Lutzmannsburg: Wo die ältesten Reben zu Hause sind

Lutzmannsburg: Wo die ältesten Reben zu Hause sind
Im Weingut Hans Rohrer wird die Liebe zum Weinmachen vererbt. Klasse statt Masse lautet die Devise

Die Leidenschaft, die sie ihren Weingärten entgegenbringt, ist förmlich zu spüren.

Auf dem Lutzmannsburger Hochplateau erntet Kerstin Rohrer behutsam, um die alten Rebstöcke nicht zu beschädigen, Blaufränkischtrauben. Die Lesezeit hat begonnen.

„Es sieht heuer nach einer guten Qualität aus“, meint die Jungwinzerin.

 

Lutzmannsburg: Wo die ältesten Reben zu Hause sind

Kerstin Rohrer bei den alten Rebstöcken

Sohn Jakob, vier Jahre jung, sieht genau zu. Auch er kennt sich schon aus, welche Trauben hier wachsen.

Und auch seinem Papa, Alexander Hirt, schaut er bei der Kellerarbeit gerne über die Schulter. Die Passion für den Weinbau dürfte wohl in den Genen liegen. Seit Generationen bewirtschaftet Familie Rohrer das Familienweingut.

Lutzmannsburg: Wo die ältesten Reben zu Hause sind

Der Weingarten, aus dem der „Blaufränkisch 1906“ stammt, wurde – wie der Name verrät – 1906 von Kerstin Rohrers Urgroßvater Karl ausgepflanzt. In den 1930ern hat die Familie die Riede erworben.

 

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„Mein Urgroßvater musste dafür ein Pferd verkaufen, was meiner Urgroßmutter gar nicht passte.“ Schließlich musste die Landwirtschaft wieder mit einem Ochsen- statt einem Pferdegespann bewirtschaftet werden.

Doch der Einsatz hat sich wohl ausgezahlt: Heute sind die 1906 ausgepflanzten Reben die ältesten im Blaufränkischland, die in Form eines bestehenden Weingartens erhalten sind und im Ertrag stehen, sagt Kerstin Rohrer

Lutzmannsburg: Wo die ältesten Reben zu Hause sind

Um die Ur-Reben zu erhalten, habe man die Edelreiser veredeln lassen. Nächstes Jahr werden sie ausgepflanzt. Klasse statt Masse, so lautet das Motto.

Die Sortentypizität, der Regionalcharakter und die Eigendynamik der Weine sollen so wenig wie möglich beeinflusst werden, so das Credo. Deshalb werden nur handgelesene Trauben von Reben, die zwischen 20 und 113 Jahre alt sind, spontan vergoren.

„Weinen die Welt zeigen“

Mindestens 15 Monate werden die Weine in großen Holzfässern ausgebaut. „Es gibt kaum etwas, das die Kultur und die Region so gut präsentieren kann wie Wein“, ist das Paar überzeugt.

Lutzmannsburg: Wo die ältesten Reben zu Hause sind

Während Kerstin Rohrer gerne im Weingarten ist und im Hintergrund die Fäden zieht, ist ihr Partner lieber im Keller. „Mir taugt es zu verfolgen, wie die Weine reifen“, sagt Hirt. „Den Weinen die Welt zeigen“ nennt er das, was man im Fachjargon als „lüften“ bezeichnet.

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Fünf Hektar Weingärten bewirtschaftet die Familie. Auch Kerstin Rohrers Bruder Markus und seine Lebensgefährtin Petra Reidl arbeiten mit. „Und die Mama kümmert sich um den Ab-Hof-Verkauf.“ Die Liebe zum Weinmachen haben die Jungwinzer von Vater Hans Rohrer geerbt.

Tradition hat übrigens auch das Weingut selbst: Das Haus wurde Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet und ist ein Ort, wo die Familie immer wieder zusammentrifft.

"Manchmal fehlt der Weitblick"

Kerstin Rohrer hat Kommunikations- und Politikwissenschaft studiert und  ein Studium für Public Relations absolviert. Neben dem Weingut betreibt sie   die Agentur „Fair-PR“.  Die 43-Jährige ist zudem Weinakademikerin.

Eine Verbindung zur Familie Hirt gibt es nicht erst seit der Liaison mit Alexander. Rohrers Urgroßvater hat bei Hirts Großvater, der  einen Weingarten hatte, Weine gekauft.  

Alexander war als   Maschinenbautechniker tätig,  seit  20 Jahren arbeitet der 47-Jährige  bei Familie  Hans Rohrer mit und hat Internationales Weinmarketing studiert.  Zudem  ist er  in einer Bierbrauerei tätig. Das Paar lebt mit Sohn Jakob  in Lutzmannsburg und in Wien.

KURIER: Was schätzen Sie am  Landleben?
A. Hirt: Den Ausgleich zum Stadtleben.
K. Rohrer: Wenn ich  in der Natur bin, durchatmen kann, da kann man sich spüren.

Wo ist Ihr Lieblingsplatz?
A. Hirt: Ich bin am liebsten im Weinkeller.
K. Rohrer: Im Weingarten.

Vermissen Sie die Stadt?
Hirt, Rohrer: Wir haben eh beides. Die Stadt hat auch ihre Reize. Es ist wichtig auch dort zu sein, um weltoffen zu bleiben.
 
Wo sehen Sie die Schwierigkeiten am Landleben?
K. Rohrer: Manchmal fehlt der Weitblick ein bisschen, man verfällt in Routine.
A. Hirt: Der öffentliche Verkehr ist eine Katastrophe und sollte ausgebaut werden.

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