Neusiedl am See: Was die Stadt so anziehend macht

Ortsansicht von Neusiedl am See
Burgenlands nördlichste Bezirkshauptstadt ist heute die zweitgrößte Gemeinde im Land – und wächst weiter.

Die Fassade bröckelt ein bisschen. Der Wandel im Handel – weg vom Zentrum, hin zur Peripherie – macht sich auf der Hauptstraße von Neusiedl am See mit etlichen leeren Geschäftslokalen bemerkbar.

Auf der Verkehrsader, die den Norden des Bezirks mit dem Seewinkel verbindet, fahren zwar viele Autos durch, aber immer weniger halten.

Wer Neusiedl am See von seiner schönsten Seite kennenlernen möchte, sollte seinen Besuch vielleicht an einem anderen Ort beginnen. Als Ausgangspunkt bietet sich die Tabor Ruine an.

Vom heimlichen Wahrzeichen Neusiedls, einem mittelalterlichen Wehrturm, hat man den besten Blick über die Stadt. Der Blick schweift von den Seewinkelgemeinden im Osten bis zum Leithagebirge im Westen.

Von der Ruine aus lässt sich das rasante Wachstum von Neusiedl am See erahnen. Um die Jahrtausendwende lebten hier rund 5.000 Menschen, 25 Jahre später sind es fast 9.000.

Neusiedl am See: Was die Stadt so anziehend macht

Heimliches Wahrzeichen

Die Tabor Ruine, inoffizielles  Neusiedler Wahrzeichen mit grandiosem Ausblick

Neusiedl am See: Was die Stadt so anziehend macht

Neues Kulturzentrum?

Das Seehotel "Da Marco" steht derzeit leer. Zieht hier das neue Kulturzentrum ein? 

Das Ufer des Neusiedler Sees, Menschen liegen auf dem Holzsteg, ein Mann in Badehose geht ins Wasser

Das Seebad

Das Seebad  wird im Sommer zum Tourismusmagneten und Wirtschaftsfaktor für die Stadt

Teures Pflaster

Ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht. Einen Steinwurf von der Tabor Ruine entfernt entsteht gerade die nächste Siedlung mit mehr als 100 Wohnungen.

Bauplätze hingegen sind in Neusiedl am See rar – oder sehr teuer. Der Durchschnittspreis für Bauland liegt laut finanz.at bei 238 Euro pro Quadratmeter. Ein Blick auf die Immobilienportale offenbart jedoch, dass die Quadratmeterpreise nicht selten jenseits der 600 Euro liegen.

Neusiedl am See: Was die Stadt so anziehend macht

Elisabeth Böhm (SPÖ) ist seit 2017 Bürgermeisterin von Neusiedl am See 

Die günstige Lage der Stadt, 40 Autominuten von Wien entfernt, kombiniert mit guten Öffi-Anbindungen, Schulen, Einkaufsmöglichkeiten und Naherholungsgebieten, machen die ungebrochene Anziehungskraft von Neusiedl am See aus.

Erschwingliches Bauland  ist begehrt

Dadurch ist die Stadt für junge Neusiedler, die gerne in ihrer Heimatgemeinde bauen würden, in vielen Fällen unerschwinglich geworden.

Ein Problem, das auch Bürgermeisterin Elisabeth Böhm (SPÖ) bewusst ist. "Die Stadtgemeinde war bemüht, ein Gebiet aufzuschließen und als leistbares Bauland der Neusiedler Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Leider ist dies momentan an den Preisvorstellungen der Grundeigentümer gescheitert", erzählt Böhm beim Besuch des KURIER.

Die Sozialdemokratin hat im Jahr 2017 den Bürgermeistersessel im vormals tiefschwarz geprägten Rathaus erobert. Böhm ist beliebt: Ihre zweite Amtszeit hat sie sich 2022 gleich im ersten Wahlgang gesichert.

Freier Seezugang

Die Popularität der Bürgermeisterin gründet sich unter anderem darauf, dass sie trotz eines limitierten Investitionsspielraums (die Stadt hat 22 Millionen Euro Schulden) einige prestigeträchtige Projekte umsetzen konnte.

Dazu zählt zum Beispiel der freie Seezugang: Die Stadtgemeinde hat das Baurecht auf ein Grundstück am See zurückgekauft, auf dem ein 14 Meter hohes Hotel geplant war. Gleich nebenan könnte demnächst eine neue Kulturstätte entstehen: Das von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil angekündigte Kulturzentrum für Neusiedl am See. Stadtchefin Böhm lässt durchblicken, dass das derzeit ungenutzte Seehotel "Da Marco" dafür renoviert und umgebaut werden könnte. Die Standortprüfung läuft noch.

Die Zukunft eines beliebten Naherholungsgebiets konnte im Sommer 2024 gesichert werden: Der Kalvarienberg im Osten der Stadt war über Umwege in Privatbesitz gelangt – der Besitzer hätte das Naturdenkmal also theoretisch abriegeln können.

Gemeinsam mit der Urbarialgemeinde konnte sich die Stadtgemeinde auf einen Deal einigen und den Kalvarienberg zurückkaufen. Kostenpunkt: 731.000 Euro. Für Elisabeth Böhm war es ein gutes Geschäft: "Eine große Erleichterung, dass das gelungen ist."

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