Der Seewinkel "wehrt" sich gegen Trockenheit und hat ein Dilemma

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Automatische Anlagen sollen Wasserabfluss steuern. Wird zu viel Wasser zurückgestaut, sind aber landwirtschaftliche Flächen und Siedlungsgebiete in Gefahr.

Mit der Aussage "Der Neusiedler See soll als Landschaftselement erhalten bleiben" hat sich das Land Burgenland ein relativ klares Ziel für die Zukunft des Neusiedler Sees gesteckt. Wie das erreicht werden soll und welche Maßnahmen überhaupt machbar sind, wird derzeit untersucht.

Man kann nicht das ganze Wasser zurückstauen, sonst verursacht man Probleme.

von Philipp Reiner

Hauptreferat Wasserwirtschaft

Etwa auch die Frage, was passiert, wenn vielleicht sogar zu viel Wasser zurückgehalten wird. Denn dann wären Keller und Siedlungsgebiete in Gefahr - eine Gratwanderung.

Dabei ist der Steppensee aktuell vergleichsweise gut gefüllt und startet mit einem Wasserstand von 115,48 Meter über Adria in den Frühsommer - das sind um fünf Zentimeter mehr als im Vorjahr um diese Zeit. Einzelne Regentage mit großen Mengen können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im Seewinkel generell wenig Wasser gibt. 

Um Grundwasser in der Region zu halten, wurden in den vergangenen Jahren provisorische Wehre errichtet. Über den Sommer wird der Projektplan für eine dauerhafte Errichtung erarbeitet.

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Aus den provisorischen Wehranlagen sollen dauerhafte werden.

"Im Seewinkel gibt es circa 250 Kilometer Entwässerungsgräben. Sie hatten die Aufgabe, die Feuchtgebiete zu entwässern und die Fläche landwirtschaftlich zu nutzen", sagt Philipp Reiner vom Hauptreferat Wasserwirtschaft im Amt der Burgenländischen Landesregierung im APA-Gespräch.

Steuerbare Wehren

Die Entwässerungsgräben leiten Niederschlagswasser ab oder schneiden tief ins Grundwasser ein, sodass Wasser über die Gräben abfließt, das Gebiet verlässt und somit auch der Grundwasserspiegel sinkt. Eine Maßnahme, die heute differenzierter gesehen wird, gilt es doch, so viel Wasser wie möglich in der Region zu halten.

Im Rahmen des Projekts "Life Pannonic Salt" sollen die provisorischen Wehranlagen entlang des Seewinkel Hauptkanals zu dauerhaften Einrichtungen werden.  "Es ist geplant, das Projekt über den Sommer zur Genehmigung einzureichen und mit dem Bau im Winter zu beginnen." Vorgesehen sind laut Reiner zum Teil automatische Anlagen, die je nach Situation steuerbar sind.

Was ist machbar?

Im Seewinkel befinden sich ein Lackenökosystem und ein Nationalpark gleich neben landwirtschaftlicher Fläche und Siedlungsgebieten: "Man kann nicht das ganze Wasser zurückstauen, sonst verursacht man Probleme." Um etwa Keller zu schützen, brauche es Drainageleitungen und Pumpanlagen.

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Wasser ist essenziell für den Tourismus. Zu viel Wasser ist ein Problem.

"Wir sind in der Detailplanung", so Reiner. Im Projekt vorgesehen waren zunächst acht automatische Wehre, vorstellbar seien aber auch vier automatisch und weitere manuell betriebene Anlagen.

Parallel zum Life-Projekt läuft auch eine Machbarkeitsstudie über die Wasserbewirtschaftung im Naturraum Seewinkel/Neusiedler See. In diesem Rahmen wird eine Computersimulation entwickelt, die die Auswirkungen von baulichen Maßnahmen genau darstellen soll. 

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Strahlender Sonnenschein, genug Wasser - der Sommer kann kommen!

"Man kann so besser nachvollziehen, wie sich der Bau einer Wehranlage auf die umliegenden Gebiete auswirkt oder welche Auswirkungen Wasserentnahmen haben", so Reiner, der über die Wirkung der provisorischen Wehranlagen erfreut ist: "Wir sehen, dass die eingebauten Maßnahmen funktionieren und den Grundwasserkörper stabilisieren – wie wir es erhofft hatten."

Am Ende entscheidet aber ohnehin die Natur als oberster "Gutachter" über das Szenario, das dem Steppensee in der Zukunft blüht – oder droht.

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