"Mein Vater war immer ein sehr fleißiger Mensch, der immer alles selber gemacht hat. Als er das nicht mehr konnte, ging es ihm schlechter", erklärt seine als Zeugin geladene Tochter. Weil sie berufstätig sei, kümmert sich eine ungarische Pflegerin um die bettlägerige Mutter. Es sei schwierig für ihn gewesen zu akzeptieren, dass jemand anders im Haus ist.
Frau wollte leben
Am Vormittag des 30. Juli geht Harald mit einem Stromkabel, bei dem er die Drähte freigelegt hat, zum Bett seiner Frau. Er erzählt ihr, dass er sterben möchte und zeigt ihr das Kabel. "Bist du narrisch", soll die Frau entsetzt gesagt haben. Dann habe er den Raum verlassen und erst kurz danach wieder den Raum betreten.
Dort liegt seine Frau Franziska, die Hände auf ihre Brust gefaltet. Sie ist auf einen Rollstuhl angewiesen, leidet außerdem an Alzheimer. Harald nimmt das präparierte und angesteckte Stromkabel und hält es ihr auf den Handrücken. Sie zuckt, schreit auf und alarmiert die Pflegekraft.
Pflegerin nahm Mann Stromkabel weg
Die Ungarin reagiert geistesgegenwärtig, nimmt Harald das Kabel weg und alarmiert die Einsatzkräfte. "Ich habe ihm instinktiv das Kabel weggenommen, dachte aber, er möchte Selbstmord begehen", erklärt die Pflegerin im Zeugenstand. Franziska habe grundsätzlich eine positive Einstellung zum Leben gehabt und "ihren Zustand gut ertragen".
"Wir sind aufgrund eines Suizidversuches gerufen worden", erklärt einer der damals eintreffenden Polizeibeamten. Man habe die Pflegekraft aufgelöst angetroffen und Harald gefragt, was er vor hatte. "Er wollte seine Frau töten, hat er uns gleich gesagt", so der Beamte.
Seine Ehegattin wurde im Krankenwagen befragt. Vom Beamten darauf angesprochen, was passiert sei, sagte sie "nichts". Im Krankenhaus sagte Harald laut behandelndem Arzt aus, dass die Situation zuhause "viel zu viel" für ihn sei. Wie er sich anschließend selbst umbringen wollte, daran habe er laut Aussage gegenüber der Polizei noch nicht gedacht.
"Ich konnte meine Frau nicht pflegen"
Drei Sachverständige, zwei medizinische und einer für Elektrotechnik, sind im Gerichtssaal 1 in Eisenstadt anwesend. Doch die Lage ist eigentlich klar. Harald ist seit der Tat geständig. "Ich habe nichts abgestritten. Wir sind über 50 Jahre verheiratet und haben eine sehr gute Ehe geführt. Ich habe mich aber mit keiner Pflegerin verstanden und meine Frau konnte ich nicht selber pflegen", erklärt der 83-Jährige.
Er sei "lebensmüde" geworden. Trotz Erkrankungen wisse er grundsätzlich von der versuchten Tat: "Ich weiß schon noch, warum ich das getan habe. Ich wollte nicht mehr leben und habe gedacht, ich nehme meine Frau mit." Man spricht hier vom "Erweiterten Suizid".
Der Gerichtspsychiater attestiert dem Mann aufgrund von Depressionen und "zumindest mittelschwerer" Alzheimer-Demenz Unzurechnungsfähigkeit. In der Wiener Josefstadt habe man die Diagnose um Parkinson erweitert.
Geschworene entscheiden über Einweisung
Dieser Diagnose stimmt der Mediziner nicht unbedingt zu. Die Demenz sei außerdem bisher nicht medikamentös behandelt worden. Der Gutachter spricht sich für eine Unterbringung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum aus, lässt aber eine andere Möglichkeit offen.
Bei bedingter Nachsicht der Tat, könne der 83-Jährige auch in ein Pflegeheim kommen, wo er psychiatrisch behandelt werden könnte. "Die Aggressionstendenz ist ausschließlich gegen die Ehefrau gegeben. Wenn die Ehepartner getrennt werden, ist die Gefahr abgemildert oder nicht vorhanden", erklärt der Mediziner. Von einer Allgemeingefährdung gehe er nicht aus.
Der Angeklagte stimmt einer psychiatrischen Behandlung und medikamentösen Therapie zu. "Ich würde gerne in das Pflegeheim gehen", sagt der Mann zu Richterin Karin Knöchl. Platz für ihn würde es laut Gerichtspsychiater wohl bereits morgen geben.
Der Mann wurde für zurechnungsunfähig erklärt und im Sinne des § 21 Absatz 1 StGB bedingt in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Wenn er sich weiter behandeln lässt und seine Therapie fortsetzt, kann der 83-Jährige mit einer Probezeit von fünf Jahren im Pflegeheim bleiben, erläuterte Richterin Karin Knöchl die rechtskräftige Entscheidung des Geschworenengerichts.
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