Das taffe Schneiderlein - von Pakistan nach Oberwart

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Die Reise von Pakistan nach Oberwart lief für Khan Faheem (41) wie am Schnürchen. Der Maßschneider und seine Geschichte, die „passt wie angegossen“.

von Vanessa Halla

Genau „so einen“ hat Oberwart noch gebraucht! Einen herzlichen, weltoffenen Familienvater, der vom handgewebten Teppich aus Marrakesch bis hin zum Maturaball-Kleid wirklich alles flicken, nähen und auf „Passt wie angegossen“-Kleidergröße fertigen kann.

Khan Muhammad Faheem ist 41 Jahre alt und stammt aus Pakistan. Dass der dreifache Familienvater heute in der rund 8.000 Einwohner zählenden Bezirkshauptstadt Oberwart im Südburgenland lebt und arbeitet, verdankt er der Tatsache, dass er hier eigentlich Urlaub machen wollte.

„Andere fahren nach Rom in die Ferien, aber eine Bekannte hatte mir Oberwart empfohlen“, erzählt der Maßschneider lachend. 

„2017 kam ich so zum ersten Mal ins Burgenland. Damals lebte ich bereits seit einigen Jahren in Wien. Ursprünglich stamme ich aus einer Großstadt im Norden Pakistans und wie man weiß, gibt es dort sehr viele Menschen. In Wien aber auch. Erst als ich zum ersten Mal in Oberwart war, habe ich bemerkt: Ja, jetzt bin ich wirklich in einem anderen Land“, erinnert sich Khan lachend.

„So sieht es also aus“

Es war ein Samstagvormittag, als der gelernte Steuerberater und Maßschneider mit seinem Auto die Hauptstraße der Oberwarter Stadtgemeinde entlangfuhr und sich dabei dachte: „So also sieht es auf dem österreichischen Land aus“ und dann die zwei Wörter „zu vermieten“ auf einer Tafel im Vorbeifahren las. 

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„Es war ein kleines Geschäftslokal mitten in der Stadt. Wirklich winzig. Ich habe mir die Telefonnummer notiert und ein paar Tage später angerufen – ohne Erfolg. Erst drei Monate später bekam ich plötzlich einen Anruf von der evangelischen Pfarre Oberwart die, wie sich herausstellte, der Eigentümer des Geschäftes war.“

Passt, wie angegossen

Khan Faheem kam eigentlich nach Österreich, um zu studieren. „Ich bin geprüfter Steuerberater. Davor habe ich mit 15 Jahren in meiner Heimat Pakistan eine Ausbildung zum Schneider gemacht. In Pakistan gibt es viele Maßschneider, in Oberwart nicht.“ Diese Erkenntnis führte den heute 41-jährigen am Ende genau dorthin, wo er seit mittlerweile acht Jahren lebt und arbeitet.

Seine kleine Schneiderei im Herzen der Oberwarter Innenstadt ist wirklich winzig. „Umfallen“ kann man darin nur „der Länge nach“, wie es so schön heißt. Für Khan ist der Platz ausreichend. Fein säuberlich reihen sich Nähgarne in allen Farben an der Wand, sieben Nähmaschinen finden ebenfalls in dem kleinen Geschäft Platz.

Autositze, Teppiche, Vorhänge oder maßgeschneiderte Anzüge und Brautkleider – Khan Faheem schneidert und flickt wirklich alles, was mit Stoff zu tun hat. Seine Kunden schätzen die Arbeit des taffen Schneidermeisters und sind ihm seit der Eröffnung treu geblieben. 

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Über zu wenig Arbeit kann Khan sich also nicht beklagen. „Meine erste Kundin kam schon ins Geschäft, kaum hatte ich die Tür aufgesperrt. Sie arbeitet als Stewardess und hat mir ihre Uniform zum Ändern gebracht. Frau Babsi ist heute noch eine Kundin“, erzählt Khan stolz.

„Bin dafür sehr dankbar“

Auf die Frage, warum er seinen Beruf als Schneider so liebt, antwortet der Oberwarter: „Das ist einfach eine meditative Arbeit. Wenn die Nähmaschine surrt, kann ich komplett abschalten im Kopf. In Pakistan hatte es in der Schneiderei oft 45 Grad und ich habe vor lauter Arbeit vergessen, ein Fenster zu öffnen oder den Ventilator anzumachen, so vertieft war ich in meine Arbeit.“

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Sein eigener Chef zu sein, das hat für den dreifachen Familienvater Priorität in der Arbeitswelt. „Ich könnte auch in einem klimatisierten Büro als Angestellter in einer Steuerkanzlei arbeiten, aber das hat mich nicht glücklich gemacht“, gibt er einen Einblick in seine Arbeitsphilosophie. „Die Arbeitsmoral in Pakistan und Österreich ist die gleiche, aber hier habe ich mehr Möglichkeiten. Das Gleiche gilt für meine Kinder, sie können hier in Österreich zur Schule gehen und in Sicherheit groß werden, das ist unbezahlbar und dafür bin ich sehr dankbar.“

Dunkelblau ist die Lieblingsfarbe des Maßschneiders. Das Burgenland sein „Lieblingsland“ und Oberwart die „beste Stadt zum Leben und Arbeiten“.

Warum?

„Weil die Leute hier immer freundlich und hilfsbereit sind.“ Der „Zuagroaste“ auf die Frage, ob seine Herkunft je eine Hürde in seinem Job darstellte: „Nein, für meine Kunden bin ich ihr Schneider. Und das passt wie angegossen, wie man so schön sagt.“ Ziemlich taff und schlagfertig, der Schneidermeister aus Pakistan.

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