Burgenland: Archäologie als Attraktion
Archäologen von „PannArch“ entdeckten 2019 im Ortskern von Müllendorf Reste einer römischen Siedlung (Vicus), die seinerzeit auf der Strecke von Vindobona (Wien) nach Scarbantia (Sopron) lag. Der Fund aus der Zeit zwischen dem ersten und vierten nachchristlichen Jahrhundert erwies sich als so bedeutsam, dass der geplante Neubau von 13 Wohnungen auf dem Areal ad acta gelegt wurde.
Stattdessen ist der Vicus eines von acht archäologischen „Flagship-Projekten“, die am Montag im Eisenstädter Landesmuseum präsentiert wurden. Ein Jahr nach den 100-Jahr-Feiern als österreichisches Bundesland wird im Burgenland nun gar einige Tausend Jahre bis in die Jungsteinzeit zurückgeblickt.
Der von einem Quartett unter der Leitung von Nikolaus Franz erstellte Masterplan Archäologie soll die schillerndsten Fundstätten in den kommenden fünf Jahren für den Kulturtourismus erschließen, wünscht sich Landeshauptmann und Kulturreferent Hans Peter Doskozil (SPÖ). 15 Millionen Euro aus dem Landesbudget und aus EU-Fördertöpfen sollen in die Umsetzung des Masterplans fließen. Die acht Stätten sollen vorbildhaft für die große Vielfalt archäologischer Fundorte stehen, die es im Burgenland gibt (siehe Karte) und mittels Wander- und Fahrrad-Trails miteinander verbunden werden.
Eldorado
„Das Burgenland ist voller Archäologie und Geschichte“, sagt der Historiker und Grabungstechniker Franz. Zusammen mit dem östlichen Niederösterreich gehöre diese Region bundesweit zu den ergiebigsten Forschungsgebieten für Ur- und Frühgeschichtler. Warum gerade diese acht Standorte – Weiden am See, Bruckneudorf, Müllendorf, Deutschkreutz, Strebersdorf, Geschriebenstein, Rechnitz und Schandorf-Burg – ausgewählt wurden, erklärt Experte Franz so: Geografisch sollten alle Regionen des heutigen Landes berücksichtigt werden und historisch die römische Präsenz im Mittelpunkt stehen, gibt es doch besonders viele Spuren aus pannonischer Zeit. Und wichtig sei auch gewesen, dass keines der Flagship-Projekte „bei Null startet“, so der Historiker. Sprich: Überall gibt es schon mehr oder weniger weit gediehene Vorarbeiten.
Ab 2024
Am schnellsten – nämlich 2024 – könnte die Fundstelle Kirchenäcker in Weiden/See eröffnet werden. Im Zentrum soll hier ein Schutzbau über den Ruinen eines römischen Herrenhauses stehen. In Strebersdorf sollen auch Besucher der nahe gelegenen Familientherme Lutzmannsburg auf ihre Rechnung kommen.
Auf dem Areal eines früheren römischen Militärlagers sind ein archäologischer Abenteuerspielplatz und ein Skaterpark auf sieben „römischen“ Hügeln vorgesehen.
Als Herzstück der acht Projekte sieht Franz das geplante Besucherzentrum am Südhang des Geschriebensteins, das Ausgangspunkt für den Kulturtourismus im Süd- und Mittelburgenland werden soll und neben Ur- und Naturgeschichte auch Astronomie abdeckt. Bei Rechnitz gab es zumindest drei Kreisgrabenanlagen, die vermutlich als astronomische Observatorien genutzt wurden.
Bisher seien archäologische Funde nur im Landesmuseum ausgestellt worden, „aber an den Plätzen der Geschichte haben wir sehr wenig gemacht“, meinte Doskozil. Diese Zentralisierung ist nun Geschichte.
Kommentare