Forstwirtschaft: „Es geht um die Existenz“
Seit 20 Jahren ist Herbert Stummer im Geschäft. „Aber so schlimm war es noch nie“, sagt der Geschäftsführer des burgenländischen Waldverbandes zur aktuellen Situation der Forstwirtschaft in der Corona-Krise. Stillstehende Sägewerke, kein Bedarf an Schnittholz für Baustellen, Katastrophenstimmung im wichtigsten Exportland Italien – und jetzt kommt auch noch der Borkenkäfer.
„Ab 16 Grad Durchschnittstemperatur legt er los. Viele Fichten sind wegen des geringen Niederschlags geschwächt. In Niederösterreich ist die Situation aber weitaus schlimmer als bei uns“, sagt Stummer.
„Es ist wirklich Katastrophe pur“, kommentiert Franz Fischer, Obmann des nö. Waldverbands. Denn die warmen Temperaturen locken nicht nur die Nützlinge. „Im Moment sind es nur einzelne Schwärme, weil die Nächte noch so kalt sind“, sagt Fischer.
Keine Entspannung
Die Situation wird aber auch heuer wieder – das vierte Jahr in Folge – dramatisch, Entspannung sehen er sowie seine Kollegen keine: „Der Winter war wieder trocken. Dem Wald fehlt das Wasser, den Bäumen der Saft, sie sind geschwächt, daher hat der Käfer ein leichtes Spiel.“
Die Holzpreise, die ohnehin in den vergangenen drei Jahren um zwei Drittel gefallen sind (derzeit liegt er für Käferholz bei rund 30 Euro pro Festmeter), drohen weiter abzustürzen. Die Schäden pro Waldbesitzer betragen laut Obmann Fischer oft hunderttausende Euro. Der Gesamtschaden in Niederösterreich belaufe sich mittlerweile auf mehrere hundert Millionen Euro. Die Kosten für die Holzernte seien viel höher als die Erlöse, für viele gehe es um die Existenz.
Holz bleibt länger liegen - und wird weniger wert
Die befallenen Fichten müssen aus den Wäldern abtransportiert werden, damit sich der Käfer nicht noch weiter durch sie durch frisst. „Gleichzeitig bleibt das geschlägerte Holz aufgrund der Situation aber länger liegen, wird blau und erleidet den nächsten Qualitätsverlust“, sagt Stummer. Wegen der Corona-Krise stockt auch die Holzindustrie, die das Holz kauft und verarbeitet.
Der wichtigste Export-Markt für Österreich ist Italien. „Der ist derzeit nahezu gesperrt – wir können zwar liefern, falls überhaupt etwas nachgefragt wird –, die Kosten dafür sind aber doppelt so hoch“, sagt Franz Kirnbauer, WKNÖ-Spartenobmann der Holzindustrie. Kirnbauer bestätigt, dass im Moment weniger produziert wird: „Wir müssen die Kapazitäten anpassen und die Werke auf Sicht fahren. Außerdem müssen die Schichten auseinandergezogen werden, wegen des Sicherheitsabstands.“
Was den Holzpreis betrifft, sei man derzeit in einer Warteposition: „Es ist noch nicht absehbar, ob wir die Preise hinterher korrigieren müssen; wir haben mehr Aufwand in den Betrieben.
Wir hoffen aber darauf, dass nach Ostern der Handel mit Italien wieder Schritt für Schritt aufgenommen werden kann“, betont Kirnbauer. Bis Mai oder Juni, wenn der Borkenkäfer voll aktiv ist, werden „wir die Märkte wieder hochfahren können“, zeigt er sich zuversichtlich.
Bauernbund fordert Abnahmepflicht
Was die heimische Forstwirtschaft betrifft, wird nicht nur an der Borkenkäfer-Front gekämpft. Der Bauernbund kämpft auch gegen Holzimporte aus dem Ausland – allen voran Tschechien – an. Losgetreten hat die Diskussion kürzlich der nö. Bauernbundobmann Stephan Pernkopf mit einem Kommentar in der Bauernzeitung, in dem er den Importstopp fordert. Wenn die Industrie nicht freiwillig Partner der Bauern sein wolle, dann „machen wir das gesetzlich“.
Unterstützung kommt von Georg Strasser, Präsident des österreichischen Bauernbundes: „Das Team Österreich hilft in der Corona-Krise zusammen – aber in diesem Sektor nicht. Wir können das nur gemeinsam stemmen.“ Waldbesitzer sind behördlich aufgefordert, Schadholz aus dem Forst zu entfernen, blieben aber darauf sitzen. Strasser könnte sich eine Abnahmeverpflichtung für die Industrie vorstellen.
Dagegen hält zum Beispiel WKNÖ-Spartenobmann Franz Kirnbauer: „Die nö. Holzindustrie verarbeitet rund fünf Millionen Festmeter im Jahr, der nö. Forst liefert uns rund 2,45 Millionen.“ Dieses Delta werde durch Importe ausgeglichen. Es gebe eine Vereinbarung zwischen Forst- und Holzindustrie, dass primär „unser“ Holz verarbeitet werde, „die ist nach wie vor intakt“.
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