Mehr Gäste am Neusiedler See, aber sie bleiben zu kurz

Der Blick auf den Neusiedler See Ende Juli 2023: Wasser, so weit das Auge reicht.
Die Meldung über die drohende Austrocknung des Neusiedler Sees in deutschen Medien vor einigen Tagen dürfte die nordburgenländischen Touristiker weniger gefreut haben – und auch nicht die Vertreter des Burgenland Tourismus, die gerade auf Werbetour in Stuttgart waren. Eine Agenturmeldung der Deutschen Presseagentur (dpa) mündete in Schlagzeilen wie „Neusiedler See droht auszutrocknen“ (ZDF), obwohl darin auch positive Wortmeldungen, wie etwa von Christian Sailer (Wasserreferat Burgenland) enthalten sind. Erinnerungen an die ORF-Mockumentary „Neusiedl ohne See“ wurden wach; die Dok1-Sendung wurde für Nächtigungseinbrüche im Frühsommer verantwortlich gemacht.
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Zu allem Überdruss ist ab Montag auch eine „Advisory Mission“ der UNESCO am See unterwegs, um über den Status als Welterbestätte zu urteilen. Laut Experten könnte eine Eintragung in die „Rote Liste“ drohen oder – im schlimmsten Fall – der Status direkt aberkannt werden.
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Doppeltes Ungemach also, obwohl die aktuelle Lage am Neusiedler See gar nicht so prekär scheint und sich zuletzt dank der Niederschläge im Frühling und Sommer wieder etwas beruhigt hat. Vor allem unter den Touristikern, die sich einerseits über den heuer recht stabilen Wasserstand (115,02 Meter über Adria, 13 Zentimeter über dem Vorjahr) und andererseits über die vergleichsweise guten Nächtigungszahlen im Sommer freuen dürfen.
Verantwortlich dafür sind allerdings hauptsächlich ausländische Gäste, das Gros davon kommt ausgerechnet aus Deutschland. Frau und Herrn Österreich zog es nach der Corona-Pandemie bekanntlich eher ins Ausland, denn an das „Meer der Wiener“. Die Betriebe rund um den See haben weniger mit der Anzahl der Gäste zu kämpfen, als mit der immer kürzer werdenden Aufenthaltsdauer.
Immer mehr bleiben kurz
Denn Urlaube von sechs oder gar sieben Tagen sind heute eine Seltenheit, laut Statistik Burgenland ist die Aufenthaltsdauer in diesem Sommer erstmals auf unter drei Tage gefallen. Dass dann in der Statistik der Monate Juli und August am Ende doch ein Plus im Vergleich zum Vorjahr steht (das Niveau von Vor-Corona wurde noch nicht erreicht), ist den gestiegenen Ankünften zu verdanken.
Das beweist, wie groß die Anziehungskraft des Neusiedler Sees nach wie vor ist. Und vielleicht wurde diese von den negativen Nachrichten der vergangenen Monate sogar noch gesteigert, ganz nach dem Motto „bad news are good news“. Schließlich macht es neugierig, wenn der größte See eines ganzen Landes zu verschwinden droht. Rund um die Bemühungen, dieses Horrorszenario erst gar nicht eintreten zu lassen, ist es zuletzt etwas stiller geworden. Vielleicht auch dank der Niederschläge.

Im Sommer waren wieder mehr Segelboote am Neusiedler See unterwegs als im Vorjahr – dem Regen sei Dank
Im Hintergrund wird aber weiter gearbeitet, versichern die Verantwortlichen rund um Christian Sailer. „Wir wollen die Austrocknung mit allen Mitteln verhindern“, sagt der Leiter des Referats Wasserwirtschaft. Mit dem Ende der Sommersaison werden die Bemühungen in den Bereichen Schlammentfernung und Schilfmanagement verstärkt. Außerdem wird weiter am Plan einer Wasserzuleitung aus der Donau gearbeitet.
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Win-Win?
Die Zuleitung über Ungarn liegt derzeit mehr oder weniger auf Eis, dem Nachbar fehlt das Geld. Deshalb wird nun wieder eine Lösung mit Niederösterreich favorisiert. Wo genau das Wasser aus der Donau entnommen werden soll, sei noch nicht geklärt, sagt Sailer. Neben der Region rund um Hainburg (Bezirk Bruck an der Leitha) gebe es noch mehrere andere Optionen. Auch das dortige Naturschutzgebiet müsse natürlich berücksichtigt werden. Von dieser innerösterreichischen Lösung würde auch die Landwirtschaft profitieren.
Tourismusbilanz des Sommers 2023
Ein schneller Blick auf die Statistik zeigt: Juli und August waren mit einem Plus von 2,3 beziehungsweise 3,6 Prozent bei den Nächtigungen relativ gut. Das Niveau von Vor-Corona wurde aber noch nicht erreicht. Insgesamt liegt das Burgenland im heurigen Jahr bei einem Plus von 7,7 Prozent – allerdings inklusive der erstmals mitgezählten Nächtigungen des Nova Rocks. Ohne das Festival beträgt das Plus 1,2 Prozent.
Im Folgenden ein genauerer Blick auf die Sommer-Bilanz des Nordburgenlandes: Die nordburgenländischen Touristiker freuen sich im Monat August über einen satten Anstieg bei den Ankünften. 110.952 Gäste wurden registriert, über 15.200 mehr als im Vorjahr (+ 15,9 Prozent). Das schlägt sich natürlich auch auf die Übernachtungen nieder, die mit plus 6,4 Prozent (311.628) im Vergleich zu 2022 ebenfalls positiv bilanzieren. Spitzenreiter im August war Podersdorf (91.460 Übernachtungen) vor Rust (31.169) und Mörbisch (26.621).
Mehr ausländische Gäste
Von den knapp 111.000 Ankünften im August entfallen im Nordburgenland etwas mehr als 76.400 auf inländische Gäste. Deren Anteil beträgt im Norden 68,8 Prozent. Der Rest verteilt sich auf Touristen aus dem Ausland, vor allem aus Deutschland (16.469). Dahinter liegen Staaten wie die Tschechische Republik (2.771) und Ungarn (2.135). Landesweit gab es im August bei Inlandsgästen ein Plus von 2,7 Prozent, bei Auslandsgästen von 6,1 Prozent.
Der verstärkte Trend zu Kurzurlauben hat sich im heurigen Sommer weiter beschleunigt. Bei einem Blick auf die verschiedenen Unterkunftsarten zeigen sich bei den Übernachtungen starke Verluste im Bereich Jugendherbergen (minus 47,7 Prozent) Privatquartiere am Bauernhof (minus 12,7) und bei Kurheimen der Sozialversicherungsträger (- 10,8). Die stärksten Zuwächse verzeichnen 4- und 5* Hotels (+ 9,2 %) und Campingplätze (+ 7 %).
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