdom gegossen.
Das Gegenteil ist den Glocken der Parndorfer Pfarrkirche während des Zweiten Weltkriegs widerfahren: Sie wurden eingeschmolzen, um Material für die NS-Kriegsmaschinerie zu beschaffen. Nur eine Glocke blieb im Kirchturm zurück. Sie hatte schon den Ersten Weltkrieg überstanden, trotzdem wurde sie seit den 1950-er Jahren nur noch selten geläutet.
Das liegt daran, dass die „alte Dame“ mit drei neuen Glocken, die 1956 im Parndorfer Kirchturm eingezogen sind, nicht so recht harmonieren wollte. „Seit dieser Zeit ist das Parndorfer Geläute in seiner Gesamtheit nicht wirklich stimmig“, erklärt Johann Maszl dem KURIER. Er muss es wissen, denn der Mann hat Ahnung von Musik: Seit über 30 Jahren leitet Maszl das Tamburizza-Orchester „Ivan Vukovic“. Außerdem arbeitet der Hobbyfotograf derzeit an einem Bildband über sakrale Bauten und Reliquien in Parndorf.
Dissonante Klänge
Aber zurück zu den Glocken: Um der Bevölkerung das dissonante Läuten zu ersparen, blieb die alte Glocke fortan meist stumm, es kamen nur noch die drei neueren Glocken zum Einsatz.
Im kommenden Herbst soll dieses Trio nun aber zu einem stimmigen Quintett erweitert werden. Auf Initiative von Pfarrer Franz Borenitsch bekommt die Kirche gleich zwei brandneue Glocken. Es ist ein nachträgliches Geschenk für zwei Jubiläen. 2018 wurde das 300-jährige Bestehen der Parndorfer Pfarrkirche gefeiert, Borentisch selbst beging sein 25-jähriges Priesterjubiläum. Nach einem Jahr der Planungen war es am 22. Juli soweit: Die neuen Glocken wurden im Beisein einer Delegation aus Parndorf in der Gießerei Grassmayr in Innsbruck „geboren“. Hier werden seit dem Jahr 1599 Kirchenglocken gegossen.
Heute gibt es nicht mehr viele aktive Glockengießereien, daher trudeln bei dem Innsbrucker Unternehmen auch zahlreiche Aufträge von verschiedenen internationalen Glaubensgemeinschaften ein. „Es waren zirka 50 Leute dort: Orthodoxe, Polen, Deutsche. Vor dem Guss wurde von den Geistlichen ein Segensgebet um ein gutes Gelingen gesprochen. Das ist schon eine spezielle Stimmung, und der Glockenguss selbst eine einzigartige Erfahrung“, schwärmt Johann Maszl.
303 Jahre
Die Parndorfer Pfarrkirche wurde im Jahr 1718 in ihrer jetzigen barocken Ausführung fertiggestellt. Das Gebäude wurde von Johann Lucas von Hildebrandt geplant und an einen romanischen Vorgängerbau angebaut, der Schätzungen zufolge auf das Jahr 1200 zurückdatiert
Bei einer Generalrestaurierung im Jahr 2008 wurden unter mehreren Putzschichten beeindruckende Fresken des Künstlers Johann Gfall aus dem Jahr 1768 freigelegt. In den Folgejahren wurden die Fresken unter großem Aufwand restauriert
Die Neuanschaffung einer Kirchenglocke ist natürlich auch eine Geldfrage. Mit zirka 30.000 Euro schlägt die größere, 1,3 Tonnen schwere Glocke aus Bronze zu Buche. Die Kosten teilen sich Gemeinde, Pfarre und großzügige Spender. Die kleinere, 540 Kilo wiegende Glocke, spendiert Pfarrer Borenitsch anlässlich seines Priesterjubiläums selbst.
Rundum erneuerter Glockenstuhl
Das Repertoire des Parndorfer Geläuts wird damit um die Noten Dis und Gis ergänzt. „Dann passt endlich alles zusammen“, freut sich Johann Maszl schon auf die neuen Melodien aus dem Kirchturm. Ein Glockenspiel wird ebenfalls im rundum erneuerten Glockenstuhl einziehen. Vom neuen, harmonischen Klang der Parndorfer Glocken kann man sich voraussichtlich ab Oktober überzeugen – am besten am beschaulichen Kirchenplatz.
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