Isolation, Homeoffice, Kinder: "Viele Familien sind überfordert"

Isolation, Homeoffice, Kinder: "Viele Familien sind überfordert"
Frauenhaus und Familienberatung im Burgenland verzeichnen seit Beginn der Corona-Krise mehr Anfragen.

Homeoffice, Kinder, Haushalt, älteren Mitbürgern zur Hand gehen: Für viele Familien – und besonders für Alleinerziehende – hat die Corona-Krise eine Vielzahl an Herausforderungen mit sich gebracht. Dazu kommen soziale Isolation, Konflikte mit Kindern oder Partnern.

„In den letzten Wochen ist ein Anstieg der telefonischen Beratungen zu verzeichnen. Viele Frauen warten schon auf persönliche Termine“, berichtet Elke Aufner-Hergovich, Geschäftsführerin der Frauenberatungsstellen „die Tür“ in Mattersburg und Eisenstadt. Seit Beginn der Corona-Krise besteht dort nicht mehr die Möglichkeit, persönlich beraten zu werden – telefonisch oder per eMail sind die Expertinnen aber weiterhin erreichbar.

Mehrfachbelastungen

Das Team hilft bei psychologischen Problemen, finanziellen Ansuchen, Jobsuche, bei juristischen oder Scheidungsfragen, bietet Paar- und Elternberatung. „Generell herrscht große Verunsicherung, viele Familien sind mit der Situation überfordert“, hat Aufner-Hergovich bemerkt. „Auch in der Krise ist offensichtlich, dass Mehrfachbelastungen an den Frauen hängen bleiben. Insbesondere Klientinnen mit psychischen Erkrankungen macht die soziale Isolation mittlerweile sehr zu schaffen.“

Isolation, Homeoffice, Kinder: "Viele Familien sind überfordert"

Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf bei einem Besuch in der Frauenberatungsstelle „Die Tür“ in Eisenstadt mit Elke Aufner-Hergovich und Julia Renner, Frauenhaus Burgenland

Probleme, die sich besonders in der Krise bemerkbar machen, seien: „Jobverlust, Existenzängste, Fragen zur Kinderbetreuung – Frauen wird ein schlechtes Gewissen gemacht, wenn sie die Betreuungsmöglichkeiten von Kindergärten und Schulen in Anspruch nehmen.“

Einen Anstieg der telefonischen Anfragen hat man auch im Frauenhaus Burgenland verzeichnet, wie Mitarbeiterin Julia Renner bestätigt. „An uns wenden sich Frauen vor allem dann, wenn sie von Gewalt betroffen sind.“ Tatsächliche Neuaufnahme habe es in der Corona-Zeit aber nur eine einzige gegeben. „Ausgemacht waren schon mehrere, aber die Frauen haben sich dann doch noch dagegen entschieden – aus welchen Gründen auch immer“, sagt Renner.

Beratung mit Abstand

Das Frauenhaus ist nach wie vor rund um die Uhr erreichbar. Auch Aufnahmen seien grundsätzlich möglich. Gespräche im Haus werden mit Schutzmasken und entsprechendem Abstand geführt. Die notwendige Kommunikation mit anderen Behörden findet telefonisch statt. Renner: „Wir halten uns streng an die Vorgaben der Bundesregierung.“ Wer im Haus lebe, werde als Familie gezählt. „Für sie gelten derzeit die gleichen Regeln, wie für alle andern auch.“

Von Kurzarbeit seien die Frauenhaus-Mitarbeiterinnen nicht betroffen: „Wir teilen uns die Dienste auf, achten darauf, dass wir nicht gleichzeitig im Haus sind.“

„Der Leidensdruck ist für viele zu groß geworden“

Eine Zeit lang, seit Beginn des Lockdowns, war es im Gewaltschutzzentrum Burgenland mit Sitz in Oberwart etwas ruhiger geworden. Doch seit ein paar Tagen werden die Anrufe wieder mehr, sagt die Leiterin der Einrichtung, Karin Gölly. „Die Grenze dessen, was aushaltbar ist, ist jetzt für viele erreicht.“

 

Isolation, Homeoffice, Kinder: "Viele Familien sind überfordert"

Zu Beginn der (Corona-) Krise hätten sich die   – meist weiblichen – Klienten wohl erst mit der neuen Situation arrangieren müssen, sagt Gölly.  Viele der Frauen hätten zudem gar nicht die Möglichkeit gefunden, sich an die Einrichtung zu wenden. „Wenn die Kinder immer zu Hause sind und der Partner permanent daneben ist, ist es auch faktisch schwer, sich Beratung zu holen, ohne dass der Gefährder etwas mitbekommt.“ 
Dennoch sei es ihr und ihren Mitarbeiterinnen  gelungen,  mit  betroffenen Frauen Kontakt aufzunehmen. „Da hat es auch immer wieder kreative Lösungen gegeben.“ So seien mit den von Gewalt bedrohten Klientinnen telefonisch oder per eMail ein Sicherheitsplan abgeklärt worden. „Wie kann ein Fluchtweg ausschauen, wo kann ich mich im Notfall in der Wohnung verstecken und gibt es einen möglichen Zufluchtsort  – diese Fragen  wurden zu klären versucht.

Doch die Zeit der „Schockstarre“ sei nun offensichtlich vorbei, die Beratungen werden wieder öfter in Anspruch genommen. Auch Wegweisungen habe es in den vergangenen Tagen wieder vermehrt gegeben. „Der Leidensdruck ist für viele  offenbar zu groß geworden.“ Jetzt hofft Gölly, dass die persönlichen Beratungen  wieder  stattfinden können. „Je mehr Normalität zurückkehrt, desto eher rechne ich mit einem Anstieg der Beratungen.“

www.gewaltschutz.at 

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