Windkraft am Neusiedler See: Unesco-Status in Gefahr?

In drei von fünf Gemeinden entschieden sich die Bürger für Windkraftanlagen
Die Meinungen zu Windkraftanlagen gehen auseinander. Im Norden, wo sich die Windräder seit Jahrzehnten drehen, wird am 3. Juni sogar zum Windpark-Fest der oekostrom AG nach Parndorf geladen. Dort wurden Anlagen aus den frühen 2000er-Jahren durch moderne ersetzt.
Gar nicht fein finden Modernisierungsmaßnahmen dieser Art übrigens Umweltschützer, allerdings im Fall des Windparks Neusiedl-Weiden, dazu später mehr.
Abkehr und Absage
Auch im südburgenländischen Moschendorf im Bezirk Güssing hat sich bereits erster Widerstand geregt, als unlängst bekannt wurde, dass in der Weinidylle Windräder gebaut werden könnten (der KURIER berichtete). Das Projekt dürfte aber gestorben sein.
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Denn am Dienstag gab die Burgenland Energie bekannt, dass „das Projekt nicht den Anforderungen entspricht“ und deshalb nicht weiter verfolgt werde. Dennoch müsse der Ausbau von erneuerbaren Energieformen weiter konsequent vorangetrieben werden, um bis 2030 klimaneutral zu sein.
2019 hieß es, bis 2050 solle der Energiebedarf des Burgenlandes aus erneuerbaren Quellen erzeugt und das Land klimaneutral werden. Gestern wurde im Bio-Landgut Esterhazy in Donnerskirchen eine neue Klimastrategie präsentiert. Neues Zieldatum: 2030.
„Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel“, räumte die für Klimaschutz zuständige LH-Vize Astrid Eisenkopf ein. Es sei zwar nicht möglich, „jeglichen -Ausstoß zu vermeiden“, aber der müsse dann kompensiert werden, etwa durch Aufforstungen und Ausbau erneuerbarer Energien. Insgesamt umfasst die Klimastrategie 120 Maßnahmen.
Bei erneuerbarer Energie sei das Speichern „die Schlüsselfrage“, so LH Hans Peter Doskozil. Das Land kooperiert dabei mit dem deutschen Batteriehersteller CMBlu, im Juni soll in Schattendorf der erste organische Speicher erprobt werden.
Für „kritischen Input“ soll Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb sorgen. Sie möchte einen Beirat mit unabhängigen Fachexperten, die Verhandlungen mit dem Land stünden erst am Anfang. Vor allem das Vorziehen auf 2030 mache die Klimastrategie „bemerkenswert“.
Eine für heute geplante Pressekonferenz zu einem Wasserstoffprojekt in Neusiedl am See wurde übrigens abgesagt, weil sich die SPÖ aufgrund der aktuellen Ereignisse zum Landesparteivorstand trifft.
Widerstand im Norden
Ärger gibt es auch im so windaffinen Norden: Das „Repowering“ des Windparks Neusiedl-Weiden stellt nach Meinung von Umweltorganisationen eine Bedrohung für den Welterbestatus des Neusiedler Sees dar.
Denn durch die geplanten, bis zu 244 Meter hohen Anlagen würden die Sichtachsen auf die Kulturlandschaft erheblich beeinträchtigt, meint Christian Schuhböck von Alliance for Nature. „Der Windpark soll äußert knapp an der Grenze zum Welterbegebiet errichtet werden. Schon jetzt sind die Windräder vom Neusiedler See weithin sichtbar", so der Aktivist.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) prüft derzeit seine Beschwerde gegen das Repowering-Projekt (der KURIER berichtete).

Christian Schuhböck
Während diese Entscheidung aussteht, appellierten Schuhböck und der Verein „Freunde des Neusiedler Sees“ in einem Schreiben an die UNESCO, eine sogenannte „Advisory Mission“ durchführen zu lassen.
Eine solche Expertenmission hatte im Jahr 2006 zur Folge, dass das „Pannonia Tower Hotel“ in Parndorf statt 73 nur 47 Meter hoch gebaut werden durfte. Die Begründung der UNESCO-Experten war damals die gleiche wie die Kritik der Umweltschützer am Windpark heute.
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Durch die Beeinträchtigung der Sichtachsen würde der Welterbestatus der Kulturlandschaft gefährdet. Kritisiert wird auch die Bodenversiegelung durch „die über 1.000 Tonnen schweren Beton- und Stahlfundamente der Windindustrieanlagen“, wie es in dem Brief an die UNESCO heißt.
Keine Einwände
Keine Einwände gegen das Windkraftprojekt hat übrigens die burgenländischen Umweltanwaltschaft. Und auch der Denkmalrat ICOMOS Austria hält in einer Stellungnahme fest: "Auf Grundlage der vorliegenden Unterlagen sind durch das Repowering-Projekt keine übermaßstäblichen und zusätzlichen negativen Auswirkungen ersichtlich, die eine Gefahr für den außergewöhnlichen, universellen Wert der Welterbestätte Fertő-Neusiedler See darstellen."
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