Landesrechnungshof warnt: Schulden steigen, Guthaben und Rücklagen schwinden
 
            
            Als das neue Krankenhaus in Oberwart im Juni 2024 mit großem Tamtam eröffnet wurde, konnte man Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) ungewöhnlich aufgekratzt erleben. Das sei für ihn „persönlich emotional ein ganz besonderer Tag“, gestand der rote Landeschef und Gesundheitsreferent.
Die 180 Millionen Euro für die nagelneue Klinik seien „bereits vollständig über das Landesbudget abbezahlt", so Doskozil. Im selben Zeitraum schmolzen aber auch die Rücklagen des Landes peu à peu dahin. Von 2020 bis 2024 von ursprünglich 225 Millionen Euro auf 100 Millionen - mittlerweile ist alles weg.
Ja mehr noch: Die 225 Millionen Euro hat das Land 2006 durch den Verkauf mehrerer Unternehmensbeteiligungen an ihre 100-prozentige Tochter Landesholding erhalten, um das Geld später wieder der Holding zur Finanzierung ihrer Gesellschaften zu überlassen. Weil das Land aber, wie oben erwähnt, ab 2020 die 225 Millionen Euro wieder zurück wollte, musste die Holding die Rückzahlung an ihre Mutter, das Land, durch Kredite fremdfinanzieren.
Verwinkelt
Damit, so ist im jüngsten Bericht des Landesrechnungshofes (BLRH) zu lesen, war in der Holding die ursprüngliche Fremdfinanzierung der 225 Millionen Euro mittels dreier Anleihen im Jahr 2006 "nochmals um zumindest 189,89 Milllionen Euro angestiegen".
Sichtbaren ebenso wie schwer nachvollziehbaren Verflechtungen zwischen Land und Landesholding geht der BLRH in dem am Mittwoch veröffentlichten Prüfbericht "Finanzschulden Konzern Burgenland zum 31.12.2024" auf gut 180 Seiten nach.
„Je komplexer die Struktur, desto intransparenter wird es und desto riskanter wird es“, resümierte Landesrechnungshofdirektor René Wenk, der den Bericht gemeinsam mit Prüfungsleiter Paul Artner in Eisenstadt präsentierte.
Reaktionen. Das Land verwies in einer Aussendung (ohne Wortspende eines Regierungsmitglieds) darauf, dass in den letzten drei Jahren „enorme Vermögenszuwächse“ zu verzeichnen waren. Land, Holding und ihre Unternehmen hätten über Vermögenswerte in Höhe von rund 20.000 Euro pro Einwohner verfügt. Die Pro-Kopf-Verschuldung betrage 5.500 Euro, damit liege das Burgenland im österreichischen Mittelfeld.
Der BLRH stelle die Finanzsituation des Burgenlandes „einseitig, unvollständig und in überregional nicht vergleichbarer Form dar“, wird beklagt. Die Finanzpolitik der Landesregierung sei auf Investitionen ausgerichtet, die der Bevölkerung zugute kämen.
Auch die Landesholding verwies darauf, es sei entscheidend, welche Vermögenswerte Schulden gegenüberstehen: „Wenn man als Privatperson Schulden hat, die an ein Haus und Grundbesitz gebunden sind, dann gibt es einen Gegenwert“.
Die Opposition nimmt am Donnerstag ausführlich Stellung.
 
Vor fast genau drei Jahren hat der BLRH schon einmal die Finanzschulden des Landes und seiner Gesellschaften (= Konzern Burgenland) in- und außerhalb der Holding unter die Lupe genommen. Von den 169 Beteiligungen unterliegen 119 der Prüfbefugnis des BLRH, in 74 davon haben die Prüfer Einschau gehalten.
Wirklich verbessert hat sich der Zustand nicht
Die Finanzschulden des Konzerns Burgenland sind demnach in den vergangenen drei Jahren von 1,80 Milliarden Euro auf 2,18 Milliarden Euro gestiegen, ein Plus von 383 Millionen Euro. Auf den Landeshaushalt, der im Landtag verhandelt wird, entfallen davon rund 627 Millionen Euro (29 Prozent), rund 1,56 Milliarden Euro (71 Prozent) hingegen auf ausgelagerte Landesunternehmen.
Die Burgenland Energie, an der das Land "nur" 51 Prozent hält, wurde eigens betrachtet. Die Finanzschulden des Energiekonzerns stiegen um 65 Prozent auf 713 Millionen Euro.
Von den 2,18 Milliarden im Konzern Burgenland sind knapp 40 Prozent endfällig finanziert, ein großer Brocken wird 2036 schlagend.
"Eine Steigerung von 21 Prozent auf 2,18 Milliarden in drei Jahren ist beträchtlich", so Wenk, zumal in der Zusammenschau mit den Haftungen des Landes.
Denn da liegt das Burgenland im Bundesländervergleich am schlechtesten: Die Haftungen des Landes betrugen zum Stichtag 1,56 Milliarden Euro, das sind 98 Prozent der budgetierten Erträge des Landes. 1,38 Milliarden der Haftungen gelten den Finanzschulden des Konzerns.
Wenig erbaulich ist - nach dem Blick auf die Rücklagen - auch der Blick auf die Bankguthaben von Land und seinen Unternehmen: Sie sind von 452 Millionen Euro auf 168 Millionen geschrumpft. Und: Aus den vor mehr als 20 Jahren abgeschlossenen spekulativen Zinstauschgeschäften ist dem Land bisher ein Schaden von 120 Millionen Euro entstanden. Wenk: "Das Geld ist weg".
Das Land, so der bis 2032 bestellte Landesrechnungshofdirektor, lagere "Finanzschulden zunehmend in seine Landesunternehmen aus" und diese seien den letzten Jahren "deutlich angestiegen".
Was empfiehlt er dem Land? "Eine zwischen Land und Landesunternehmen abgestimmte gemeinsame Finanzierungsstrategie sowie eine klare und nachvollziehbare Darstellung aller Finanzschulden, auch jene der Landesunternehmen, im Anhang zu den Rechnungsabschlüssen des Landes.“
Allerdings: Diesen Wunsch hat das Land schon nach der ersten Prüfung der Finanzschulden vor drei Jahren in den Wind geschlagen.
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