Commerzialbank-Gutachten als „Verlustgeschäft“

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3,6 Mio. Euro kosten die 600 Seiten des Sachverständigen. Viel Geld, oder doch nicht?

Über das Innenleben der Commerzialbank Mattersburg weiß – mit Ausnahme der früheren Bankvorstände Martin Pucher und Franziska Klikovits – vermutlich niemand so genau Bescheid wie Karl Hengstberger.

Der renommierte Wirtschaftsprüfer und Steuerberater hat im Auftrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ein umfassendes Sachverständigengutachten zur Pleitebank vorgelegt.

Auf fast 600 Seiten werden der „nicht reale Geldkreislauf“ in der Bank, „fingierte Kreditkonten“ und „Bargeldübergaben“ dargestellt (der KURIER hat berichtet).

Schon drei Tage nach der behördlichen Schließung der Bank im Juli 2020 wurde Hengstberger von der WKStA mit der Beantwortung von sieben grundlegenden Fragen beauftragt. Seit Ende April 2025 liegt das Gutachten vor.

Für die jahrelange Arbeit gibt’s auch gutes Geld: fast 3,6 Millionen Euro inklusive Umsatzsteuer.

Hengstberger kann darüber nur grimmig lachen: Insgesamt hätten rund 15 Leute am Gutachten gearbeitet, für ihn sei das „ein reines Verlustgeschäft“, sagt Hengstberger zum KURIER. Er habe viele Leistungen gar nicht verrechnet, sonst wären die Kosten ums Drei- oder Vierfache höher gewesen.

Ist die Erstellung eines Gutachtens im größten Wirtschaftsskandal des Burgenlandes dann zumindest symbolisch ein Gewinn – bringt es Renommee? „Renommee ist mir wurscht“, winkt Hengstberger ab. „Ich mache diese Arbeit seit 35 Jahren, da brauche ich kein Renommee mehr“.

Tatsächlich relativieren sich die 3,6 Millionen, wenn man sie anderen Summen aus der Commerzialbank gegenüberstellt. Um einen Schaden von 70 Millionen Euro geht es im aktuellen Verfahren am Landesgericht Eisenstadt. In Summe schätzt die WKStA den von Pucher & Co in Jahrzehnten verursachten Schaden auf zumindest 600 Millionen Euro. Mehr als 400 Gläubiger haben Forderungen von rund 820 Millionen Euro angemeldet.

Bis zum Ende der Commerzialbank hat es von den Wirtschaftsprüfern der Bank Jahr für Jahr uneingeschränkte Bestätigungsvermerke auf die Bilanzen gegeben. Auf diesen vermeintlichen Persilschein berufen sich auch angeklagte Ex-Aufsichtsräte der Bank: „Wenn für die Wirtschaftsprüfer alles in Ordnung war, wie hätte ich dann erkennen können, dass etwas faul war?“

Von 2014 bis Juli 2020 hat die Commerzialbank für Interessen- und Rechtsvertretung (inklusive Wirtschaftsprüfer) in Summe 7,8 Millionen Euro ausgegeben.

Wofür eigentlich?

Bleibt noch die Frage, wer das Honorar für das Hengstberger-Gutachten begleicht?

In der Strafprozessordnung heißt es in § 381, auch „die Gebühren der Sachverständigen“ seien von den rechtskräftig Verurteilten zu ersetzen. Allerdings sind so gut wie alle der bisher Angeklagten mehr oder weniger mittellos, ihr Vermögen wurde zur Schadensminderung verwertet. 

Also wird wohl der Steuerzahler einspringen.

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