ÖVP-Chef Steiner: "Stärkste Partei soll den Landeshauptmann stellen"

ÖVP-Chef Steiner: "Stärkste Partei soll den Landeshauptmann stellen"
Thomas Steiner hält Koalition gegen SPÖ für ausgeschlossen. Er will die ÖVP wieder in die Regierung führen und Juniorpartner der Roten sein

Thomas Steiner (52) tritt zum ersten Mal als Spitzenkandidat an. Der Eisenstädter Bürgermeister will als Partner der SPÖ mitregieren und die fünfjährige Oppositionszeit der Türkisen beenden. Warum er nicht über Koalitionen jenseits der Roten reden will, wer ihm als Stadtchef nachfolgen könnte und warum Hans Niessl bald den Ehrenring erhält.

KURIER: In Wien hat die ÖVP 2015 nur 9,2 Prozent erreicht, im Burgenland 29,1 Prozent. Ihr Wiener Kollege Gernot Blümel will heuer dennoch Landeshauptmann werden. Sie sagen das nicht?

Thomas Steiner: Unser Ziel ist stärker zu werden und Regierungsverantwortung zu übernehmen. Man muss sich die Ausgangsposition anschauen und ich bin ein Politiker mit Blick auf die Realität.

Aber es könnte sich eine Dreier-Koalition ausgehen?

Die Frage des Landeshauptmanns stellt sich bei dieser Wahl nicht. Wenn man sich den Abstand anschaut (die SPÖ hatte 41,9 Prozent, Anm.), kann man davon ausgehen, dass die SPÖ die stärkste Partei sein wird.

Es geht schon um den Landeshauptmann, der wird im Landtag gewählt.

Ich bin kein Theoretiker, sondern Praktiker. Dass FPÖ und Grüne in einer Koalition sind, kann ja nicht ernst gemeint sein.

In Wiener Neustadt arbeiten auch ÖVP, Grüne und Blaue gegen die SPÖ zusammen?

Wir leben im Burgenland. Die stärkste Partei soll den Landeshauptmann stellen.

Also Rot-Türkis?

Wenn es nach der Wahl Gespräche gibt und wir unsere wichtigen Punkte im Regierungsprogramm verwirklicht sehen, sind wir bereit, Teil der Landesregierung zu werden.

Dann würden Sie auch vom Bürgermeisteramt in Eisenstadt auf die Regierungsbank wechseln?

Ja.

Vizebürgermeister Istvan Deli würde Bürgermeister?

Diese Frage würden wir nach der Landtagswahl klären. Die ÖVP Eisenstadt ist extrem gut aufgestellt.

LH Doskozil wünscht sich für eine Koalition neben inhaltlicher Übereinstimmung auch gegenseitiges Vertrauen. Wie ist Ihr Verhältnis zum SPÖ-Vorsitzenden?

Ich schätze das persönliche Verhältnis als korrekt und gut ein. Auch für mich ist Vertrauen ganz wichtig. Jeder, der mich kennt, weiß, dass hält, was ich verspreche.

War es vertrauensbildend, dass die ÖVP bei der Verabschiedung von Alt-LH Hans Niessl im Landtag sitzen blieb und ihm großteils den Applaus verweigerte?

Jeder hat gehört, dass meine Rede zu Niessl von großem Respekt getragen war. Dass etwas anderes konstruiert wurde, ist eine Form von dirty campaigning. Ohne Respekt hätten wir für Eisenstadt nicht so gut zusammengearbeitet. Dafür erhalten Niessl und Franz Steindl (Ex-LH-Vize der ÖVP, Anm.) auch den Ehrenring der Stadt.

Rot und Türkis sind weit auseinander – etwa bei Mindestlohn und Pflege. Würde Rot-Türkis im Burgenland so angelegt wie Türkis-Grün im Bund: Jeder bekommt das, was ihm wichtig ist, und redet dem Partner nicht drein?

Im Bund gibt es ein gemeinsames Regierungsübereinkommen und das wird auch im Land so sein. Nach der Wahl geht es darum, eine gemeinsame Linie zu finden.

