Es sei ein „Historisches Zeichen der Anerkennung, Sichtbarkeit und für Respekt Kärntner Slowen:innen und Burgenländischen Kroati:innen“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler im Rahmen eines Pressetermins in Bleiburg/Pliberk. Sie gab bekannt, dass in allen ÖBB-Bahnhöfen, in den nach dem Volksgruppengesetz definierten zweisprachigen Gemeinden bis Ende dieses Jahres zweisprachige Bahnhofsschilder angebracht werden sollen.
"Genauso wie die Energiewende und der Klimaschutz mit all den Maßnahmen, die wir gesetzt haben, für alle Menschen da sind, muss genau dasselbe gelten für zentrale Orte der Begegnung, des Austauschs und des Miteinanders", sagt Gewessler.
"Zweisprachigkeit sichtbar zu machen, ist ein wichtiger Beitrag für das Heimatgefühl vieler Menschen, wenn die Bezeichnung für ihren Heimatort nun auch in ihrer Sprache zu lesen ist“, sagt Olga Voglauer, Generalsekretärin und Volksgruppensprecherin der Grünen, die sich selbst als Kärntner Slowenin bezeichnet. "Es sei ein weiteres wichtiges Zeichen der Wertschätzung der slowenischen Volksgruppe in Kärnten“, erklärte auch Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).
Lob für diese Maßnahme kam vom Rat der Kärntner Slowenen. Allerdings machte man bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam, dass es in amtlich zweisprachigen Orten auch mehrere Autobushaltestellen gebe, die lediglich in Deutsch beschriftet sind.
Zweisprachige Schilder waren aber nicht immer eine Selbstverständlichkeit.
Seit 2015 gibt es zudem bereits St. Michael ob Bleiburg - Šmihel pri Pliberku.
Zweisprachige Tafeln - eine lange Vorgeschichte
Mehrere Jahrzehnte lang sorgte der sogenannte Ortstafelstreit für Debatten in Kärnten und darüber hinaus. Aber wie kam es dazu?
Im Staatsvertrag 1955 sicherte Österreich den Slowenen und Kroaten in Kärnten, Burgenland und der Steiermark besondere Minderheitenrechte zu. Dabei waren auch zweisprachige topografische Aufschriften im gemischtsprachigen Gebiet vorgesehen, dies wurde jedoch nicht genau definiert. Im Sommer 1972 wurde schließlich von der Regierung Kreisky die Aufstellung von zweisprachigen Ortstafeln in 205 Kärntner Ortschaften mit zumindest 20 Prozent Anteil slowenischsprachiger Bevölkerung beschlossen.
Ab September 1972 wurden die ersten Tafeln aufgestellt, was aber vom „Ortstafelsturm“ unterbrochen wurde, bei dem „Deutsch-Kärntner“ die Schilder demontieren. In weiterer Folge wurde das Aufstellen weiterer Tafeln gestoppt.
Vier Jahre später folgt eine genauere Definition: Im Volksgruppengesetz wird ein Slowenen-Anteil von 25 Prozent festgeschrieben, um zweisprachige Ortstafeln aufstellen zu können.
Ende 2000 werden die ersten deutsch-kroatischen Ortstafeln im Burgenland aufgestellt - dadurch wird allerdings die Debatte in Kärnten auch neu entfacht. Die Kärntner Slowenen fordern eine Novellierung des als zu restriktiv empfundenen Volksgruppengesetzes, abgelehnt wird das aber vom damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider.
Verfassungsgerichtshof gegen Haider
2001 entscheidet der Verfassungsgerichtshof (VfGH) aber zugunsten der Kärntner Slowenen: Die 25 Prozent-Quote sei zu hoch, Teile des Volksgruppengesetzes 1976 werden aufgehoben. Haider reagiert wütend.
Im Jahr 2002 beruft der damalige Kanzler Wolfgang Schüssel drei „Konsenskonferenzen“, mit dabei: Bund, Kärntner Parteien und Vertreter der Slowenenorganisationen und der Heimatverbände. Die Slowenenvertreter halten den Kompromissvorschlag für unzureichend (insgesamt 148 zweisprachige Ortstafeln). Die Konferenzen scheitern. Drei Jahre später präsentiert der Historiker Stefan Karner einen neuen Kompromissvorschlag mit 158 zweisprachigen Ortstafeln.
2005 werden erstmals seit 1977 neue zweisprachige Ortstafeln in Kärnten errichtet. Haider lässt sie später teilweise aber wieder abmontieren.
Kompromiss im Jahr 2011
Bis 2011 wird weiter gestritten. Haider fährt mehrere Kampagnen, unter anderem lässt er unter dem Motto „Kärnten wird einsprachig“ zweisprachige Ortstafeln entfernen, ersetzt werden diese von deutschen Ortsschildern mit kleiner slowenischer Zusatztafel.
Das über 56 Jahre Kärnten sehr oft lähmende und viel zu oft politisch missbrauchte Joch wurde mit der Ortstafellösung vor fünf Jahren abgeworfen
von Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ)
Im Jahr 2016. Fünf Jahre zuvor wurde der Streit beigelegt
Nach mehreren Verhandlungen kommt es am 26. April 2011 zu einer Einigung unter Staatssekretär Josef Ostermayer, Landeshauptmann Gerhard Dörfler und den Slowenenvertretern: 164 zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten.
"Das über 56 Jahre Kärnten sehr oft lähmende und viel zu oft politisch missbrauchte Joch wurde mit der Ortstafellösung vor fünf Jahren abgeworfen“, sagte Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) fünf Jahre später, also im Jahr 2016. Der Ortstafelstreit spiele keine Rolle mehr.
Ein Abmontieren der Bahnhofsschilder ist also heuer nicht zu befürchten.
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