Seit 20. Februar 2020 ist Sagartz (40) geschäftsführender Obmann der ÖVP. Wenige Wochen nach einer für die ÖVP enttäuschenden Landtagswahl löste der frühere Landesgeschäftsführer und Klubchef Thomas Steiner an der Parteispitze ab. Steiner hatte zwar leicht dazugewinnen können und die Volkspartei zumindest wieder über die 30-Prozent-Marke gehievt, aber angesichts des Rekordrückstands von 19,3 Prozent auf die absolut regierende SPÖ war die ÖVP am Boden.
Unmittelbar nach seiner Kür durch den Landesparteivorstand 2020 – die Wahl durch Delegierte des Landesparteitags folgt coronabedingt erst am 25. Juni 2021 – hatte Sagartz schon die neue Order ausgegeben: Die ÖVP müsse einen „konsequenteren Oppositionskurs“ fahren und der SPÖ-Alleinregierung mit „noch wachsameren Augen“ auf die Finger schauen.
Das ist zwar passiert – aber Sagartz war nicht dabei. Denn wenige Wochen vor seinem Sprung an die Parteispitze wechselte er vom Landtag ins Europaparlament. Im Burgenland war Sagartz zuvor Chef des 11-köpfigen ÖVP-Klubs, in Brüssel ist er einfacher Abgeordneter, einer von sieben der ÖVP-Delegation, einer von 705 im Parlament.
Wenn Sagartz sagt, „die ÖVP ist in der Oppositionsrolle angekommen“, trifft das allenfalls auf die türkisen Mitglieder im Commerzialbank-Untersuchungsausschuss zu: Seine rechte Hand, Landesgeschäftsführer Patrik Fazekas, Klubobmann Markus Ulram – und Steiner.
Überhaupt ist der Eisenstädter Bürgermeister, der in der Landeshauptstadt absolut regiert, seit seiner Ablöse durch Sagartz derart umtriebig (zuletzt wurde er Präsident des Hilfswerks und im Landtag Bereichssprecher für Pflege), dass mancher in der Partei ätzt: „Wenn sich Steiner vor der Landtagswahl 2020 ebenso sehr ins Zeug gelegt hätte, wäre ein besseres Ergebnis drin gewesen“. Sprich: Die ÖVP hätte die rote Absolute verhindern können.
Tatsächlich hatte Steiner vor der Landtagswahl seine Spitzenkandidatur lange offengelassen, was man ihm auch als mangelnden Biss auslegen konnte.
Diesen Fehler will Sagartz vermeiden. Der Parteiobmann sei auch Spitzenkandidat, avisiert Sagartz schon jetzt sein Antreten bei der Landtagswahl 2025. Steiner „bringt sich ein“, sagt Sagartz, er begrüße das und verstehe sich sehr gut mit seinem Vorgänger. Welches Ergebnis er sich beim Parteitag im Juni erwartet, will Sagartz nicht verraten, ein Online-Parteitag sei schließlich ein Novum. Steiner kam 2019 beim letzten Präsenz-Parteitag auf 97,4 Prozent.
Das böse Erwachen folgte bei der Landtagswahl. Die Wahlforscher von Sora haben damals erhoben, dass für 37 Prozent der SPÖ-Wähler Doskozil Hauptgrund für ihr Kreuzerl war, aber nur für 11 Prozent der ÖVP-Wähler war Steiner ausschlaggebend.
Das alte Problem der ÖVP im Burgenland: Es findet sich kein Kandidat, der mobilisiert. Ob‘s Sagartz aus der Ferne schafft?
Im Landessüden geht es politisch heiß her
Derweil gab es im Südburgenland einen überraschenden Rücktritt: Bernhard Hircyz (ÖVP) bleibt im Bundesrat, zieht sich aber aus der Gemeindepolitik zurück. Dort war er glücklos.
Angetreten ist der Tischlermeister 2017 mit dem Anspruch, die Vorherrschaft der ÖVP in Jennersdorf fortzusetzen – sein Vorgänger Willi Thomas war 24 Jahre Stadtchef.
Stattdessen musste Hirczy das Amt an Reinhard Deutsch (Liste JES) abgeben und als Stadtrat in die zweite Reihe zurücktreten. Die ÖVP blieb mit 10 Mandaten zwar stärkste Fraktion im Gemeinderat, verlor aber fünf Sitze. Jetzt hat der 38-jährige ÖVP-Politiker seinen Rückzug aus allen kommunalpolitischen Ämtern verkündet. Als Bundesrat und Bezirksparteiobmann will er aber bleiben, wie Hirczy im KURIER-Gespräch sagt.
Mit den Vorwürfen gegen ihn habe sein Rückzug aus dem Rathaus aber nichts zu tun, so Hirczy.
Kein Gemeinderatsbeschluss für Grundstückstausch?
JES und die SPÖ stoßen sich an einem Grundstückstausch zwischen Gemeinde und einem Landwirt im Jahr 2016, der erst jüngst ruchbar geworden sei.
Grundstücke getauschtHirczy war damals Vizebürgermeister und Geschäftsführer der abwickelnden „Wirtschaftsförderungsgesellschaft für die Gemeinde Jennersdorf GmbH“. JES-Bürgermeister Deutsch meint, es habe für den Tausch keinen Gemeinderatsbeschluss gegeben, zudem sei der Wert der Grundstücke nicht verhältnismäßig gewesen.
Hirczy weist die Vorwürfe zurück, es habe einen einstimmigen Beschluss des Stadtrates für den Tausch zwecks Hochwasserschutz gegeben und er habe alle Unterlagen vorgelegt. Hirczy: „Ich bin sehr entspannt“. Noch gibt es keine Anzeige gegen Hirczy, aber dass sich die anderen Parteien an die Justiz wenden, scheint nur eine Frage der Zeit.
Hirczy begründet seinen kommunalpolitischen Abschied damit, dass die Liste JES alle seine Vorschläge blockiere und er deshalb vor der 2022 anstehenden Kommunalwahl für einen Neustart Platz mache. Vizebürgermeisterin Gabriele Lechner wird wohl Spitzenkandidatin der ÖVP. Und Hirczy könnte 2025 noch einmal für den Landtag kandidieren, sagt er.
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