Nachbarschaftshilfe gegen Ärztemangel

Nachbarschaftshilfe gegen Ärztemangel
Mediziner werden händeringend gesucht. Verstärkung könnte künftig öfter aus den Nachbarländern kommen.

Beim dritten Anlauf hat es geklappt: Nikitsch (Bezirk Oberpullendorf) hat seit Montag einen neuen Allgemeinmediziner. Nachdem Gerhard Prior nach 36 Jahren in Pension gegangen ist, folgt ihm Doktor Mark Somogyi nach.

„Die Stelle des Gemeindearztes blieb keinen Tag unbesetzt“, freut sich Bürgermeister Johann Balogh (SPÖ). Der gebürtige Ungar Somogyi hatte zuvor u. a. in Deutschland eine Facharztausbildung absolviert. Er wollte sich nun mit seiner Familie in der Nähe seiner ungarischen Heimat niederlassen und habe eine Stelle im Burgenland gesucht.

Nachbarschaftshilfe gegen Ärztemangel

Der neue Gemeindearzt Dr. Somogyi (M.) wurde auch von Bgm. Balogh (r.) begrüßt

„Ein bisschen Heimweh, das kennt ja jeder“, sagt Somogyi, der alle paar Wochen auf Besuch nach Ungarn fährt. Im Mittelburgenland gefalle es ihm gut. Doch die Nähe zur Heimat sei nicht das einzige Kriterium für eine Ansiedelung in Nikitsch gewesen.

Auch die guten Arbeitsbedingungen hätten ihn überzeugt. „Ich habe einige Freunde aus Ungarn, die in einem Krankenhaus in Österreich arbeiten. Ich nehme an, dass die Zahl ungarischer Ärzte in Österreich steigen wird.“

Dritte Ausschreibung

Zum dritten Mal ist auch die Stelle des Allgemeinmediziners in Schattendorf (Bezirk Mattersburg) ausgeschrieben. Der Gemeindearzt geht Ende des Jahres in Pension. Bürgermeister Johann Lotter (SPÖ) ist optimistisch, dass sich bald ein Nachfolger finden wird.

Gespräche gebe es sowohl mit Interessenten aus Österreich, als auch aus Ungarn. „In Grenzgemeinden, wie wir eine sind, sehe ich es als Zukunft, dass sich Ärzte aus dem Nachbarland künftig öfter bei uns niederlassen werden“, sagt Lotter.

Im Burgenland sind laut Ärztekammer-Direktor Thomas Bauer derzeit vier von 143 Allgemeinmedizin-Kassenstellen und fünf von 94 FA-Stellen unbesetzt.

Bis Ende 2025 dürfte der Bedarf stark steigen: Denn bis dahin könnten mehr als die Hälfte der Allgemeinmediziner (79) sowie 40 Facharzte den Ruhestand antreten.

Maßnahmen des Landes

Das Land Burgenland hat als Maßnahmen gegen den Ärztemangel etwa im Vorjahr das Angebot eines Kontingents kostenloser Studienplätze für junge Burgenländer an der Danube Private University (DPU) in Krems beschlossen. Nun bekamen weitere sechs Studierenden ihr Stipendium zugesagt. Ab Oktober seien damit bereits zwölf angehende Mediziner im Rahmen des Modells in Ausbildung, erklärte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ).

Neben dem Land bieten auch Gemeinden Ärzten u. a. Ordinationsräume als „Zuckerl“ an – so wie in Schattendorf.

Ob sich künftig mehr Mediziner aus den Nachbarländern in Pannonien niederlassen werden, sei schwer zu beantworten, sagt Bauer. „Im Spital gibt es schon relativ viele ungarische und slowakische Ärzte. Diese sind wahrscheinlich eher bereit, eine Kassenarztstelle zu übernehmen, als einer, der noch nie im Burgenland zu tun hatte.“

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Landärzte werden händeringend gesucht

"Begehrte Berufsgruppe"

Bei der Krages sind 60 Ärzte (von rund 350), die ihren Hauptwohnsitz in Ungarn oder in der Slowakei haben, angestellt. „Medizinerinnen und Mediziner sind generell eine begehrte Berufsgruppe, speziell in einigen Fachrichtungen herrscht ein regelrechter Mangel“, sagt Krages-Personaldirektorin Helene Sommer.  Besonders gefragt seien zum Beispiel bei Anästhesisten oder Kinderärzte.

Auch die KRAGES habe derzeit offene Stellen in den Fächern Anästhesie, Innere Medizin, Orthopädie zu besetzen – in Oberwart, Oberpullendorf, Güssing und Kittsee. "Wir wollen unsere Fachärztinnen und -ärzte deswegen selbst ausbilden. Wir nehmen bereits mit Studierenden an den Medunis Kontakt auf und bieten ihnen Famulaturen und Ausbildungsplätze im Klinisch-Praktischen Jahr (KPJ) in unseren vier Spitälern an, erklärt die Personaldirektorin.

"Heuer haben wird auch erstmals für Studierende der Humanmedizin ab dem 6. Semester eine ‚Summer Med School‘ veranstaltet. Motto war: „Lernen außerhalb des Hörsaals – Lernen in der Praxis“. Und sie konnten auch neue Kontakte knüpfen – mit PrimarärztInnen, Ärztlichen DirektorInnen und Geschäftsführung der KRAGES. Diese Zugänge bekommt man wo anders nicht so schnell. Wir sehen auch schon erste Erfolge. Einige haben sich gleich nach der Summer School für das verpflichtende Klinisch-Praktische Jahr im Burgenland angemeldet.“

Dass Assistenzärzte mitunter einen Hauptwohnsitz außerhalb des Burgenlandes haben, sei aufgrund der veränderten Mobilität heute so, heißt es von der Krages. Zudem gehe der Austausch „in beide Richtungen“. Auch promovierte Mediziner aus Österreich würden Zusatzausbildungen in Budapest oder Pecs machen.

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