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Commerzialbank-Ausschuss als Schuss ins Knie
Pucher blieb dem Ausschuss fern, die Mandatare kennen das kleine Einmaleins der Verfahrensordnung nicht
Der erste spannende Tag im Untersuchungsausschuss zur Commerzialbank begann mit einer EnttÀuschung: Martin Pucher, Hauptbeschuldigter im Ermittlungsverfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), hatte sich mit einem Àrztlichen Attest entschuldigt.
Und es wurde immer schlimmer.
Am Vormittag waren zwei Whistleblower geladen, um ĂŒber ihre aus 2015 und Anfang 2020 stammenden und im Sand verlaufenen anonymen Anzeigen ĂŒber dubiose VorgĂ€nge in der Bank zu berichten. Allein: Der erste Whistleblower ĂŒberraschte den Ausschuss mit dem Bekenntnis, gar keiner zu sein. Der zweite hatte zwar in der Vergangenheit eine anonyme Anzeige verfasst, er informierte die Abgeordneten dann aber im Wesentlichen nur ĂŒber vorsintflutliche Arbeitsweisen in der Bank.
Die Befragung von ĂVP-Finanzminister Gernot BlĂŒmel wurde fĂŒr die Ausschussmitglieder dann zum Waterloo. Flehentlich wiesen Verfahrensrichter Walter Pilgermair und Verfahrensanwalt Michael Kasper immer wieder aufs kleine Einmaleins der Verfahrensordnung hin.
âIch ersuche Sie eindringlich beim Untersuchungsgegenstand zu bleibenâ, wurden die Mandatare â insbesondere die roten â angewiesen, keine unzulĂ€ssigen Fragen zur Bundesverwaltung zu stellen. âWir verzichten auf alle Fragenâ, so der entnervte Kommentar des SPĂ-Klubchefs Robert Hergovich.
BlĂŒmel konnte Eisenstadt mit einem LĂ€cheln verlassen. Zum Schluss war Puchers rechte Hand, Franziska Klikovits, dran. Sie sagte, ihr tue alles furchtbar leid, inhaltlich wollte sie aber nur unter Ausschluss der Ăffentlichkeit Stellung nehmen. DafĂŒr gibt es einen neuen Termin.
Dieses Tohuwabohu ist wohl auch Wasser auf die MĂŒhlen von Rechtsexperten, die den Ausschuss grundsĂ€tzlich infrage stellen. Denn: Die Commerzialbank Mattersburg gehört einer Genossenschaft, deren Revisionsverband das Land Burgenland ist. âDas Genossenschaftswesen fĂ€llt aber unter die mittelbare Bundesverwaltungâ, sagt ein Top-Jurist zum KURIER. âDazu liegt ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom Februar 2019 vor. Das bedeutet, dass der Landeshauptmann als Revisionsverband fĂŒr den Bund tĂ€tig wird. Das bedeutet auch, dass man den U-Ausschuss nicht auf Landesebene, sondern auf Bundesebene installieren hĂ€tte mĂŒssen.â
200 VIP-Karten gekauft
WĂ€hrend Martin Pucher dem U-Ausschuss fern blieb, kommen immer mehr Details ĂŒber den Ex-Banker aus Einvernahmen von frĂŒheren Mitarbeitern ans Tageslicht.
âHerr Pucher war ein Choleriker, sehr machtbesessen. Widersprechen durfte man ihm nicht. Es war nicht einfach im Vorstandssekretariat. Wenn Herr Pucher wegen einer Kleinigkeit, wie viel Post, ,angefressenâ war, haben wir es abgekriegt. Es haben im Sekretariat immer wieder die Leute gekĂŒndigt, weil sie diesen Umgang nicht ausgehalten habenâ, sagte eine Vorstandsassistentin aus. Diese erinnerte sich auch, dass âHerr Pucher an der rechten Seite seines Schreibtisches eine Lade hatte, da war Bargeld darin, daraus hat er alles bezahlt. Er hat seine privaten Anschaffungen aus dieser Lade bezahlt. Das heiĂt, wenn er persönlich Geschenke machte oder seine Familie zum Essen kam, nahm er das Geld aus dieser Ladeâ.
Er soll auch pro Match des SV Mattersburg 150 bis 200 VIP-Karten angekauft haben â mutmaĂlich mit Geld der Bank. âManchmal war es so, dass er Besorgungen, wie zum Beispiel Schmuck fĂŒr Weihnachtsgeschenke (der) Fans des SVM auch aus dieser Lade bezahlte. Ich kann mich konkret erinnern, dass ich jĂ€hrlich zwei Garnituren Schmuck einkaufen musste, die beim letzten Spiel des SVM in die Zuschauermenge geworfen wurdenâ, gab die SekretĂ€rin zu Protokoll. âEs gab verschiedene Gutscheine von diversen GeschĂ€ften und MĂŒnzen, die in das Publikum geworfen wurden.â