Betroffene erzählt: "Mir war egal, was das kostet"

Das angebliche Heilmittel besteht aus reiner Kochsalzlösung
Kärntnerin brachte den Fall ins Rollen. Arzt ist von der Wirkung überzeugt.

Die Ärzte sahen keine Heilungschance mehr: Im Vorjahr wurde bei einer Kärntnerin Krebs festgestellt. Die Tochter wollte alle Möglichkeiten ausschöpfen. "Mir war egal, was das kostet", sagt sie. Von einem Energetiker wurde sie an einen Vorarlberger Arzt verwiesen – er vertrieb bis vor Kurzem das Mittel "Powerlight". Ein Wundermittel, das schon nach der ersten Einnahme wirken soll. "Also habe ich die 1700 Euro überwiesen", sagt die Tochter.

Schwindel

Die kranke Frau nahm das Mittel ein. Ohne Wirkung. "Der Erfolg tritt nicht gleich ein", wurde sie vertröstet. Man solle sechs Monate abwarten und ein neues CT machen. Ergebnis: Die Metastasen waren weitergewachsen.

Die Kärntnerin war auf einen Schwindel hereingefallen. Sie erstattete Anzeige und informierte die Ermittler des Bundeskriminalamtes. In der Vorwoche wurde der Fall publik. 80 Geschädigte wurden bisher ausgeforscht.

Dem Vorarlberger Arzt und seiner Assistentin wird schwerer Betrug vorgeworfen. Der Allgemeinmediziner aus dem Bezirk Feldkirch nennt die Vorwürfe eine "Fata Morgana". Erst eine halbe Stunde zuvor habe er einen Anruf einer Angehörigen bekommen, die die Wirkung des Mittels bei der Mutter lobte. "Da findet sehr wohl eine Heilung statt. Das ist nicht nur leeres Wasser", sagt er. Laut Analyse des Bundeskriminalamtes soll er allerdings Kochsalzlösung verkauft haben. Vier Ampullen kosteten durchschnittlich 1580 Euro.

"Kochsalzlösung stimmt schon", gibt der Arzt zu. "Aber die ist mit Cluster-Technologien behandelt worden. Das kann man mit der heutigen Technik gar nicht austesten." Das Mittel wirke auch bei Malaria, Aids und sogar den Zika-Virus könne man damit behandeln. "Was mich überzeugt, ist, dass sogar Tiere damit behandelt werden können – und die können sich eine Heilung ja nicht einbilden."

Dass das Mittel erwiesenermaßen nicht immer half, sieht auch er ein. "Ich bin überzeugt, dass es hilft. Auch wenn das nicht immer der Fall ist. Das ist kein leeres Wasser."

Dass nicht einmal persönlicher Kontakt mit den Patienten nötig war und das Mittel via Post zugeschickt wurde, erklärt er so: "Damit wollte ich den kranken Menschen helfen. Mir reicht es, wenn sie mir den Arztbrief mit der Diagnose zukommen lassen. Daran orientiere ich mich."

Es sei ein Schock gewesen, als die Kriminalisten aufgetaucht waren. "Die haben mein Haus und meine Ordination auf den Kopf gestellt, alles zerpflückt. Ich wurde den ganzen Tag verhört." "Powerlight" könne er nun nicht mehr vertreiben. "Die haben alles mitgenommen. Ich kann die Patienten höchstens weiter vermitteln."

Mit einer Anklage rechnet er nicht. "Die Staatsanwaltschaft muss das fallen lassen. Das ist ja ganz klar."

Disziplinarverfahren

So klar ist das zumindest für die Vorarlberger Ärztekammer nicht. Sie hat ein Disziplinarverfahren gegen den Mediziner eingeleitet: "Die Ärztekammer für Vorarlberg verurteilt generell jegliche Empfehlung und Verwendung von "Wunder- bzw. Allheilmitteln" und rät allen Ärztinnen und Ärzten seit jeher davon ab, solche zu vertreiben."

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