Pensionistin erstochen: 20 Jahre Haft für 32-Jährigen
„Es ist eine unfassbar tragische Geschichte.“ Staatsanwältin Verena Strnad schildert beim Schwurprozess am Dienstag in Eisenstadt, was sich aus Sicht der Anklage am 10. November 2018 im Haus der 75-jährigen Pensionistin abgespielt habe.
Schon am Vormittag des Tattages habe der Beschuldigte, ein 32-jähriger Hilfsarbeiter, mit einem Freund Arbeiten beim Haus der Frau durchgeführt. Gegen Abend sei er allein zurückgekehrt. „Mit Handschuhen und einem Messer ist er in den Keller gegangen“, sagt Strnad. Dort habe er auf sein Opfer gewartet.
Als die Frau in den Keller gekommen ist, habe sie nur gesagt. „Du schon wieder.“
Der Beschuldigte habe gar nichts gesagt. „Wie sie gekommen ist, bin ich zuwe und hab den ersten Stich gesetzt“, sagt der Angeklagte. Danach sei die Frau in einen Plastiktrog gefallen. „Ich habe dann weiter zugestochen, so vier- oder fünf Mal. Es war, wie wenn ich in einen Sandsack stechen tät’.“
Lebensgefährliche Messerstiche
Von neun Stich- und Schnittwunden spricht die medizinische Gutachterin Elisabeth Friedrich. „Fünf der Stiche waren lebensgefährlich.“ Sie sind mit voller Wucht ausgeführt worden und haben sogar Brustbein und Rippen durchsetzt. Schließlich habe die Frau dem 32-Jährigen das Messer aus der Hand geschlagen.
Es wird ganz still im Schwurgerichtssaal, als die Richterin den Notruf abspielt, den das Opfer getätigt hatte. „Bitte, bitte kommen Sie schnell. Mi’ wollt’ wer umbringen.“ Die Schwerstverletzte kann sich mit letzter Kraft über die Stiegen in das Erdgeschoss schleppen. Am Telefon nennt noch ihre Adresse und den Namen des mutmaßlichen Täters. Im Haus befindet sich auch ihr pfelgebedürftiger Ehemann.
Polster-Obsession
Während die Frau kurze Zeit später während einer Notoperation stirbt, wird der 32-Jährige festgenommen. Vor Gericht bekennt er sich schuldig. Das Warum könne er sich selbst nicht erklären. „Da ist irgendwas gerissen in mir.“
In das Haus der Frau sei er gegangen, um Polster zu suchen. Er habe eine triebhafte Beziehung zu Polstern, eine „Obsession“, die der Trieb- und Frustrationsabfuhr diene, sagt Gutachter Peter Hofmann.
„Von einem gezielten Mord ist man hier weit entfernt“, wirft seine Verteidigerin, Maria Münzenrieder, ein und plädiert auf Totschlag. Ihr Mandant leide seit Geburt an einem Syndrom, das erhebliche emotionale Probleme verursache. Laut Gutachter leide er an einer schwerwiegenden schizoiden Persönlichkeitsstörung. Zum Tatzeitpunkt spricht er von einer „emotionalen Entladung“ bei dem Angeklagten. Er sei zurechnungsfähig gewesen, seine Prognose sei „schlecht“.
Die Hauptfrage, ob es sich um Mord handle, beantworten die Geschworenen mit 8:0 Stimmen mit Ja. Richterin Karin Lückl verurteilt den 32-Jährigen zu 20 Jahren Haft und einer Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Den Hinterbliebenen muss er rund 20.000 Euro an Trauerschmerzensgeld zahlen.
Als mildernd wertete die Vorsitzendes des Geschworenensenates die Herabminderung der Steuerungsfähigkeit beim Beschuldigten sowie sein Geständnis und den bisherigen ordentlichen Lebenswandel. Staatsanwältin, Verteidigerin und der Anwalt der Privatbeteiligten gaben keine Erklärung ab.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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