Hans Peter Doskozil, der pannonische Populist

© APA/HANS KLAUS TECHT
Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hat bundesweit wieder einmal für mehr Aufsehen gesorgt als seine Bundespartei.
Als vor wenigen Tagen in der Ö1-Sendung „Klartext“ über Wege aus der Krise diskutiert wurde, musste sich Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen mit einem SPÖ-Vertreter öffentlich matchen. Es war allerdings nicht Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner, die dazu von der Redaktion in die Sendung geholt wurde, sondern ihr innerparteilicher Gegner aus Eisenstadt, Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.
Eine ungewöhnliche Paarung, wenn es um Gesamtösterreich geht. Aber bezeichnend. Während die Bundesparteichefin derzeit in erster Linie durch die – auf der Schwäche der ÖVP fußenden – guten Umfragewerte der SPÖ punktet, setzt Doskozil thematische Akzente. Er ruft den Verfassungsgerichtshof an, um den Polit-Einfluss aus dem ORF zu drängen. Er geißelt die Flüchtlingspolitik des ÖVP-Innenministers. Er fordert eine Gewinnabschöpfung bei Energieversorgern.
Als er bei seinem Landesparteitag in Oberwart der SPÖ-Führung, repräsentiert von Pamela Rendi-Wagner und ihrem Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, nahelegte, sich mehr um Themen zu kümmern, wurde das mit einem eher gequälten Lächeln zur Kenntnis genommen. Dass Rendi-Wagner die Spitzenkandidatin für die kommende Nationalratswahl sein soll, kam Doskozil nicht über die Lippen. Dabei gilt das in Wien mittlerweile als unumstößlich.
Es war jener Parteitag, an dem er verkündete, für die burgenländischen Kinder Ski-Ausrüstungen und Musikinstrumente zu beschaffen. Gleichzeitig warf er ein Plakatierverbot für Parteien in den Raum. „Das ist doch reiner Populismus“, war danach von Funktionären aus in Wien zu hören.
In Eisenstadt ignoriert man den abschätzigen Unterton im Wort „Populismus“. Da sieht man sich an der Seite des Volkes und verweist in Richtung Wiener Parteizentrale darauf, dass nicht nur angekündigt, sondern auch umgesetzt werde. Oder wie es Politexperte Thomas Hofer formuliert: „Doskozil hat ein gutes Gespür für Themen“, der eigenmächtige Burgenländer sei deswegen auch für Rendi-Wagner „ein Stachel im Fleisch“.
Rund um das Herzstück des Mindestlohns von 1.700 Euro netto im Landesdienst und ausgelagerten Landesgesellschaften baut der Landeshauptmann seit mehr als vier Jahren an seinem roten Musterland. Pflegende Angehörige werden angestellt, billige Landeswohnungen sollen errichtet und der öffentliche Verkehr bis in den letzten Winkel des Landes geführt werden.
Seine Gegner sprechen in der Zwischenzeit von einem „dunkelroten Bundesland“, das kommunistischer geführt werde als die steirische Landeshauptstadt Graz, weil sich die Landesführung immer mehr Bereiche einverleibe, die bisher privatwirtschaftlich geregelt waren.
Das Thema Mindestlohn schmerzt die Bundespartei ganz besonders, weil man sich dort noch immer nicht zu so einer radikalen Forderung durchringen konnte.
Aber taugt das burgenländische Muster als Massenprodukt oder bleibt es bloß beim Minimundus am Neusiedler See? Zwar beziehen mittlerweile rund 1.600 Mitarbeiter des Landes und ausgelagerter Gesellschaften den Mindestlohn, auch ein Großteil der Gemeinden hat ihn – oft mit Zähneknirschen – übernommen, aber in der Privatwirtschaft konnte er noch nicht Fuß fassen. Erst jüngst gelang es dem Land aber im Zuge einer Novelle des Kehrgesetzes, die 1.700 Euro netto bei Rauchfangkehrern zu etablieren.
Von den rund 5.600 infrage kommenden Pflegegeldbeziehern rechnete das Land anfangs mit 600 Angehörigen, die sich anstellen lassen würden. Tatsächlich sind es aktuell 236. Die Gesellschaft des Landes für den sozialen Wohnbau lässt noch auf sich warten und die ebenfalls eigens gegründete Gesellschaft für den öffentlichen Verkehr lässt kleine private Busbetreiber um ihre Existenz bangen.
Der pannonische Fundamentalismus ist also teilweise noch im Projektstatus. Dennoch wird Doskozil nicht müde, der Bundespartei den burgenländischen Weg zu empfehlen. Nicht direkt, sondern über Ansagen in Interviews. Dass er da ziemlich allein auf weiter Flur bleibt, sieht Politikexperte Hofer als „mangelhafte strategische Aufstellung“.
Denn Doskozil würden „die Flügelspieler“ fehlen, die seine Vorlagen in den Strafraum der Bundes-SPÖ spielen. Weil aber kein anderer, einigermaßen gewichtiger Landesparteichef oder Bundespolitiker für ihn laufe, stürme Doskozil höchstselbst durch die Mitte und bleibe dann innerparteilich in der Abwehr stecken.
Dass keiner für ihn läuft, hängt vermutlich auch daran, dass keiner weiß, was er will. Fragen, ob er Spitzenkandidat der SPÖ bei der Nationalratswahl sein will, weicht er aus, um sie verklausuliert doch zu beantworten: Er sei überzeugt, die SPÖ „weiß, mit wem sie Wahlen gewinnt“. Sicher ist, dass Pamela Rendi-Wagner in Eisenstadt nicht für diese Person gehalten wird.
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