„Lex Hofer“? Rot, Grün und Türkis beschließen Sanktion bei Anklage

„Lex Hofer“? Rot, Grün und Türkis beschließen Sanktion bei Anklage
Nicht nur FPÖ, auch Justizministerium und Kanzleramt kritisieren Parteienförderungsgesetz.

In der letzten – regulären – Sitzung des Landtags vor der Sommerpause leisten die 36 Abgeordneten Besonderes: „Ich bin schon ein paar Jahre im Landtag“, sagt SPÖ-Klubvorsitzender Robert Hergovich, aber noch nie seien in einer Sitzung 50 Gesetze beschlossen worden.

Viele sind Teil einer Verfassungsreform, die bald nach dem Start der rot-grünen Koalition verhandelt und gestern mit den Stimmen von SPÖ, Grünen und ÖVP beschlossen wurde.

Am umstrittensten ist das Parteienförderungsgesetz, das zuletzt 2024 geändert wurde – und auch damals für Aufregung gesorgt hatte. Spenden wurden eingeschränkt, was das Antreten neuer Parteien stark erschweren kann.

Die jetzige Änderung des Parteienförderungsgesetzes soll für „mehr Sauberkeit in der Politik“ sorgen, meint SPÖ-Klubchef Roland Fürst.

Kritik von Rechtsexperten

Wer sollte dagegen sein? Zum Beispiel das Justizministerium.

Was neu ist: Stellt ein Mandatar oder ein Regierungsmitglied bei einer rechtskräftigen „Anklage wegen eines Vorsatzdelikts“ sein Amt nicht ruhend, wird gegen dessen Partei „eine Geldbuße bis zu 50.000 Euro“ verhängt. Im Fall eines Freispruchs kommt das Geld retour.

Die FPÖ lehnt diese Änderung im Parteienförderungsgesetz ab, das sei ein „höchst bedenklicher Anschlag auf Grundprinzipien unseres Rechtsstaates, allen voran die Unschuldsvermutung“, ereifert sich Klubchef Norbert Hofer. Vor dem Verfassungsgerichtshof werde das Gesetz nicht halten.

Dass die Freiheitlichen nicht mitstimmten, habe einen Grund, glaubt Fürst: Ende April 2024 hatte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft mitgeteilt, dass sie nach einer Weisung der Oberstaatsanwaltschaft Ermittlungen gegen blaue Ex-Minister (darunter Hofer) der türkis-blauen Regierung eingeleitet habe. 

Inserate ohne konkretes Informationsbedürfnis der Allgemeinheit seien aus öffentlichen Geldern bezahlt worden, so der Vorwurf. Die Ermittlungen laufen noch, die FPÖ hat die Vorwürfe zurückgewiesen – es gilt die Unschuldsvermutung.

Bedenken angesichts der Gesetzesnovelle äußerten im Zuge der Begutachtung aber auch das Justizministerium und der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt (BKA). Das Ministerium schlug vor, die entsprechenden Absätze, „gänzlich entfallen zu lassen“

Das BKA weist auf mehrere Widersprüche hin, um am Ende einen gravierenden Einwand zu formulieren: Dass die Landesregierung die Sanktion verhängt, nicht eine unabhängige Instanz, „ist geeignet, die Verhängung einer Geldbuße als politisches Instrument der Regierung gegenüber der Opposition erscheinen zu lassen“.

Dieser Verdacht schwebt auch über einer weiteren Änderung, die ansonsten unbedenklich ist: Jegliche Verwendung von Fördermitteln „für private Zwecke (...), selbst wenn diese mit der politischen Tätigkeit in Zusammenhang stehen“, ist verboten. 

LH Hans Peter Doskozil – er fehlte in der Sitzung, weil er im Spital ist – hatte Hofer kurz nach der Landtagswahl vorgeworfen, zur Zeit des Bundespräsidentschaftswahlkampfs 2016 den Zaun um sein Grundstück in Pinkafeld mit öffentlichen Geldern errichtet zu haben. Hofer reagierte empört: Er habe damals „Morddrohungen bekommen“.

Jetzt macht der Landtag zwei Monate Pause - es sei denn, es gibt einen Sonderlandtag zum Müllverband.

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