150 Jahre Klosterschule: Jubiläum mit Blick in die Zukunft

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Gegründet von den Schwestern vom Göttlichen Erlöser, bietet die Schule heute eine werteorientierte Bildung für 400 Mädchen und Burschen.

Die Gründung einer Klosterschule als feministisches Projekt? Das mag unwahrscheinlich erscheinen, liegt im Fall der Klosterschule Neusiedl am See aber erstaunlich nahe an der Wahrheit. Maria Strauby, eine wohlhabende Lehrerswitwe, trieb im Neusiedl am See des 19. Jahrhunderts eine Beobachtung um. Nämlich, dass ihrer Wahrnehmung nach Burschen im damaligen Schulsystem relativ gut ausgebildet, Mädchen hingegen oft vernachlässigt wurden.

Diesen Missstand wollte Frau Strauby mit der Gründung einer eigenen Schule für Mädchen in ihrer Heimatstadt beheben. Dem Stiftungsbrief aus dem Jahr 1872 ist zu entnehmen, dass sie großen Wert auf die "sittlich-religiöse Erziehung der weiblichen Jugend" legte. In den Schwestern vom "Göttlichen Erlöser", die sich auf die Führung von Spitälern und Schulen spezialisiert hatten, fand die Schulstifterin gleichgesinnte Mitstreiterinnen.

Nachdem der damalige Bischof seinen Segen erteilt hatte, kamen 1875 die ersten drei Nonnen aus Ödenburg (Sopron) nach Neusiedl am See. Zunächst wurde der mutmaßlich erste Kindergarten im Burgenland und eine "kleine Schule" für Mädchen mit drei Klassen eröffnet. Strauby selbst stellte der Klosterschule ihr gesamtes Vermögen zur Verfügung. Sie wohnte bis zu ihrem Lebensende im Schulgebäude in der Unteren Hauptstraße. Heute trägt eine Gasse in der Nähe ihren Namen.

Damals und heute

150 Jahre später werden immer noch Kinder und Jugendliche in der Neusiedler Klosterschule ausgebildet, durchaus im Geiste von Maria Strauby, wie der heutige Direktor der Mittelschule, Wolfgang Borbely, meint - wenn auch angepasst an die heutige Zeit. Zum einen werden seit geraumer Zeit auch Burschen aufgenommen - in der Volksschule seit 2007, in der Mittelschule seit 2018. Zum anderen hat sich der Lehrkörper entschieden verändert. Die letzten beiden Nonnen, Schwester Paula und Schwester Thekla, kehrten während der Corona Pandemie in ihr Mutterhaus in Eisenstadt zurück.

Unverändert blieb die Tatsache, dass die soziale Werteerziehung an der Schule oberste Priorität genießt. "Bevor ein Kind den Pythagoreischen Lehrsatz lernt, muss es erkennen, dass der Mathe Lehrer ein guter Kerl ist", gibt Direktor Borbely ein praktisches Beispiel.

Diese Herangehensweise macht sich beim Lernerfolg der Kinder bezahlt: Die Klosterschülerinnen und Schüler schneiden jedenfalls bei der Informellen Kompetenz-Messung (IKM) regelmäßig "weit über dem österreichischen Mittelschuldurchschnitt" ab, wie Wolfgang Borbely betont.

Auch diese Tatsache trägt zum guten Ruf der Schule bei. Obwohl die Ausbildung in der Privatschule mit rund 1.400 Euro pro Jahr und Kind zu Buche schlägt, gibt es mehr Anmeldungen als Plätze. "Bei uns bleibt kein Sessel frei", sagt der Direktor. Maria Strauby wäre stolz.

So wird das Jubiläm gefeiert

150 Jahre wollen gebührend gefeiert werden: Die beiden Schulleiter Sascha Baumgartner (Volksschule) und Wolfgang Borbely (Mittelschule) laden am kommenden Donnerstag (22. Mai) zum großen Fest, das unter dem Motto „Wurzeln, Werte und Zukunft“ steht. 

Wie es sich für eine katholische Schule gehört, beginnen die Feierlichkeiten mit einem Festgottesdienst um 10.30 Uhr im Turnsaal. Um 12 Uhr folgt der offizielle Festakt mit Ehrengästen aus Politik, Kirche und Bildungsdirektion.

Ab 18 Uhr gibt es  eine Abendandacht im Turnsaal, an der ehemalige und derzeitige Schülerinnen und Schüler teilnehmen werden. Dieser Teil der Festivitäten ist öffentlich – alle, die an der Klosterschule Neusiedl am See interessiert sind, sind eingeladen, das 150-jährige Jubiläum mitzufeiern. 

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