Müll-Deal: Einigkeit nicht einmal über Grundlage für Gutachten

Anfang April hatten das Land und der Burgenländische Müllverband (BMV) getrennt voneinander Gutachten in Auftrag gegeben, um den Wert des gemeindeeigenen BMV zu eruieren. Der Mittelwert aus beiden Gutachten sollte der Preis sein, den das Land - als Teil eines größeren Gemeinde-Hilfspakets - für die Übernahme des BMV zahlen würde.
So die Theorie.
Die wurde aber längst von der Praxis überholt.
Die ÖVP-Bürgermeister haben sich schon Ende Juni mit großer Mehrheit gegen den Verkauf des BMV an die Holding des Landes ausgesprochen und verlangen ein Unterstützungspaket für die finanzmaroden Kommunen ohne den BMV anzutasten.
Was wiederum LH Hans Peter Doskozil und seine SPÖ strikt ablehnen. Ohne Zustimmung der Volkspartei (oder der FPÖ, die ebenfalls schon abgewunken hat, wenn auch nicht so dezidiert wie die ÖVP) kommt im Landtag aber keine Zwei-Drittel-Mehrheit zustande, die es für den BMV-Verkauf ans Land bräuchte.
Insofern ist der Wert des Gemeindeverbandes BMV und seiner operativen Tochter UDB nur noch von theoretischem Interesse.
Gebühren müssen rauf
Doskozil hat in der Vorwoche eine Zahl aus dem Gutachten der Wirtschaftsprüfungskanzlei KPMG fürs Land verraten: 60 bis 80 Mio. Euro sei der BMV wert. Das Land würde den Gemeinden 100 Millionen sofort zahlen. Weitere 253 Millionen in den kommenden zehn Jahren.
Die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young (EY) kommen im Auftrag des Müllverbandes, in dem Bürgermeister von SPÖ und ÖVP das Sagen haben, zu einem anderen Ergebnis. Am Montagnachmittag wurde das EY-Gutachten dem Vorstand des Müllverbandes in der Oberpullendorfer BMV-Zentrale präsentiert.
Das Ergebnis: Würde man an einen Privaten verkaufen, läge der Wert (inklusive Deponien usw.) bei gut 330 Millionen Euro. Beim Verkauf ans Land bei 165 Millionen Euro.
Die Differenz zu den maximal 80 Millionen Euro, die KPMG fürs Land errechnet hat, erklärt sich aus unterschiedlichen Annahmen. Die KPMG habe den gegenwärtigen Zustand des BMV erhoben, EY auch eine künftige 20-prozentige Gebührenerhöhung samt Indexierung eingepreist.
Der Verband verzichtet nämlich seit 22 Jahren - aus politischen Gründen - auf eine Gebührenerhöhung, muss dafür aber Rücklagen auflösen. Außerdem werden den Gemeinden seit einigen Jahren Leistungen über 4,5 Mio. Euro ("kleines Gemeindepaket") nicht in Rechnung gestellt.
Wie geht es weiter? Seine Hand bleibe ausgestreckt, so Doskozil am Montag. Das KPMG-Gutachten gehe von aktuell gültigen und der Öffentlichkeit kommunizierten Grundlagen aus. "Hypothetische Annahmen waren in den Planrechnungen der KPMG nicht enthalten".
Nun könnten "vorhandene Gutachten dahingehend geprüft werden, welche Parameter für eine Unternehmensbewertung ausschlaggebend waren. Sollten wesentliche Informationen außerhalb dieses Datenraums hinzukommen, können diese in das Bewertungsergebnis eingearbeitet werden".
Die ÖVP will am Dienstag in einer Klubsitzung das weitere Vorgehen festlegen. Aber schon am Montagabend teilte BMV-Vizeobmann Georg Rosner mit: "Ein Verkauf des Verbandes wird nicht stattfinden".
BMV-Obmann Michael Lampel (SPÖ) war zunächst nicht zu erreichen. Am späteren Abend ließ er wissen, Rosner vertrete nur die ÖVP-Vorstandsmitglieder. Die SPÖ-Gemeinden seien nach wie vor geschlossen fürs Gemeindepaket samt BMV-Verkauf ans Land.
„Jetzt, da ein unabhängiges Gutachten im BMV-Vorstand vorgelegt wurde, ist die Wahrheit endlich ans Licht gekommen: Der Verband ist über 300 Millionen Euro wert. Nicht 60 bis 80 Millionen, wie uns Doskozil glauben machen wollte", sagte FPÖ-Landesobmann Alexander Petschnig.
Der grüne Klubobmann Wolfgang Spitzmüller, Koalitionspartner der SPÖ, appellierte an die ÖVP, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. „Ja, das Thema ist für die ÖVP sehr emotional, das ist nachvollziehbar. Aber die Probleme der Gemeinden lassen sich nicht durch Emotionen lösen".
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