Gerhard Kisser ist 80: Was der Museumsgründer als Nächstes vorhat
Es war ein Geburtstagsfest mit eher ungewöhnlichen Geschenken: Zu seinem 80er bekam Gerhard Kisser das Goldene Ehrenzeichen des Burgenlands überreicht, außerdem wurde eine Bronzebüste zu seinen Ehren enthüllt. Obendrein darf sich Kisser nun Ehrenbürger der Gemeinde Gerersdorf-Sulz nennen.
„Es war meiner Ansicht nach etwas zu viel der Ehrungen. Ich bin überwältigt“, sagt Gerhard Kisser lächelnd im KURIER-Gespräch. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) ist da anderer Meinung. Er hat sich beim Fest am vorigen Wochenende mit Landtagspräsidentin Verena Dunst unter die Schar von Gratulanten gemischt und würdigte den Gründer des „Ensemble Gerersdorf“: „Gerhard Kisser spiegelt mit dem Freilichtmuseum eindrucksvoll die Identität und Vielfalt unseres Landes wider, schafft ein verstärktes Burgenland-Bewusstsein und macht die historischen Wurzeln greifbar“, lauteten die lobenden Worte des Landeschefs.
Das Freilichtmuseum Gerersdorf hat sich in den 45 Jahren seines Bestehens zu einer der wichtigsten Sehenswürdigkeiten im Südburgenland entwickelt. Jährlich kommen rund 11.000 Besucherinnen und Besucher, um sich hautnah ein Bild vom Alltagsleben im Burgenland zu machen, wie es bis vor rund einem Jahrhundert ausgesehen hat.
Dorf im Dorf
36 Gebäude, gefüllt mit alten Gebrauchsgegenständen und landwirtschaftlichen Gerätschaften, gibt es im „Dorf im Dorf“ mittlerweile zu besichtigen. Bei den Häusern handelt es sich um größtenteils mit Stroh gedeckte Wohn- und Wirtschaftsgebäude, das älteste stammt aus dem Jahr 1728.
1971 hat Gerhard Kisser zum ersten Mal das Südburgenland besucht. Damals beeindruckt ihn die bäuerliche Holzarchitektur dermaßen, dass er noch im selben Jahr das letzte strohgedeckte Haus in Gerersdorf kauft – der Grundstein für das spätere Freilichtmuseum war gelegt.
Aufwendige Übersiedelung der Häuser
Bis 1976 kommen fünf weitere Gebäude dazu, und das „Ensemble Gerersdorf“ wird erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Häuser im Museum stammen überwiegend aus der näheren Region; sie werden unter großem Aufwand abgetragen, nach Gerersdorf transportiert und im Freilichtmuseum originalgetreu rekonstruiert.
Gerhard Kisser
wurde am 2. Oktober 1941 in Wien geboren. Er schloss 1963 eine Ausbildung als Grafik-Designer ab. Bis 1995 war er als selbstständiger Werbegrafiker tätig .
1976 wurde das „Ensemble Gerersdorf“ offiziell gegründet. Noch bis 14. November ist das Museum täglich von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Nähere Informationen unter: www.freilichtmuseum-gerersdorf.at
„Die meisten Häuser sind Holzgebäude, da muss man jeden Balken durchnummerieren“, erzählt der Museumsgründer von dem aufwendigen Prozess: „Da ich Grafiker bin, ist es mir relativ leicht gefallen, die Gebäude in Zeichnungen festzuhalten. Ich habe aber immer wieder Helfer gebraucht. Am Anfang haben mir vier Männer aus Heiligenbrunn beim Abtragen und Aufstellen der Häuser geholfen.“
Im „Ensemble Gerersdorf“ gibt es aber nicht nur jede Menge über das mühselige Leben im früheren Südburgenland zu lernen; auch der Kunst und Hochkultur wird im Freilichtmuseum eine Bühne geboten.
Große Meister waren schon zu Gast
Da Gerhard Kisser bis 2014 Kurator der riesigen Kunstsammlung von Peter Infeld war, gab es in Gerersdorf immer wieder Werke großer Meister wie Andy Warhol, Pablo Picasso und Friedensreich Hundertwasser zu bestaunen. Darüber hinaus veranstaltet Frank Hoffmann im Rahmen des Güssinger Kultursommers Jahr für Jahr einige hochkarätige Konzerte im Museum. Im heurigen August gaben etwa Michael Köhlmeier und Hans Theessink ein umjubeltes Konzert in Gerersdorf.
Anlässlich Gerhard Kissers 80er gibt es heuer eine Ausstellung mit seinen eigenen Werken zu sehen. „Ich zeichne immer noch mit Spaß, es ist meine lieb gewonnene Nebenbeschäftigung“, sagt Kisser über sein künstlerisches Hobby.
Noch bis 14. November ist das Freilichtmuseum Gerersdorf geöffnet. In der Winterpause soll dann an Restaurierungen der Strohdächer und Lehmböden, aber auch an neuen Exponaten gearbeitet werden.
Eines ist offensichtlich: Auch mit 80 Jahren wird Gerhard Kisser nicht müde, sein einzigartiges Museum weiter auszubauen. Dem KURIER gibt er einen Vorgeschmack auf das neueste Projekt im „Ensemble Gerersdorf“: „Den Glockenturm werden wir als Kapelle umbauen, mit einer von außen sichtbaren Holzkonstruktion. Das ist noch viel Arbeit, aber ich träume jetzt schon von dieser Kapelle“.
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