Theatermacherin Angelika Messner: „Müssen um das Publikum kämpfen“

Schon seit 1992 ist die gebürtige Oberwarterin Angelika Messner als Regisseurin tätig.
Die renommierte Dramaturgin aus Oberwart bringt in Wien eine Neuinterpretation von Goethes „Iphigenie auf Tauris“ auf die Bühne.

Am 30. November haben „Iphigenie“ und Angelika Messner ihren großen Auftritt. Dann wird im Wiener TAG (Theater an der Gumpendorfer Straße) das neue Stück der 53-jährigen Künstlerin uraufgeführt. Messner übernimmt auch die Regie, bei zunächst acht Vorstellungen bis Mitte Dezember.

Das Publikum erwartet dabei eine moderne Neuinterpretation von Johann Wolfgang von Goethes Klassiker „Iphigenie auf Tauris“ – beziehungsweise eine „Überschreibung“, wie es die Autorin nennt: „Formal bin ich relativ nahe an Goethe dran geblieben, habe Blankvers verwendet und die grobe Form beibehalten. An der Handlung habe ich aber herumgewerkt, sie verlässt die Geschichte von Goethe komplett“.

Lockdown-Projekt

Die Idee zu dem Stück entstand zu einer Zeit, als das kulturelle Leben stillstand. Dem KURIER erzählt Angelika Messner: „Im ersten Lockdown habe ich angefangen, viele Klassiker nach Jahrzehnten wiederzulesen. Auch die ‚Iphigenie‘ war dabei. Ein Wahnsinn, was der Figur in dem Stück zugemutet wird und wie sie in ihren Kompetenzen und in ihrer Menschlichkeit gefordert wird. Das hat mich dazu bewogen, den Stoff aus einer heutigen, weiblichen Sicht zu beleuchten. Außerdem ist diese mythologische Familientragödie einfach eine tolle Story.“

Theatermacherin Angelika Messner:  „Müssen um das Publikum kämpfen“

Michaela Kaspar spielt die Titelrolle in „Iphigenie“.

Messner siedelt die klassische Handlung im Milieu des Menschenhandels an. Iphigenie, von ihrem Vater verkauft, landet in einem Bordell. Während sie im Original zur Priesterin wird, arbeitet sie sich in der neuen Version zu einer Art Schutzheiligen der Prostituierten hoch. Den im Blankvers verfassten Text verbindet Angelika Messner mit Rap und musikalischer Begleitung eines Jazz-Tubisten.

Theater trotzt der Krise

In jüngster Zeit war immer wieder von einem spürbaren Zuschauerschwund in der Kulturbranche zu lesen – zum Beispiel auch in der KURIER-Serie „Kultur-Los“. Bei den Besucherzahlen im Theater war zuletzt die Rede von „halb voll ist das neue ausverkauft“.

Ob sich auch Angelika Messner Sorgen über leere Ränge bei ihren Vorstellungen macht? Auf diese Frage antwortet die Theater-Regisseurin: „Es ist definitiv schwerer geworden, das Publikum zu mobilisieren. Ich glaube, viele Menschen haben verlernt, rauszugehen und Kultur zu genießen. Und ein Theaterbesuch ist nicht immer billig. Wir als Theaterschaffende müssen mit guter Qualität um das Publikum kämpfen, denn die Menschen überlegen genau, wo sie hingehen.“

Theatermacherin Angelika Messner:  „Müssen um das Publikum kämpfen“

Verglichen mit Wien sind Kulturveranstaltungen im Burgenland nach wie vor gut besucht. Obwohl Angelika Messner nun schon seit 27 Jahren in Wien lebt, ist sie nach wie vor privat und beruflich eng mit ihrem Heimatland verbunden: „Meine Mama lebt noch immer in Oberwart, ich bin regelmäßig dort. Ich arbeite auch immer wieder mit dem OHO (Offenes Haus Oberwart, Anm.) zusammen“, erzählt die Wahl-Wienerin.

Der „Willi-Onkel“

Für ihre Arbeit im Burgenland wurde Angelika Messner 2016 mit dem Ehrenzeichen des Landes ausgezeichnet. Ein Mitgrund für diese Auszeichnung war wohl auch das Musical „Coming Home“, das sie 2004 gemeinsam mit dem Komponisten Christian Kolonovits auf die Bühne gebracht hat. Eine der Hauptrollen hat Willi Resetarits gespielt. „Der Willi-Onkel war ihm auf den Leib geschrieben, er hatte so ein unglaubliches Feeling für die Rolle. Für mich war immer geplant, dass ‚Coming Home‘ wieder aufgeführt wird. Aber ohne den Willi kann ich mir das Stück nicht vorstellen“, erinnert sich Angelika Messner an den im vergangenen April überraschend verstorbenen Sänger.

Nach einem weiteren  gefeierten Musical mit Burgenland-Bezug („Csaterberg“, 2006) und Stücken  an der Wiener Volksoper folgte 2014 der bisherige Höhepunkt in der Karriere der Angelika Messner: Das Libretto zur Oper „El Juez“, mit dem sich der Startenor José Carreras von der Opernbühne verabschiedete, stammt aus ihrer Feder. 

Das wahre Highlight  sieht Angelika Messner jedoch in ihrer Familie: „Das größte in meinem Leben sind dann doch meine zwei sehr wunderbar gelungenen Kinder“, sagt die Theatermacherin und Mutter einer 27-jährigen Tochter  und eines  25-jährigen Sohnes mit einem Lächeln.  

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