Artenschutz: Wie dem Steinkauz das Comeback gelang
Für Hans Wurm war es Liebe auf den ersten Blick. Seit der Pensionist aus Gols im Jahr 2016 bei der Beringung eines Steinkauz helfen durfte, ist er in die kleine Eulenart vernarrt. Zum damaligen Zeitpunkt waren im Nordburgenland nur noch vier Brutpaare bekannt. Wurm fand bald einen Mitstreiter, Josef Paar aus Antau.
Gemeinsam haben sie ein „kauziges“ Hobby gefunden. „Wir haben die Gefahr des Aussterbens gesehen. Da haben wir uns entschieden, dem Steinkauz zu helfen. Noch im Jahr 2016 haben wir 80 Nistkästen gebaut“, erzählt Hans Wurm.
Der Lebensraum
Der Grund für den Rückgang der Steinkauz-Population liegt nämlich in erster Linie an einem „Wohnungsnotstand“. Früher fand der Höhlenbrüter Unterschlupf in alten Wirtschaftsgebäuden und in knorrigen oder abgestorbenen Bäumen. Mit zunehmender Industrialisierung der Landwirtschaft wurde der Steinkauz seines Lebensraums beraubt.
Private Initiativen wie die Von Hans Wurm und Josef Paar bemühen sich, der kleinen Eule neue Wohnungen in Form von speziellen Brut- und Nistkästen zur Verfügung zu stellen. Sie bringen sie überall dort an, wo der Steinkauz ein reiches Nahrungsangebot findet. Das gibt es vor allem auf Streuobstwiesen – sie sind im Burgenland wieder stark im Kommen.
Oder auch neben schonend bewirtschafteten Weingärten, an denen es im Weinbaugebiet am Neusiedler See wahrlich nicht mangelt.
Babyboom im Brutkasten
Es hat eine Weile gedauert, bis sich beim Steinkauz-Projekt von Paar und Wurm der Erfolg eingestellt hat. „Das erste Brutjahr mit nur vier Brutpaaren war sehr enttäuschend. Aber nach dem ersten Frust haben wir uns wieder motiviert und weitere Nistkästen gebaut“, erzählt Josef Paar.
Mittlerweile haben die beiden mehr als 300 Steinkauz-Kästen in ihrem Gebiet aufgestellt. Die Beharrlichkeit hat sich ausgezahlt: Seit 2018 hat der Bestand stetig zugenommen und heuer wurde ein neuer Rekordwert erreicht. 84 Brutpaare wurden 2022 gezählt, die für einen regelrechten Babyboom gesorgt haben: 368 Jungeulen sind ausgeflogen, im Schnitt 4,72 pro Brutpaar.
Das Tier
ist eine kleine Eulenart aus der Familie der Eigentlichen Eulen (Strigidae). Ein ausgewachsenes Exemplar wird 21 bis 23 Zentimeter groß und zwischen 160 und 240 Gramm schwer.
Männchen und Weibchen sind optisch nicht voneinander zu unterscheiden. Hat ein Steinkauz ein Revier besetzt, bleibt er oft ein Leben lang am gleichen Ort. Lebenserwartung:15 Jahre
Vogel der Weisheit
Der wissenschaftliche Name des Steinkauz – Athene noctua – bezieht sich auf die griechische Göttin der Weisheit, Pallas Athene. Sie wurde oft gemeinsam mit einem Steinkauz abgebildet, deshalb galt er schon in der Antike als „Vogel der Weisheit“
5-10Millionen
Steinkauz-Brutpaare gibt es Schätzungen zufolge im eurasischen Verbreitungsgebiet. Auf der Roten Liste der Brutvögel Österreichs wird er noch immer als stark gefährdet eingestuft. Die größten Populationen gibt es im Weinviertel – und im Nordburgenland
Mäuse als Leibspeise
Die burgenländischen Steinkauz-Experten erhoffen sich einen weiteren Zuwachs, wenn sich die Mäusepopulation wie erwartet entwickelt. Mäuse sind die Leibspeise der kleinen Raubvögel. Wenn es an ihnen mangelt, macht der Steinkauz mitunter auch Jagd auf andere Vögel.
Für ihr Projekt genießen Hans Wurm und Josef Paar mittlerweile in Fachkreisen hohes Ansehen. Der als „Eulenpapst“ bekannte Wolfgang Scherzinger, Verfasser des Standardwerks „Die Eulen Europas“, ist längst auf die beiden aufmerksam geworden.
Lob vom "Eulenpapst"
Der KURIER bat Scherzinger um ein Kommentar zur Steinkauz-Population im Nordburgenland. Ein Auszug aus seiner Antwort: „Der unerwartete Aufschwung innerhalb von nur sechs Jahren ist allein der außerordentlichen Tatkraft und dem konsequenten Durchhaltevermögen der beiden Steinkauzfreunde zu verdanken. Wenn die Brutsaison 2022 allein im Neusiedler Gebiet 368 junge Steinkäuze ergab, so bedeutet das einen enormen Anschub für Stabilisierung und Ausbreitung des Bestandes in der Region.“
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