Unweit der burgenländischen Grenze wachsen mehrere Themengärten, rund 150 Jahre alte Bäume und auch die Pöllauer Hirschbirnen. Es ist der Naturpark Pöllauer Tal mit seinen noch intakten Streuobstbeständen, der als einer der kleinsten Naturparke der Steiermark Lebensraum für Tausende Pflanzen- und Insektenarten bietet.
Doch die Idylle und der Lebensraum von Flora und Fauna ist gefährdet. Seit 2003 sind die Streuobstbestände im Naturpark um die Hälfte zurückgegangen. "Für viele ist das Konzept der Streuobstwiese nicht wirtschaftlich. Heute will man einfach mit dem Traktor zwischen den Bäumen durchfahren", erklärt Geschäftsführerin Sabrina Wagner.
Wie diese im Burgenland und der Steiermark geschützt werden
Welche Pflanzen in Ihrem Garten Biodiversität unterstützen - und welche nicht
Vor 40 Jahren wurde dem Pöllauer Tal vom Land Steiermark das Prädikat „Naturpark“ verliehen. Heuer gab es deshalb einige Veranstaltungen, am 13. Oktober findet das Streuobstfest statt.
Der Naturpark bietet verschiedene Schwerpunkte für Schulklassen an. Unter anderem werden die Themenschwerpunkte Wald, Landwirtschaft & Gärten, kreatives Schaffen, Lehrpfade und Sport angeboten.
Die gebürtige Grieselsteinerin (Bezirk Jennersdorf) ist seit Jänner für den steirischen Naturpark zuständig. Nach ihrem Master-Abschluss in Naturschutz und Biodiversitätsmanagement in Wien, zog es die 32-Jährige über Stationen wie dem Biosphärenpark Wienerwald und dem Haus des Meeres in die Oststeiermark.
Zuerst arbeitete sie ein Jahr als Biodiversitätsexpertin für den Naturpark Pöllauer Tal, im Jänner wurde sie Geschäftsführerin der rund 124 Quadratkilometer großen Naturoase.
Hier wachsen noch viele alte Obstsorten, die zwar später blühen, dafür aber auch klimaresistenter gegen Frost sind. Besonders die Hirschbirne ist in Pöllau sehr beliebt. Die Früchte der bis zu 16 Meter hoch wachsenden Bäume werden zwischen Oktober und November reif. Die verwandte "Schneebirne" ist in der Steiermark hingegen bereits ausgestorben.
Leberkäse aus der "Hirschbirn"
Ähnlich dem burgenländischen Uhudler, ist die Hirschbirne mit dem EU-Herkunftsschutz "geschützte Ursprungsbezeichnung" ausgestattet. "Aus ihr wird alles mögliche gemacht. Es gibt auch Hirschbirn-Leberkäse“, erklärt Wagner. Damit die alten Sorten und das Wissen um die Bewirtschaftung von Streuobstwiesen nicht verloren gehen, wird die Bevölkerung in den Naturpark eingebunden.
"Wir wollen das hier alles gemeinsam mit der Bevölkerung erhalten und nicht von oben herab arbeiten. Die Fläche Pöllau und Pöllau-Berg soll so naturnah wie möglich bearbeitet werden", so Wagner. Dazu gehören unter anderem Weiterbildungen für Land- und Forstwirte sowie Jäger. Zusätzlich gibt es Unterstützung bei Anträgen für Förderungen. "Wir wollen nicht bevormunden, aber dabei helfen, die Flächen so gut wie möglich zu bewirtschaften."
Die Artenvielfalt ist bedroht - und wird jetzt besser geschützt
Auch im Burgenland starten Land und Gemeinden jetzt eine „Streuobst-Offensive". "Streuobstwiesen sind nicht nur typisch für das Burgenland, sie sind auch wahre Oasen der Biodiversität", gerät Naturschutzreferentin Astrid Eisenkopf geradezu ins Schwärmen.
Aber: Die Vielfalt ist bedroht. 70 Prozent der Streuobstbestände befinden sich im Südburgenland, 220.000 Bäume soll es in den Bezirken Oberwart, Güssing und Jennersdorf noch geben. Noch, denn die Tendenz ist fallend. Jährlich werden es um 6.000 Bäume weniger.
Projekt soll Streuobstwiesen erhalten
Aufgrund der größtenteils händischen, extensiven Bewirtschaftungsweise seien sie oft schwer zu nutzen. "Viele Bewirtschafter und Grundbesitzer geben diese wertvollen Wiesen deshalb leider auf", bedauert LH-Vize Eisenkopf, kündigt aber an: "Dem wollen wir entgegenwirken." Ein Projekt des Vereins Wieseninitiative rund um Brigitte Gerger und Jan Oestmann hat sich den Erhalt der Streuobstwiesen zum Ziel gesetzt.
Das Land fördert das zweijährige Projekt mit 300.000 Euro. Insgesamt werden zehn Gemeinden betreut, fünf pro Jahr. Begonnen wird in Jennersdorf, Litzelsdorf, Oberpullendorf, Sigleß und Mattersburg mit Sammelbestellungen, kostenlosen Schnitt- und Veredelungskursen, Vorträgen und Exkursionen.
Mit über 5.000 Tier- und Pflanzenarten zählen Streuobstwiesen zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas
Nach Schätzungen gibt es im Burgenland 400 verschiedene Obstsorten und einige Hundert lokale Sorten, die noch gar nicht erhoben wurden. Einerseits seien Streuobstwiesen ein wichtiges Landschaftselement, andererseits sind deren Produkte eine Einnahmequelle.
Denn, so die Ressortchefin: "Nur wenn Streuobstwiesen langfristig genutzt werden, ist ihr Bestehen nachhaltig gesichert". Auch Thomas Karacsony, Landesobmann der Freiheitlichen Bauern, begrüßt das Projekt. "Uns ist es ein wichtiges Anliegen, die burgenländische Landwirtschaft zu stärken und für die Nachwelt den Erhalt dieses einzigartigen Ökosystems zu sichern." Mehr Infos finden Sie unter streuobstwiesn.at.
Und wenn man "nur" einen Garten hat?
Doch auch wenn man keine Obstwiese sein Eigen nennt, gibt es vieles, das die Natur unterstützt. "Da hilft es auch, wenn wir Best-Practice-Beispiele vorstellen", führt die Südburgenländerin Sabrina Wagner aus. Unter anderem gibt es einen öffentlichen Garten im steirischen Naturpark Pöllauer Tal.
Via QR-Codes können Anleitungen abgerufen werden. Zum Beispiel, wie man erfolgreich eine Totholzecke im eigenen Garten installiert. Was immer wieder kontrovers diskutiert wird, sind die sogenannten Insektenhotels. "Es ist schön, wenn man ein Haus schafft, aber problematisch, wenn es dann nichts zu essen gibt", erklärt Wagner. Für Wildbienen werden die Insektenhotels fast schon zur Falle, wenn es in ihrem Radius keine Nahrung gibt.
Natürliche Strukturen seien laut Expertin fast immer besser. Besonders problematisch sind folgende Pflanzen:
Forsythien
Hortensien
Zierrosen
"Bei den Forsythien hat man Staubblätter weggezüchtet, um mehr Zierblüten zu haben. Das bringt den Insekten nichts", ärgert sich Wagner.
Statt Forsythie lieber Kornelkirsche, statt Hortensie einen leuchtenden Schneeball und eher wilde Rosenarten statt Zierrosen, rät die Diversitätsexpertin. „Das Tolle an den heimischen Sträuchern ist ja, dass sie auch ohne unser Zutun wuchern.“
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