Wird der Mindestlohn jetzt in Frage gestellt oder nicht?

Die jetzige Landesregierung hat ein neues Gehaltsschema für Landesbedienstete beschlossen. Für bestimmte Gruppen gibt es ein höheres Einstiegsgehalt, das bis zur Pension gleich bleibt. Falsch ist es, Druck auf die Wirtschaft aufbauen zu wollen, denn die muss das Geld mit ihren Mitarbeitern ja erst einmal erwirtschaften.

Würden Sie versuchen, an der Gemeinnützigkeit der Pflege etwas zu ändern?

Die Wirtschaftskammer hat gegen die Schlechterstellung von privaten Anbietern Klage eingebracht. Ich gehe davon aus, dass die Kammer Recht bekommt, damit ist das Thema für mich vom Tisch.

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Sie wollen die „bürgerliche Seite“ in der Landesregierung stärken. Was heißt das?

Es geht um Eigenverantwortung, Freiheit und Solidarität. Wir brauchen einen ordentlichen bürgerlichen Mittelweg und wollen die Dinge umsetzen, die für die Menschen wichtig sind.

Für den Burgenland-Bus veranschlagen Sie zehn Millionen Euro pro Jahr. Ist das nicht viel zu wenig, wenn schon der Stadtbus in Eisenstadt 400.000 Euro kostet?

Mit zehn Millionen Euro schaffen wir 70 Linien im Land, damit ist Flächendeckung möglich. Es wird nicht in jeder Gemeinde ein Halbstundentakt wie in Eisenstadt nötig sein, ein Stundentakt ist auch okay. Jeder Burgenländer soll sich aussuchen können, ob er mit dem eigenen Pkw oder öffentlich fährt.

Könnte es dafür auch Mittel der Nahverkehrsmilliarde der Bundesregierung geben?

Selbstverständlich. Ich war ja in der Verhandlungsgruppe „Verkehr“ und wir haben das hineinverhandelt.

Sie wollen gleichwertige Lebensverhältnisse im Land, de facto mehr Mittel fürs Mittel- und Südburgenland. Das wurde in 25 Jahren EU-Förderungen nicht geschafft. Sind unterschiedliche Geschwindigkeiten nicht ein Vorteil für die Wirtschaft?

Den Vorteil kann ich nicht erkennen. Man kann sich doch nicht ins Schicksal ergeben und sagen, das ist halt so. Sonst sind bald ganze Landstriche entvölkert. Ich will kein Burgenland der zwei Geschwindigkeiten. Um dem entgegenzuwirken, sollte das Land in peripheren Regionen in den Breitband-Ausbau investieren. Andere Bundesländer machen das längst.

Das klingt, als wolle die ÖVP das Wirtschaftsressort?

Warten wir die Wahl ab. Aber natürlich ist die ÖVP eine wirtschaftsaffine Partei. Die Politik braucht auch viel Hirnschmalz, wie man Arbeitsplätze für unsere Leute sichern kann. Unter Rot-Blau wurden 80 Prozent der neuen Jobs von ausländischen Staatsbürgern besetzt.

Laut einer Umfrage würde Doskozil bei einer fiktiven LH-Direktwahl 53 Prozent erhalten, Sie nur 13 Prozent – schreckt Sie das?

Nein, erstens ist das eine SPÖ-Umfrage und zweitens hat der Amtsinhaber immer einen Vorteil, das ist beim Landeshauptmann nicht anders als beim Bürgermeister.

Apropos: Wäre nicht Gaby Schwarz die ideale Stadtchefin? Ihr Vater war Bürgermeister, sie hat sich in der Bundes-ÖVP in kürzester Zeit etabliert und ist Vize-Generalsekretärin...

(lacht) Jeder kann Bürgermeister werden, der sich der Wahl stellt und eine Mehrheit bekommt.

Was wäre ein Misserfolg bei der Wahl, der Sie über Ihre Position nachdenken ließe?

Wir wollen stärker werden. Warten wir die Wahl ab.

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