Wie im Südburgenland aus Wald bald Wiesen werden soll
Der „Naturpark in der Weinidylle“ im Südburgenland hat seinen Namen nicht von ungefähr.
Freilich darf zum Ausgleich auch etwas Wildnis in der malerischen Umgebung nicht fehlen, so wie zum Beispiel am „Prostrumer Weinberg“ südlich der Gemeinde Eberau. Dort hat sich nämlich im Lauf der vergangenen Jahre und Jahrzehnte ein wild gewachsener Wald ausgebreitet, der lange Zeit niemanden störte.
Der Prostrumer Weinberg galt ursprünglich als Weinberg der ungarischen Prostrumer Bevölkerung, belegen Karten aus dem Jahr 1857. Durch den Eisernen Vorhang wurde Prostrum vom Weinberg getrennt. Die Flächen verwildern bis heute.
Renaturierung und Entwicklung des Gebietes sind die Ziele des aktuellen Projekts: Streuobstwiesen statt verbuschten Flächen, mit Wildhecken für Vögel
und Insekten sowie ein Themenweg entlang des Weinbergs sind geplant. Mehr Infos: weinidylle.at
Dem Gestrüpp soll es demnächst aber an den Kragen gehen. Nach der für November geplanten Rodung sollen Streuobstwiesen gepflanzt werden, um so eine „langfristige und nachhaltige Nutzung des Gebiets“ zu gewährleisten.
Kritik von Anrainer
Genau daran stoßen sich aber einige Anrainer. Denn für sie ist nicht geklärt, was nach dem Ende des auf drei Jahre angelegten Projekts mit den betroffenen Flächen passieren wird. „Bis die Bäume auf den Streuobstwiesen Früchte tragen, dauert es seine Zeit. Dann vergehen wieder ein paar Jahre, und das Gebiet wächst erneut zu. Und dafür soll jetzt eine gewachsene Struktur zerstört werden?“, fragen sich einige der betroffenen Grundbesitzer und orten eine Art „Beschäftigungstherapie“ unter dem Deckmantel eines geförderten EU-Projekts.
Gut 2,3 Milliarden Euro EU-Strukturförderungen sind laut einer Wifo-Analyse seit dem Beitritt Österreichs ins Burgenland geflossen, ein wesentlicher Teil davon in sogenannte „Ziel-1“-Gebiete im Mittel- und Südburgenland. Spitzenreiter war übrigens Heiligenkreuz mit über 3.100 Euro Förderung pro Kopf. Damit wurde das Lyocell-Werk von Lenzing aus Oberösterreich ins Südburgenland gelockt.
Unbestritten also, dass das Burgenland massiv von den EU-Geldern profitiert hat. Aber nicht alle Projekte waren unterm Strich auch erfolgreich, wie folgendes Beispiel aus dem Naturpark Weinidylle zeigt.
Dort wurden im Jahr 2021 elf Hektar Weingarten vor der Rodung gerettet. Der Naturpark pachtete die Flächen und bewirtschaftete sie, produzierte aber keinen Wein, sondern Traubensaft. Der findet aber nun schon seit Längerem keine Abnehmer. Es habe unvorhergesehene Probleme in der Vermarktung gegeben, mehrere vielversprechende Vereinbarungen seien gescheitert, heißt es von den Verantwortlichen. Zwar werde der Traubensaft in den Buschenschenken, im Naturparkbüro und auch im „My-Burgenland-Shop“ in Parndorf vertrieben, dieser Absatz sei aber zu gering. Zu Jahresende endet jedenfalls die Haltbarkeit der knapp 25.000 Liter Traubensaft. Und damit wohl auch das 2021 gestartete Projekt...
Das lassen die Projektverantwortlichen freilich nicht gelten und verweisen auf die erst kürzlich bei der Generalversammlung des Vereins „Südburgenland plus“ präsentierten Zahlen: In der vergangenen Periode 2014 bis 2022 wurden durch 73 umgesetzte Projekte 13,2 Millionen Euro an Wertschöpfung für das Südburgenland generiert. In der aktuellen Förderperiode bis 2027 stehen dem Verein insgesamt 3,2 Millionen Euro zur Verfügung. „Wenn man mit offenen Augen durch das Südburgenland fährt, sieht man überall Projekte, die mit EU-Mitteln von Südburgenland plus unterstützt wurden“, fasst Obmann Temmel zusammen.
Am Prostrumer Weinberg dürfte man die Veränderung bereits ab Anfang November sehen. Da wird nämlich mit den Rodungen begonnen, heißt es vom Verein Weinidylle. Den Bedenken der Anrainer begegnet man mit einem genauen Plan: Die neuen Obstbäume würden die Biodiversität in der Region fördern, außerdem würden bei der Rodung nur Neophyten sowie Robinien entfernt und alte, wertvolle Arten wie etwa Kirschbäume stehengelassen. Außerdem sollen Totholzhaufen aufgestellt werden, um die Lebensräume von Käfern zu erhalten.
Für die Pflege der Grundstücke seien aber die Eigentümer zuständig. Seitens des Naturparks werde es aber Hilfe für jene Anrainer geben, die nicht in der Nähe wohnen beziehungsweise nicht mehr pflegen können. Zentrales Projektziel sei auch die Wissensvermittlung und Bewusstseinsbildung der Bevölkerung. Der geplante Themenweg soll mit sechs Tafeln inklusive QR-Code die Geschichte und Bedeutung des Prostrumer Weinbergs näherbringen.
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