Blaue Klagsdrohung gegen Doskozil und Ordnungsrufe für ÖVP
Wen es interessiert, was SPÖ und ÖVP voneinander halten, sollte sich einmal eine Sitzung des burgenländischen Landtags zu Gemüte führen. Meist reicht eine halbe Stunde, um im Bilde zu sein. Das war auch bei der 46. Landtagssitzung am Donnerstag der Fall. Die Sitzung hatte kaum begonnen – Familien- und Bildungslandesrätin Daniela Winkler (SPÖ) war in der Fragestunde am Wort –, als ÖVP-Abgeordneter Thomas Steiner und Landtagspräsidentin Verena Dunst (SPÖ) aneinander gerieten. Es ging um die Zulässigkeit einer Zusatzfrage aus ÖVP-Reihen, also kein weltbewegendes Thema.
Dunst erteilte Steiner einen Ordnungsruf, der attestierte ihr, eine Sitzung nicht ordnungsgemäß leiten zu können und fand das Ganze einer Präsidentin „nicht würdig“. Dunst empfahl Steiner, zu lernen „sich zu benehmen“. Am Abend folgte ein Ordnungsruf für ÖVP-Klubchef Markus Ulram.
Es war insgesamt bereits der 10. Ordnungsruf in dieser Session seit Anfang September: Drei gingen an Ulram, zwei an Steiner, die weiteren fünf an Klubchef Robert Hergovich, Roland Fürst und Ewald Schnecker (SPÖ) sowie die Klubchefs Hans Tschürtz (FPÖ) und Regina Petrik (Grüne).
Das Burgenland liege damit im Bundesländervergleich im Mittelfeld, heißt es aus der Landtagsdirektion.
Immer mieser wird die Stimmung aber auch zwischen Roten und Blauen, die von 2015 bis 2020 aus freien Stücken gemeinsam auf der Regierungsbank saßen – die rot-schwarzen Landesregierungen in den 70 Jahren zuvor waren dem Proporz geschuldet, also Pflicht.
Dass FPÖ-Chef Alexander Petschnig die „Schuldenpolitik“ der SPÖ geißelte und den Gesamtschuldenstand des Landes inklusive noch nicht bilanzierter Pensionsrückstellungen mit 4,2 Milliarden Euro bezifferte, wurmte LH und Finanzreferent Hans Peter Doskozil. Er warf den Blauen vor, 2019 Mindestlohn & Co zugestimmt zu haben, nur um in der Folge des Ibiza-Skandals „ihre Ämter in der Landesregierung“ zu behalten.
FPÖ-Klubchef Hans Tschürtz ärgerte sich über einen angeblichen Sager Doskozils zu Geldflüssen aus Russland an die FPÖ. Bestätige sich das im Sitzungsprotokoll, „kriegt Doskozil eine Klage“, kündigte Tschürtz an. Der KURIER hat noch einmal nachgehört: Doskozil sprach davon, dass es für ihn "bedenklich wäre, wenn es externe Einflüsse gäbe, wie beispielsweise bei ihnen aus Russland".
Vor diesem Hintergrund kaum zu glauben, aber wahr: Im Sommer 2019 hatte sich Tschürtz Doskozil als Kanzler einer rot-blauen Koalition im Bund gewünscht.
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