"Nazikeller": Ex-ÖVP-Gemeinderat war wieder aktiv - und tritt ab

"Nazikeller": Ex-ÖVP-Gemeinderat war wieder aktiv - und tritt ab
Auftritt in Dokumentarfilm hatte ihn Sitz im Gemeinderat und Parteimitgliedschaft gekostet. Ab 2016 war er Ortsobmann - bis Freitag.

2014 erregte Ulrich Seidls Dokumentarfilm „Im Keller“ die Gemüter, der fünf Männer beim „Feiern“ in einem mit Nazi-Devotionalien gespickten Keller im Burgenland zeigte. Der Hausbesitzer stand später wegen Wiederbetätigung vor Gericht, zwei weitere Teilnehmer verloren ihren ÖVP-Gemeinderatssitz und die Parteimitgliedschaft. Einer war zwischenzeitlich wieder aktiv - als Ortsobmann einer VP-Teilorganisation.

Die Filmsequenz, in der die Männer - umrahmt von Hitler-Bild, Hakenkreuzfahne, Reichsadler und anderen Symbolen der NS-Diktatur - einander im Keller zuprosten, sorgte für empörte Reaktionen, die in Rücktrittsaufforderungen gipfelten. Die beiden ÖVP-Politiker legten daraufhin ihr Gemeinderatsmandat zurück und beendeten auch, wie damals mitgeteilt wurde, ihre Mitgliedschaft in der Volkspartei.

KURIER-Artikel aus dem Jahr 2014

in chronologischer Reihenfolge und mit Interview der Betroffenen

Nach Bekanntwerden der „Nazikeller“-Affäre hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. Diese wurden in vier Fällen, darunter auch jene der beiden Ex-Gemeinderäte, 2015 wieder eingestellt. Einer der zwei Männer habe sich danach wieder in das Gemeinschafts- und Dorfleben integriert und sich auch wieder im örtlichen Seniorenbund engagiert, bestätigte die ÖVP-Landespartei am Freitag einen Bericht der Tageszeitung „Die Presse“.

2016 sei er dann zum Ortsobmann des Seniorenbundes gewählt worden. „Das war und ist auch in der Gemeinde und in der Region bekannt und wurde auch im Zuge der Gemeinderatswahlen 2017 medial thematisiert“, hieß es dazu von der ÖVP. Die Volkspartei habe „in dieser Causa sofort gehandelt und eine klare Linie gezogen“.

"Nazikeller": Ex-ÖVP-Gemeinderat war wieder aktiv - und tritt ab

Der "Kellerbesitzer" mit Anwalt Werner Tomanek vor Beginn eines Prozesses wegen Wiederbetätigung am Donnerstag, 2. Juli 2015, im Landesgericht Eisenstadt. Die in einem Streifen von Ulrich Seidl gezeigte Szene im "Nazikeller" hatte im September über das Burgenland hinaus für Empörung gesorgt.

Für die ÖVP sei klar: „In Österreich darf kein Platz für Gutheißen des verbrecherischen NS-Systems sein. Die ÖVP distanziert sich klar von diesem Gedankengut.“

So wurde die Sache bekannt

Erneut ins Blickfeld der öffentlichen Aufmerksamkeit gelangt war die Angelegenheit bei der Debatte Mittwochabend im ORF zwischen ÖVP-Obmann Sebastian Kurz und dem designierten FPÖ-Chef Norbert Hofer. Dieser zeigte sich am Donnerstag in einer Aussendung „erstaunt“ darüber, dass der Ex-Gemeinderat bereits wieder bei der ÖVP aktiv sein solle.

Noch am Mittwochabend habe Kurz „mit Vehemenz“ behauptet, dass die beiden ÖVP-Politiker ausgeschlossen worden seien. „Nun ist einer der beiden offenbar durch die Hintertür wieder in die ÖVP aufgenommen worden“, so Hofer. „In jeder Partei gibt es sogenannte Einzelfälle - ich rate daher jeder Partei, vor der eigenen Tür zu kehren, bevor mit dem Finger auf andere Parteien gezeigt wird“, stellte der FPÖ-Obmann fest - und wartete seinerseits mit einer „Liste der SPÖ-Einzelfälle“ auf.

Update: Rücktritt noch am Freitag

Seitens der ÖVP wurde rasch reagiert. Bereits am Freitag hat der Ex-Gemeinderat die Landespartei darüber informiert, dass er von all seinen Funktionen zurücktreten und auch den Seniorenbund verlassen werde. Der Rück- beziehungsweise Austritt sei laut seinen Angaben erfolgt, „um der ÖVP nicht zu schaden“. Damit komme er auch einem Ausschluss durch die Bundespartei zuvor, hieß es aus der ÖVP Burgenland.

In dieser Angelegenheit hatte sich am Freitagnachmittag auch die Landesvorsitzende der SJ Burgenland, Lejla Visnjic, zu Wort gemeldet und in einer Aussendung „den sofortigen Rücktritt aus allen politischen Funktionen sowie den Parteiausschluss“ des Ex-Gemeinderates gefordert.

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