In der tiefschwarzen Landeshauptstadt mit gut 15.000 Einwohnern – 2017 erreichte die ÖVP 17 der 29 Mandate und Steiner bei der Bürgermeister-Direktwahl 60,3 Prozent – hat sich Doskozil für die neue SPÖ-Spitzenkandidatin Charlotte Toth-Kanyak besonders stark engagiert. Dennoch zweifelt selbst unter den Genossen niemand daran, dass der seit 2011 regierende Steiner auch nach dem Wahltag im Rathaus bleibt und Toth-Kanyak als Direktorin in der Volksschule. Für Steiner wäre es eine kleine, späte Revanche für die Landtagswahl 2020: Damals blieb er als ÖVP-Spitzenkandidat gegen den absoluten Wahlsieger Doskozil chancenlos.
Das zeigt nicht nur, dass es die ÖVP in den Gemeindestuben des Burgenlandes viel heimeliger hat als im Landhaus, sondern auch die Eigengesetzlichkeit der politischen Ebenen.
Es gebe keine empirische Evidenz für den Einfluss überregionaler oder gar nationaler Themen auf Kommunalwahlen, lautet der allgemeine Befund von Meinungsforschern. Peter Hajek, mit dem Burgenland bestens vertrauter Analytiker und Demoskop, sagt es trockener: „Das sind lokale Wahlen.“
277.477 Personen sind bei der Kommunalwahl in allen 171 Gemeinden des Landes stimmberechtigt. Begonnen hat der Urnengang gestern, Freitag, mit einem vorgezogenen Wahltag; ausgezählt werden auch diese Stimmen erst am 2. Oktober. Auf getrennten Stimmzetteln werden Gemeinderat und – bereits seit 1992 – per Direktwahl die Bürgermeister gewählt. Die SPÖ, die 2017 nur noch hauchdünn vor der ÖVP lag (siehe Grafik), möchte den Abstand zum ungeliebten Konkurrenten diesmal wieder vergrößern.
Das könnte klappen, aber massive Veränderungen sind kaum zu erwarten.
Den Unterschied soll Doskozil ausmachen, der in vielen Gemeinden mit den SPÖ-Kandidaten auf Plakaten posiert. Zwar werde das gewiss nicht überall ausreichen, aber, so ein Intimus der Volkspartei, die ÖVP habe außer den lokalen Kandidaten „nichts aufzubieten“. 2017 hatte Sebastian Kurz die Funktionäre beflügelt, diesmal fehle der Rückenwind. Ergebnis halten, lautet deshalb das ÖVP-Ziel.
Nur die SPÖ tritt in allen Gemeinden an, die ÖVP in fast allen. Abgeschlagen FPÖ, Grüne, Neos, MFG und „Klartext“. Außerdem haben 72 Bürgerlisten, die zu keiner Partei gehören, Wahlvorschläge eingebracht. Aus diesen Listen rekrutieren sich auch die paar Bürgermeister abseits von SPÖ und ÖVP; etwa in den früheren roten Hochburgen Parndorf und im Kurort Bad Sauerbrunn.
Aufreger waren rar im Wahlkampf: In der Blaufränkischgemeinde Deutschkreutz trat Listenbürgermeister Manfred Kölly im Vorjahr zurück: Er hatte 2017 bei der Wahl manipuliert und war verurteilt worden – nach Auslaufen der Sperrfrist will der 68-Jährige noch einmal Ortschef werden. Und FPÖ-Klubchef Hans Tschürtz will in Mattersburg mit einer den Blauen zurechenbaren Liste ums Rathaus kämpfen. Dass er sich anfangs die Wahlplakate vom Klub finanzieren lassen wollte, brachte ihm eine – anonyme – Anzeige beim Parteien-Transparenz-Senat ein.
Kurioses rund um die Wahl
Manche der 72 Bürgerlisten bestehen nur aus einer Person, andere nur scheinbar. Die fünf Kandidaten der „Liste Hamerl Unabhängig“ aus Kleinmürbisch heißen alle Hamerl. Die kleinste Auswahl haben die Wähler in Tschanigraben, ebenfalls im Bezirk Güssing. In der mit knapp 70 Einwohnern kleinsten Gemeinde tritt nur die SPÖ an.
In Edelstal (Bezirk Neusiedl am See) kehrt ein alter Bekannter nach 15 Jahren Pause in die Gemeindepolitik zurück. Der 81-jährige frühere Bürgermeister Anton Moritz tritt für die SPÖ als Spitzenkandidat an.
Keine Konkurrenz haben die Bürgermeisterkandidaten der SPÖ in Baumgarten (Bezirk Mattersburg), Mühlgraben (Bezirk Jennersdorf), Stoob (Bezirk Oberpullendorf), Bocksdorf, Heugraben und Neustift bei Güssing (Bezirk Güssing) sowie der ÖVP in Bildein (Bezirk Güssing) und Leithaprodersdorf (Bezirk Eisenstadt-Umgebung).
520 Ortsparteien und Bürgerlisten treten insgesamt an.
12.000 Burgenländer möchten in den Gemeinderat und 420 ins Bürgermeisteramt.
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