Pflege auf burgenländisch: Neues Heim wird dreisprachig geführt
Im Pflegekompetenzzentrum in Schandorf werden drei Sprachen gesprochen – Deutsch, Kroatisch, Ungarisch. Plus: Wie der Pflegenotstand verhindert werden soll.
Mit so einem Verhältnis von Pflegebetten zu Einwohnern ist die nicht einmal 300 Einwohner zählende Gemeinde Schandorf (Bezirk Oberwart) vermutlich Weltmeister. Bedeuten die 66 neuen Pflegeplätze, die am Freitag offiziell ihrer Bestimmung übergeben wurden, doch einen Anteil von etwa 4,6 Bürger pro Bett.
Umgerechnet auf Wien wären das in etwa 413.000 Plätze, tatsächlich stehen in der Bundeshauptstadt rund 20.000 zur Verfügung.
Auch hinsichtlich der Anzahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze spielt das Pflegekompetenzzentrum in der peripheren Region eine spezielle Rolle: 50 neue Jobs wurden durch den von der Oberwarter Siedlungsgenossenschaft realisierten Bau geschaffen.
Besonders betont wurde bei der Eröffnung des Pflegekompetenzzentrums aber die Dreisprachigkeit. Neben Deutsch wird nämlich auch Kroatisch und Ungarisch gesprochen. Das trage enorm zur Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner bei, betonte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.
60 Langzeit- und bis zu sechs Kurzzeitpflegeplätze wurden geschaffen, das Haus ist für fünf Wohngruppen mit jeweils zwölf Bewohnerinnen und Bewohnern ausgelegt. Zwölf Plätze sind so gestaltet, dass sie auch den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen entsprechen.
Die nächsten Pläne für die Pflege
Die Kosten für den Bau betrugen rund 8,5 Millionen Euro, betrieben wird das Pflegekompetenzzentrum durch die 2005 gegründete Samariter Bund Burgenland GmbH. Die Planung erfolgte durch die BPM Bauprojektmanagement GmbH, Baubeginn war 2020. Die Nutzfläche beträgt insgesamt 4.700 , die verbaute Fläche 2.273 Quadratmeter.
Fachkräftemangel
Österreichweit fehlen derzeit etwa 2.200 Pflegekräfte. Rund 2.800 Spitalsbetten können nicht belegt werden.
87.000 Menschen im Burgenland sind älter als 60 Jahre, das sind 30 Prozent der Bevölkerung. Schon jetzt gibt es 19.000 Personen, die Pflegegeld beziehen – Tendenz steigend.
Pflegeheime
Das neue Pflegeheim in Schandorf ist das 44. im Land, rund 2.300 Plätze stehen zur Verfügung. Am Freitag gab es in der Pflegeplatzbörse des Landes freie Plätze im Mittel- und Südburgenland.
Pflegestützpunkte
In 28 Regionen sollen ab Ende 2024 insgesamt 71 Pflegestützpunkte in Betrieb sein.
Neben dem Altenwohn- und Pflegeheim Schandorf wird heuer noch Zurndorf (Bezirk Neusiedl am See, 60 Betten) eröffnet. Zwei weitere Heime wurden unlängst bereits erweitert: Draßburg um 24 auf insgesamt 60 Betten und Olbendorf um 31 auf ebenfalls insgesamt 60 Pflegeplätze. Außerdem bieten 26 Seniorentageszentren von Montag bis Freitag insgesamt 207 Betreuungsplätze für die ältere Generation.
Nächster Schritt im Pflegeplan des Landes sind die 71 Pflegestützpunkte in 28 verschiedenen Regionen von Nord bis Süd. Diese sollen Ende 2024 in Betrieb sein.
Pflegenotstand verhindern - aber wie?
In einem derart komplexen System wie dem Gesundheits- und Pflegebereich reicht es nicht, an einem Rädchen zu drehen. Um dem drohenden Pflegenotstand beizukommen, braucht es vielmehr ein Bündel von Maßnahmen. Denn aktuell ist die Lage trist: Österreichweit fehlen derzeit 2.200 Pflegekräfte; knapp 2.800 Spitalsbetten können nicht belegt werden, weil das Personal fehlt.
In den Kliniken der Gesundheit Burgenland sind hingegen derzeit keine Betten aufgrund des Fachkräftemangels geschlossen. Laut Andreas Schmidt, Pflegedirektor der Klinik Oberwart, hat das mehrere Gründe. „Im Burgenland wurden viele Maßnahmen früh gesetzt“, zählt Schmidt das Anstellungsmodell für pflegende Angehörige und die Aufstockung der Ausbildungsplätze auf.
Tatsächlich werden derzeit im Burgenland so viele Fachkräfte ausgebildet, wie noch nie zuvor. Damit das auch so bleibt, gehe man proaktiv auf Schülerinnen und Schüler zu, organisiere Informationsveranstaltungen und präsentiere den Gesundheits- und Pflegebereich auf Bildungsmessen.
Außerdem werden Schulklassen durch die burgenländischen Kliniken geführt, um den Kindern den Beruf näherzubringen. Ab einem Alter von 13 Jahren sind auch Schnuppertage möglich. Um ihre berufliche Zukunft müssen sich Interessierte keine Sorgen machen, der demografische Wandel trägt zur Arbeitsplatzsicherheit bei. „Pflegekräfte sind gesucht“, bestätigt Schmidt.
In naher Zukunft zum Beispiel in der neuen Klinik Oberwart, die Mitte 2024 den Betrieb aufnehmen wird. In diesem Zusammenhang verweist Schmidt auf die Homepage pflegestellen-burgenland.at, wo alle offenen Stellen angeführt sind. Aktuell werden an allen vier Standorten der Gesundheit Burgenland (früher Krages), also Kittsee, Oberpullendorf, Oberwart und Güssing, Mitarbeiter gesucht.
Die nächste große Veranstaltung zur Pflege findet am 22. und 23. Juni in Eisenstadt statt – die Tagung der Vereinigung der österreichischen Pflegedirektoren (Anda), mitorganisiert von Andreas Schmidt.
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