Das Südburgenland sucht seine Visionen

Das Südburgenland sucht seine Visionen
Blick in die Zukunft. TU-Studenten entwickeln neue Ideen für die Region / Sechs Projekte für Oberwart präsentiert

Die beiden südlichen Bezirkshauptstädte Oberwart und Güssing stehen vor einem gemeinsamen Problem: Wohin soll sich die Stadt und damit die umliegende Region entwickeln, wo liegen die Chancen für die Zukunft, welche Potenziale gilt es zu heben?

Bei der Suche nach den Antworten setzen die Verantwortlichen auf den Blick von außen: Wiener und Grazer TU-Studenten haben die Regionen analysiert und neue Ideen entwickelt. In Güssing werden diese kommenden Samstag präsentiert (siehe Zusatzbericht unten). Für den Bezirk Oberwart liegen bereits sechs Konzepte auf dem Tisch, die in Zusammenarbeit mit der TU Wien, dem Regionalmanagement Burgenland (RMB) und dem Offenen Haus Oberwart entwickelt wurden.

- Regionale Nahversorgung

Im Projekt wurde die Nahversorgung im Bezirk Oberwart analysiert, nur 15 von 32 Gemeinden haben einen Supermarkt. Dieser liegt oft am Ortsrand und ist nur für knapp zwei Drittel der Bürger zu Fuß oder per Rad erreichbar. Um die optimale Erreichbarkeit zu steigern, schlagen die Studenten vor, in Gasthäusern kleine Nahversorger-Ecken einzurichten, das würde die Erreichbarkeit auf über 90 Prozent steigern.

- Gesunder Bezirk

Die Region Oberwart als Gesundheitszentrum für Ostösterreich. Diese Vision zielt auf die Potenziale des Kurorts Bad Tatzmannsdorf, der Naherholungsgebiete und der FH Pinkafeld ab. Die Studenten schlagen vor, die aktive Mobilität der Bürger zu stärken, indem wichtige Straßenverbindungen zwischen den Ortschaften mit baulich getrennten Radwegen aufgewertet werden.

- Umweltschutz

Um eine Vorreiterrolle beim Umweltschutz einzunehmen, schlagen die TU-Studenten die Reaktivierung der Bahnlinie vor. Das hatte übrigens eine spontane Beifallsbekundung des zahlreich im OHO erschienenen Publikums zur Folge. Weiters regen die Studenten an, wieder mehr auf kleinere Biomasseanlagen zu setzen. Die Kernaussage des Projekts: Um eine Region nachhaltig zu entwickeln, braucht es überregionale Entwicklungspläne.

 

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Auch Landesrat Hans Peter Doskozil war bei der Veranstaltung vor Ort

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Im Offenen Haus Oberwart wurden die Projektideen der Studenten präsentiert

Landflucht in die Zentren

Diese Gruppe beschäftigte sich mit einem heiklen Thema, nämlich mit der demografischen Entwicklung. Schrumpfungsprozesse sollten zugelassen werden, es mache keinen Sinn, in schrumpfenden Gemeinden neues Bauland zu widmen. In wachsenden Gemeinden wiederum sollten genaue Siedlungsgrenzen festgelegt werden, um die Zersiedelung zu vermeiden.

- Landwirtschaft weiter denken

Eine weitere Vision für den Bezirk Oberwart liegt in der innovativen Landwirtschaft. Die Studenten schlagen vor, auf neue landwirtschaftliche Nischenprodukte wie Hanf, Algen, Pilze oder Bambus zu setzen und im Bezirk Forschungsprojekte sowie Konzepte mit Vorbildcharakter zu entwickeln.

- Regionale Dorferneuerung

Etwas vage, dafür umso philosophischer mutet die Vision an, den Bezirk Oberwart als Glücksregion zu positionieren. Der Vorschlag lautet, das „Erfolgskonzept der Dorferneuerung“ auf regionale Ebene zu heben und regelmäßige Zukunftskonferenzen zu veranstalten, damit sich die einzelnen Akteure besser vernetzen.

Die Initiative für das Projekt kam vom Regionalmanagement in Person von Gerhard Pongracz, der gemeinsam mit OHO-Geschäftsführer Alfred Masal auf der Suche nach neuen Ideen für den Raum Oberwart war. Gemeinsam mit der TU Wien wurden 31 Studenten beauftragt, die Region genau zu analysieren. Auf dieser Basis wurden dann die am Montag präsentierten Visionen entwickelt.

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Güssing will auch am Image der erneuerbaren Energie weiterarbeiten. Die Stadt hat rund 3750 Einwohner und acht Ortsteile

Stadtentwicklungskonzept für Güssing

Die Stadtgemeinde Güssing holt sich mit Studenten der Fachhochschule Joanneum und Schülern der HTL Pinkafeld „einen anderen Blick auf die Stadt“, wie Bürgermeister Vinzenz Knor (SPÖ) erklärt.  Das Projekt leiten die beiden Architekten und HTL-Professoren Irene Berto und Benjamin Sasdi, die selbst in Güssing leben. „Als Bewohner und Architekten haben wir gesehen, dass der Stadt etwas fehlt“, sagt Berto. Gemeinsam mit der Gemeinde wurde  das Projekt „Urban Feeling“ gestartet. Dabei sind Schüler der HTL Pinkafeld und Studenten des Master-Studiengangs Architektur der FH Joanneum. Im Oktober waren 17 Studenten und Schüler mehrere Tage in der Gemeinde unterwegs, um sich ein Bild des Bezirksvororts zu machen. Die entwickelten Ideen, sollen diesen Freitag in  Güssing der Bevölkerung präsentiert werden.
 

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Benjamin Sasdi und Irene Berto haben das Projekt in Güssing gestartet

Flying Fox 

Darunter ist etwa die Aktiv Stadt: „Dabei haben die Studenten verschiedene Möglichkeiten für sportliche Aktivitäten in der Stadt ausgearbeitet“, sagt Sasdi.  Hier könnten sich die angehenden Architekten etwa einen Kletterparcours auf der Burg vorstellen, oder einen Flying Fox (Seilrutsche) von der Burg zu den Fischteichen. „Übers Jahr soll es verschiedene Aktivitäten geben, die den Tourismus ankurbeln, aber auch für die Bevölkerung sein sollen“, sagt Sasdi. 

 


Eine weitere Vision hat den Titel „Biennale des Begreifens“, die auf das Ökoenergieland abgestimmt ist. Die Themen Ökologie und Nachhaltigkeit sollen für Besucher erlebbar gemacht werden. Ein geführter Weg soll die Interessierten durch die Stadt führen, auch Ausstellungen sind geplant.  
Alle sechs Visionen werden in 24 Schaufenstern der Innenstadt bis zum 24. Februar zu sehen sein. „Die Besucher können sich selbst ein Bild machen und wir werden in einem Infopoint für Fragen und Diskussionen zur Verfügung stehen“, sagen Berto und Sasdi.  Die Ausstellungsflächen in der Stadt sind mit farbigen Scheinwerfern  markiert. 

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Die ausgestellten Projekte werden in leerstehenden Geschäften präsentiert, die farbige Beleuchtung soll darauf aufmerksam machen

„Die Ideen  der Bevölkerung  werden dann noch eingearbeitet, 2020 gibt es wieder eine Präsentation“, erklärt Knor.   Das Projekt hat die   Stadtgemeinde mit knapp 40.000 Euro budgetiert.  „Es sind einige Sachen dabei, die wir uns näher anschauen werden“, sagt Knor.
Roland Pittner
 

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