Bezirk Güssing: Eine Bastion gegen das Coronavirus
Das Wetter lädt am Mittwochvormittag nicht dazu ein vor die Tür zu gehen. Schneeregen, Nebel und Temperaturen um die Null Grad herrschen im Bezirk Güssing. In Ollersdorf sind die Straßen leergefegt, ein gängiges Bild. Rund 26.000 Menschen leben hier im Bezirk. Laut Statistik Burgenland gehören in Güssing 8.618 Menschen der Risikogruppe der über 60-Jährigen an. Immerhin mehr als ein Drittel der Bezirksbevölkerung.
Ein Ausbruch könnte hier verheerende Folgen haben, bisher blieb er jedoch aus. Der Bezirk hat einige Vorteile, die das Virus verlangsamen.
Höherrangige Straßen oder Eisenbahnschienen gibt es hier nicht, auch der Öffentliche Verkehr ist kaum vorhanden. Auch die Bürger halten sich an die von der Regierung herausgegeben Maßnahmen.
Keine Ansteckungen
Der Bezirk Güssing verzeichnete bisher keine einzige Ansteckung mit dem Coronavirus. Einzige Ausnahme ist die Gemeinde Ollersdorf. "Wir haben einen Fall, den wir von Wien geerbt haben", sagt Ollersdorfs Bürgermeister Bernd Strobl. Der Mann habe sich in Tirol beim Skiurlaub angesteckt, wurde in Wien positiv auf Covid-19 getestet und ins Burgenland zu seinem Zweitwohnsitz in Quarantäne geschickt.
"Wir haben erst nach Tagen davon erfahren, da es von den Wiener Behörden nicht weitergegeben wurde. Erst die Bezirkshauptmannschaft Güssing schaffte Klarheit", sagt Strobl. Kontakt mit anderen Gemeindebürgern hatte der Infizierte keinen. Weitere Fälle sind keine aufgetaucht. "Die Bürger halten sich an die Maßnahmen und schränken ihre Kontakte ein", sagt der Bürgermeister.
Auch Rust ist Virusfrei
Menschenleere Straßen gibt es auch in Rust zu sehen. Die Freistadt mit rund 2.000 Einwohnern im Nordburgenland hat ebenfalls noch keinen einzigen Covid-19 Fall verzeichnet. "Wir hatten einige Leute in Quarantäne, aber alle Tests waren negativ", sagt Bürgermeister Gerold Stagl.
Auch hier halten sich alle an die Vorgaben der Regierung. "Die Leute haben die kritische Situation erkannt und jeder will dazu beitragen, dass alles so schnell wie möglich wieder vorbei ist", sagt Stagl.
Darauf hofft man auch in Güssing, die Bezirkshauptstadt ist ebenfalls in allen Bereichen runtergerfahren. "Wir haben keinen Parteienverkehr mehr und auch die Schulen haben derzeit keinen einzigen Schüler", sagt Bürgermeister Vinzenz Knor im KURIER-Gespräch. Die Leute würden die Lage sehr ernst nehmen und zu Hause bleiben. "Die Not macht auch erfinderisch, viele Betriebe haben jetzt auf Hauszustellung umgestellt, es werden von Tag zu Tag mehr", sagt Knor.
Güssing wird zweites Corona-Schwerpunkt Spital
Im Krankenhaus Güssing läuft der Betrieb den Umständen entsprechend normal. An Covid-19 erkrankte Patienten werden hier keine behandelt. "Einige Mitarbeiter wurden getestet, aber sie waren alle negativ", sagt der Sprecher der Burgenländischen Krankenanstalten (Krages) Leo Szemeliker. Derzeit würden alle Corona-Patienten im Spital Oberpullendorf behandelt.
Kommt es aber zu einem Anstieg der Fälle, bei denen eine intensivmedizinische Betreuung notwendig wird, kommen Patienten nach Güssing. "Wenn wir in Oberpullendorf nicht mehr das Auslangen finden, ist in Güssing alles bereit, um die Patienten hier zu betreuen", sagt Szemeliker. Für die Bevölkerung des Bezirks werde das aber keine Auswirkungen haben, ist sich Szemeliker sicher: "Unsere Mitarbeiter wissen, wie man mit ansteckenden Krankheiten umgeht, es ist alles dafür vorbereitet."
Nachgefragt bei Bezirkshauptfrau Nicole Wild:
KURIER: Warum hat das Virus, Ihrer Meinung nach, den Bezirk noch nicht erreicht?
Bezirkshauptfrau Nicole Wild: Es ist erfreulich, dass der Bezirk Güssing bisher kaum betroffen ist - bisher gibt es im Bezirk nur einen bestätigten Fall von Covid-19. Eine Begründung dafür ist schwierig. Dass andere Bezirke stärker betroffen sind, kann daran liegen, dass Erkrankte, die zum Beispiel aus einem Risikogebiet zurückgekehrt sind Kontaktpersonen infiziert haben. Dadurch erhöht sich natürlich die Zahl der positiv auf das Coronavirus getesteten Personen.
Greifen die Maßnahmen der Behörde im Bezirk Güssing, gab es Anzeigen wegen Übertretungen?
Die Bevölkerung nimmt die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus sehr ernst. Es gab bisher nur einen Vorfall, nach dem vier Personen angezeigt wurden. Das Haus sollte weiterhin nur verlassen werden, wenn es unbedingt erforderlich ist: aus beruflichen Gründen, für die eigene Versorgung, oder wenn man Hilfe leisten muss. Es ist auch weiterhin wichtig, sich daran zu halten.
Wie viele Verdachtsfälle gab es im Bezirk?
Im Bezirk Güssing haben wir bis jetzt erfreulicherweise wenige Verdachtsfälle. Per Bescheid der BH Güssing wurden – Stand 24. März – 50 Personen unter Quarantäne gestellt. Fest steht, dass jeder Verdachtsfall getestet wird. Hier gibt es eine klare Vorgehensweise, die auch mit dem Bund abgestimmt ist. Im
Burgenland sind drei spezialisierte Einsatzteams des Roten Kreuzes unterwegs, um mobil zu testen. Die Tests erfolgen in der Regel innerhalb weniger Stunden.
Wie funktioniert die tägliche Arbeit in Zeiten der Pandemie?
Die Mitarbeiter der BH Güssing leisten in dieser schwierigen Situation großartige Arbeit. Dafür ein ganz großes Kompliment. Das gilt im Übrigen auch für alle anderen Behörden im Land und im Bezirk. Hier gibt es eine sehr enge Zusammenarbeit - auch mit dem Koordinationsstab des Landes. Für mich als Bezirkshauptfra steht im Vordergrund, dass alles unternommen wird, damit wir diese Situation meistern. Gleichzeitig haben wir Vorsorge getroffen, dass der Dienstbetrieb im notwendigsten Ausmaß aufrechterhalten wird – zwar ohne Parteienverkehr in der BH, aber telefonisch und auf elektronischem Wege.
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