Die Gedenkkultur habe sich in den vergangenen Jahren zum Positiven gewandelt, stellt Herbert Brettl fest. Eine neue Generation von Kommunalpolitikern, aber auch viele private Initiativen hätten dazu einen Beitrag geleistet. Der Historiker ist ein ausgewiesener Experte für die Zeit des Nationalsozialismus. In seinem jüngsten Buch „Sichtbar Machen“ hat Brettl Orte und Zeichen des Gedenkens an NS-Opfer im Burgenland dokumentiert.
Deutlich mehr als 20.000 Menschen sind in den sieben Jahren des Tausendjährigen Reichs auf burgenländischem Boden zu Tode gekommen: Rund 8.000 Roma und Sinti sowie 1.300 Juden; was politisch Verfolgte (116 Personen) und Opfer der „Euthanasie“ (354) betrifft, kann Brettl sogar exakte Zahlen nennen. Dazu kommen Kriegsgefangene, allein im Lager Kaisersteinbruch kamen 10.000 Soldaten ums Leben. Und mindestens 2.000 ungarische Juden wurden als Zwangsarbeiter malträtiert, etwa beim Bau des Südostwalls.
Rund 250 Erinnerungszeichen hat Brettl versammelt, von „Stolpersteinen“ über Gräber von Sowjetsoldaten bis zu künstlerisch gestalteten Mahnmalen. Der Halbturner war im ganzen Land unterwegs und hat auch bisher kaum wahrgenommene Hinweise auf NS-Opfer, wie nachträgliche Inschriften auf Grabsteinen, aufgenommen.
Noch viele weiße Flecken
Von den 328 Ortschaften im Land (viele der 171 Gemeinden haben mehrere Ortsteile) wurde Brettl in rund 80 Ortschaften fündig. Dabei ist der Historiker überzeugt, dass in (fast) jeder burgenländischen Ortschaft NS-Opfer zu beklagen waren. Aber während sich in jedem Ort ein Kriegerdenkmal für die gefallenen Soldaten finde, werde an die von NS-Schergen ermordeten Menschen längst noch nicht überall erinnert. Brettl möchte sein neues Werk deshalb auch als Anstoß für Gemeinden verstanden wissen, die sich bisher noch nicht mit der NS-Zeit befasst haben.
Buchpräsentation: Mittwoch, 25. Oktober (19 Uhr) im Dorfmuseum Mönchhof; Freitag, 24. November (19 Uhr) in der Zentralmusikschule Oberwart.
Kommentare