G1: Lebensader für südliche Pendler
„Seit neun Jahren bin ich mit der Linie G1 unterwegs“, sagt Anita Kovacsits und öffnet die Bustür am Hauptplatz in Oberwart. Busfahrerin ist sie zufällig geworden: „Ich hatte einen Gutschein für die Fahrschule und hab dann gleich auch den Busschein gemacht“, sagt Kovacsits, dann habe eines das andere ergeben. „400 Kilometer fahre ich pro Dienst. Start ist um 3.35 Uhr in Güssing, und um halb eins zu Mittag bin ich zu Hause“, sagt die Buschauffeurin. Mehr als 1300 Fahrgäste sind pro Tag mit der Linie G1 vom Südburgenland nach Wien unterwegs.
Alternativen gewünscht
Edi Posch aus Pinkafeld ist seit August Stammgast. Er nutzt die rund zwei Stunden Wegzeit von seiner Haustür zum Büro mit Arbeit – wenn er einen Platz an einem Tisch ergattert. „Auf den normalen Sitzen ist das Arbeiten mit Laptop nur eingeschränkt möglich.“ Posch fährt meistens zwischen 8 und 9 Uhr Vormittag, angesichts dieser relativ späten Uhrzeit verstößt er auch gegen das „ungeschriebene G1-Gesetz“: Telefonieren im Pendlerbus ist nämlich gar nicht gern gesehen – vor allem in der Früh. „Letztens wurde ich doch tatsächlich um 9.30 Uhr gefragt, ob ich nicht später telefonieren kann.“ Nicht nur deshalb wünscht sich der 33-Jährige Alternativen zur Buslinie, konkret eine Bahnverbindung.
Derselben Meinung ist auch Marcus Wagner . Er pendelt seit fünf Wochen fünf Mal pro Woche nach Wien und würde sofort auf die Bahn umsteigen, wenn es denn eine gäbe. „Das werden wir aber nicht mehr erleben“, sagt der Hannersdorfer und verweist auf ein weiteres Problem mit der Buslinie G1: „Im Gegensatz zur steirischen Südburg gibt es im Burgenland Wochentickets nur von Montag bis Montag. Ich habe aber flexible Arbeitszeiten und muss auch in einem anderen Wochenrhythmus nach Wien, da gibt es für mich kein Angebot.“
Geld vom Land
Seit der Personenverkehr auf der Bahnlinie eingestellt wurde, ist die Linie G1 die einzige Möglichkeit, mit öffentlichen Verkehrsmitteln vom Südburgenland nach Wien zu kommen. Auch die Flixbus-Linie ab Oberwart war nur von kurzer Dauer.
Das Land lässt sich die Busverbindung einiges kosten: Bis zu 2,5 Millionen Euro werden pro Jahr für die Stützung der Wochen- und Monatskarten ausgegeben. Die Dauer-Fahrgäste tragen damit nur 50 Prozent der tatsächlichen Kosten selbst – die andere Hälfte finanziert die öffentliche Hand. Die Zahl der Fahrgäste ist von 315.144 im Jahr 2004 auf 463.769 im Jahr 2017 gestiegen – ein Plus von 47 Prozent.
Wegen der Subventionierung muss der Betrieb der Buslinie 2019 europaweit neu ausgeschrieben werden. „Wir wollen uns auf jeden Fall wieder bewerben, wie das ausgeht, können wir aber noch nicht abschätzen“, sagt Werner Gumprecht, Abteilungsleiter und Geschäftsführer der Buslinie G1.
Kovacsits gefällt ihr Job als Busfahrerin. Der großen Verantwortung für die Fahrgäste sei sie sich bewusst. „Ich fahre sehr vorausschauend. Wenn man dauernd an die Verantwortung denkt, fährt man unsicher“, sagt Kovacsits. Deshalb können Fahrgäste wie Denise Hagenauer aus Oberwart die Fahrzeit sinnvoll nutzen: „Beim Rausfahren schlafe ich – und beim Heimfahren hoffe ich, dass niemand neben mir schnarcht.“
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