Wirtschaft

Was auf Fernwärme-Kunden in Wien zukommt

In den kommenden Wochen erhalten Fernwärmekunden von Wien Energie die Jahresabrechnung für den vergangenen Winter. Etwaige Nachzahlungen könnten wegen der massiven Preissteigerungen vom Vorjahr deftig ausfallen, trotz teils rückwirkend geltender Rabatte.

In der kommenden Heizsaison sollen die Teilbeträge aber niedriger sein, sagte Wien-Energie-Chef Michael Strebl am Mittwoch vor Journalisten. Je nach Vertrag und Verbrauch um bis zu 50 Prozent. Dennoch, "die Fernwärme ist teurer als vor dem Krieg", sagte Strebl.

Wie hoch die Kosten für Warmwasser und Heizung bei der Fernwärme sind, liegt neben dem Verbrauch maßgeblich daran, welchen Vertrag ein Haus hat. Etwa zwei Drittel der 440.000 Fernwärme-Haushaltskunden in Wien haben Verträge mit Preisbescheid. Will Wien Energie hier die Preise erhöhen, stellt das Unternehmen einen Antrag an die Behörde der Stadt Wien - so geschehen 2022, die Folge war ein Anstieg um stolze 92 Prozent.

Alle Inhalte anzeigen

Je höhe der Anteil an Abwärme, Geothermie und Erneuerbaren in der Fernwärme sein wird, desto stabiler werden sich die Preise gestalten

Michael Strebl
zur geplanten Dekarbonisierung der Fernwärme

"Wirtschaftlich dringend notwendig" heißt es dazu seitens Wien Energie mit Verweis auf die bereits seit Frühsommer 2021 gestiegenen Gaspreise. Denn die Fernwärme nutzt zwar unter anderem die Müllverbrennung und industrielle Abwärme, knapp sechzig Prozent der Leistung kommen aber aus dem Verbrennen von Erdgas in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, die Strom und Wärme produzieren. Der Gaseinkauf (wie auch der Stromverkauf) findet bei Wien Energie ganzjährig und langfristig statt, wodurch extreme Preisausschläge kompensiert werden.

Mehr zum Thema: Wien Energie im Sturm der Strombörsen

Kostensteigerung Netto

"Die Situation im letzten Jahr hat uns keine Wahl gelassen, aber nun entspannt sich die lage an den Märkten wieder und das können und wollen wir weitergeben", sagte Strebl. In diesem Sinne sollen Grund- und Arbeitspreis heuer um 20 Prozent gesenkt werden. Im Vergleich zur Heizsaison vor zwei Jahren bleibt damit immer noch ein Anstieg um etwa 50 Prozent.

Für ein weiteres Kundendrittel dürften die Rückgänge bei den Teilbeträgen noch deutlicher ausfallen. Denn sie haben Verträge, bei denen die Kosten an Indizes gebunden sind, die Großhandelspreise abbilden. Die Abrechnung für die einzelnen Nutzer muss in diesen Fällen nicht von Wien Energie übernommen werden, sondern kann von den Hausbesitzern auch an Dienstleister wie Ista oder Techem vergeben werden.

Bei den indexierten Verträgen (alle seit 2013, teilweise schon seit 2004) waren die Anstiege 2022 besonders steil, die Kosten sinken jetzt aber auch wieder stärker, laut Wien Energie um bis zu 50 Prozent. Um zu vermeiden, dass massive Verwerfungen wie im letzten Jahr in Zukunft wieder bei den Kunden durchschlagen, wird der Arbeitspreis bei indexierten Verträgen mit maximal 120 Euro je Megawattstunde gedeckelt. Davon geht zunächst keine preissenkende Wirkung aus, denn es ist mehr als doppelt so hoch wie der aktuelle Gas-Großhandelspreis. Im Jahr 2022 hätte die Bremse in mehreren Monaten aber gegriffen.

Rückwirkende Rabatte

Ein Teil der Rabatte gilt rückwirkend: In der Jahresbrechnung 2022/23 wird der Grundpreis um ein Fünftel reduziert. Dieser macht bei einem typischen Haushaltsverbrauch aber nur etwa 20 bis 25 Prozent aus, der Rest entfällt auf den Arbeitspreis. Dieser Nachlass kostet Wien Energie laut eigener Angabe 50 Mio. Euro, die Nachlässe für die kommende Heizsaison kosten zusätzlich 86 Mio. Euro.

Mehr zum Thema: Wien-Energie-Chef: "Wir haben keine so hohen Preise verrechnet"

Die Fernwärme soll übrigens eine wichtige Rolle dabei spielen, die Klimaziele der Stadt Wien zu erreichen. Zwar sei sie jetzt schon deutlich umweltfreundlicher als Gasthermen, in Zukunft soll sie aber ohne Erdgas auskommen. Je ein Viertel der Leistung soll 2040 aus Müllverbrennung, Geothermie, industrieller Abwärme und das Verbrennen grüner Gase wie Wasserstoff erzielt werden. Zudem soll der Anteil am Wiener Heizungsmarkt von derzeit knapp 50 Prozent auf 60 Prozent steigen.