Unruhe bei der SPÖ: Ist Doskozil nicht mehr unantastbar?

INTERVIEW: LH HANS PETER DOSKOZIL (SPÖ)
Erst verlassen ihn die wichtigsten Mitarbeiter, dann droht ihm der Müll-Deal zum zweiten Mal zu entgleiten: Es ist eine schwierige Zeit für Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.

Begonnen hat das Jahr 2025 für Hans Peter Doskozil noch leidlich gut: Zwar verlor die rote „Liste Doskozil“ bei der Landtagswahl im Jänner die absolute Mehrheit, behauptete aber souverän die Spitze und fand in den Grünen rasch einen willigen Koalitionspartner.

Aber seither läuft es nicht ganz rund. Innerhalb von rund 60 Tagen sind Doskozil die wichtigsten Mitarbeiter reihum abhandengekommen. Im März machte Hans Peter Rucker den Anfang, im April folgte Herbert Oschep und im Mai Jasmin Puchwein.

„In bestem Einvernehmen“ sei die Trennung erfolgt, wurde in allen drei Fällen versichert.

Ex-Banker Rucker, dem von allen Seiten Gutes nachgesagt wird, weil er politischen Begehrlichkeiten die Sorgfalt des ordentlichen Kaufmanns entgegengestellt habe, stand seit 2016 an der Spitze der Landesholding. Unter deren Dach befinden sich rund 80 Gesellschaften von Burgenland Energie über Spitäler, Pflegeeinrichtungen bis zu den Verkehrsbetrieben.

Die Verstaatlichungspolitik des seit 2019 amtierenden Landeshauptmanns hat in der Holding ihr Fundament. Ohne Holding kein „burgenländischer Weg“. Ruckers Vertrag wäre noch bis 2029 gelaufen. Er gründet aber lieber ein Consulting-Unternehmen, die Holding wird eine Kundin.

War Rucker das wirtschaftliche Hirn, galt Oschep als strategischer Kopf in Doskozils Machtgefüge. Wie Rucker stammt Oschep aus der Ära von Doskozils Vorgänger Hans Niessl. Anders als Rucker war Offizierssohn Oschep Doskozil auch persönlich eng verbunden. 

Er stand nicht nur in der Stunde des Triumphs, sondern auch der bitteren Niederlage gegen Andreas Babler beim Bundesparteitag an der Seite seines Chefs. Heute ist Oschep Geschäftsführer des Weintourismus, einer Gesellschaft der Holding.

Wohin es die Berufssoldatin Puchwein zieht, die ihren Dienst bei Doskozil bereits 2017 im Verteidigungsministerium angetreten hat und Ende Juli als SPÖ-Landesgeschäftsführerin beim Team Doskozil „abrüstet“, lässt sie noch offen. Kolportiert wird, dass sie zum steirischen SPÖ-Chef Max Lercher wechselt. 

Friedl und Radlspäck als neues Duo in der Partei möglich

Puchwein kommentiert das nicht, es gebe mehrere Angebote, sie entscheide sich im Herbst. Das Burgenland dürfte die Steirerin aber ziemlich sicher verlassen. Puchweins Co-Landesgeschäftsführer Kevin Friedl könnte der langjährige Neusiedler Bezirksgeschäftsführer Fritz Radlspäck zur Seite gestellt werden, erzählt man sich in roten Funktionärskreisen.

Aber nicht nur personell, auch politisch hakt es.

Der im März zum zweiten Mal gestartete Versuch, den 171 Gemeinden den Müllverband abzukaufen und die Kommunen im Gegenzug finanziell-strukturell zu entlasten, scheint ebenso zu versanden wie der erste Anlauf vor eineinhalb Jahren. Die ÖVP-Gemeinden haben sich mit großer Mehrheit gegen einen Verkauf ausgesprochen, für Mittwochnachmittag hat Doskozil dennoch zu einem weiteren Treffen geladen.

Es handelt sich um den ersten politischen Auftritt Doskozils nach der jüngsten krankheitsbedingten Abwesenheit. Ende Juni musste er zur Behandlung von Spätfolgen einer im Vorjahr erlittenen Lungenentzündung ins Oberwarter Spital.

Zuvor war der 55-Jährige Anfang April in Leipzig zum neunten Mal seit 2018 am Kehlkopf operiert worden, einen Monat später meldete er sich „im Büroalltag“ zurück. Wer während Doskozils Absenz das Sagen hat, ist nicht so klar. Spitze Zungen aus der burgenländischen SPÖ behaupten, Büroleiter Christian Stiller und Doskozils Anwalt Johannes Zink. Dass die roten Landesräte Leonhard Schneemann (er wird als Rucker-Nachfolger gehandelt), Heinrich Dorner und Daniela Winkler nicht die Entscheidungsfreudigsten sind, ist im Landhaus ein offenes Geheimnis.

Ob dieser Gemengelage steigt in der großen Regierungspartei die Unzufriedenheit mit dem bisher Unantastbaren. Dass rote Funktionäre im KURIER-Gespräch Doskozil infrage stellen, ist eine neue Qualität.

In den kommenden Wochen wird sich weisen, ob das nur Einzelstimmen sind.

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