Nächste Wahl in Sicht: SPÖ Burgenland will ÖVP auf Distanz halten
In der burgenländischen SPÖ mögen sich derzeit viele denken: Da hat man schon kein Glück, und dann kommt auch noch Pech dazu. Just im Moment des Unglücks, im Burgenland bei einer Nationalratswahl erstmals nach 53 Jahren wieder hinter der ÖVP zu liegen, ist Landeshauptmann Hans Peter Doskozil wegen einer bevorstehenden Stimmband-Operation außer Gefecht – die SPÖ kopf- und stimmlos.
Und während sich der Hoffnungsträger der Roten bis Ende Oktober aus der Öffentlichkeit zurückziehen muss, zeigen die Türkisen im ganzen Land Flagge. Der strahlende Sieger Sebastian Kurz wird Seite an Seite mit dem pannonischen ÖVP-Obmann Thomas Steiner plakatiert. Die Volkspartei, das ist zu spüren, möchte am liebsten morgen den Landtag wählen und nicht erst am 26. Jänner 2020.
Warum eigentlich, Thomas Steiner
Bedeutet der triumphale Nationalrats-Wahlsieg der im Burgenland in den letzten Jahrzehnten nicht gerade erfolgsverwöhnten Volkspartei mit 38,3 Prozent der Stimmen (SPÖ: 29,4 Prozent) für die Landtagswahl, dass alles möglich ist – gar die Rückeroberung des 1964 an die Sozialdemokraten verlorenen Landeshauptmannsessels?
Möglich ist alles, realistisch ist dieses Szenario allerdings nicht.
Selbst ÖVP-Obmann und Doskozil-Herausforderer Thomas Steiner gibt als Wahlziel nur die Parole aus, „stärker“ und wieder „Teil der Landesregierung zu werden“. Nach der letzten Landtagswahl 2015 und Abschaffung des Proporzes haben Rot und Blau eine Koalition gebildet, die Volkspartei ist nach 70 Jahren aus der Landesregierung geflogen. Und Steiners Parteimanager Christoph Wolf erinnert daran, dass „wir bei 29 Prozent starten“ – soviel erreichte die ÖVP 2015, die SPÖ kam auf 42 Prozent.
Farbenspiele
Auch ein Wahlforscher schätzte zuletzt die Lage im Hintergrundgespräch mit dem KURIER ähnlich ein. Hatte er noch vor dem Sommer eine Vergrößerung des Abstands zwischen SPÖ und ÖVP bei der Landtagswahl erwartet, relativiert er nun: Es könne durchaus sein, dass die Türkisen den Roten sogar ein wenig näherrücken. Für ausgeschlossen hält er mittlerweile aber, was vor nicht allzu langer Zeit für möglich gehalten wurde – dass Doskozil wie sein Vorgänger und Mentor Hans Niessl 2005 wieder eine absolute Mehrheit einfahren kann.
Apropos Niessl: Der Alt-Landeshauptmann, der erst im Februar für Doskozil Platz gemacht hat, ist für seine Partei trotz der Schlappe vom Sonntag optimistisch: Landtags- und Nationalratswahl seien zwei Paar Schuhe, sagt der erfahrene Wahlkämpfer zum KURIER. „Die Menschen wissen, was die SPÖ im Land leistet.“
Aus Sicht der SPÖ ist eine Fortsetzung mit den Freiheitlichen erste, weil billigste Wahl. Die 15 Prozent von 2015 dürften die gebeutelten Blauen nicht wiederholen können. Dazu kommt, dass die Regierung von sieben auf fünf Mitglieder verkleinert wird. Die ÖVP würde sich kaum mit einem Landesrat abspeisen lassen, die FPÖ ihn dankend annehmen.
Steiner will „bürgerliche Akzente“ in Landespolitik
ÖVP-Landesparteiobmann Thomas Steiner denkt dennoch bereits an den Tag nach der Landtagswahl am 26. Jänner 2020. Persönlich, weil der Wassermann am 27. Jänner Geburtstag feiert; politisch, weil der ÖVP-Chef nach fünf Jahren in Opposition zurück in die Landesregierung will. Chancen auf Platz 1 und damit den Landeshauptmann rechnet er sich aber nicht aus, auch wenn die ÖVP bei der Nationalratswahl die SPÖ im Burgenland gleich um 14.000 Stimmen hinter sich ließ – erstmals seit mehr als 50 Jahren.
„Realistisch bleiben“, lautet sein Motto, Urnengänge und Wahlergebnisse könne man nicht vergleichen: „Wir gehen von 29 Prozent der Landtagswahl 2015 aus und hoffen auf ein Ergebnis, mit dem wir den Regierungsanspruch stellen können, denn es braucht bürgerliche Akzente in der Landespolitik.“
Der Wahlkampf hat bereits begonnen, am Mittwoch wurden erste Kandidaten präsentiert. Offiziell fällt der Startschuss aber erst beim Landesparteitag am 19. Oktober. Steiner erwartet einen „intensiven Wahlkampf mit einer Pause von Mitte bis Ende Dezember“. Auf mögliche Koalitionsvarianten will er sich nicht festlegen, zuerst sei der Wähler am Wort, sagt der Eisenstädter Bürgermeister, der auf die Themen Mobilität, Infrastruktur, Pflege und Transparenz setzt.
Sollte Steiners Ziel – eine Regierungsbeteiligung mit ihm als Landesvize – Realität werden, braucht Eisenstadt einen neuen Bürgermeister. Anspruch auf einen Regierungsposten für das Burgenland auf Bundesebene stellt Steiner auch angesichts des guten Wahlergebnisses nicht: „Ich vertraue Sebastian Kurz – über Personen wird erst am Ende gesprochen.“
Kommentare