Kampf gegen die Inflation: EZB erhöht Leitzins zum 10. Mal
Im Kampf gegen die Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen das zehnte Mal in Serie angehoben. Die Euro-Wächter um Notenbankchefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag bei ihrer ersten Zinssitzung nach der Sommerpause, die Schlüsselsätze wie im Juli erneut um einen viertel Prozentpunkt zu erhöhen. Der Leitzins steigt somit von 4,25 Prozent auf 4,50 Prozent.
Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, klettert von 3,75 auf 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999. "Bei der Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer des restriktiven Niveaus wird der EZB-Rat auch künftig einen datengestützten Ansatz verfolgen", teilten die Währungshüter weiter mit.
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EZB senkt BIP-Prognose für 2023 auf 0,7
Ihre Vorhersage für das Wirtschaftswachstum im Euroraum hat die EZB für 2023 bis 2025 indes abgeschwächt. Nach der neuesten Prognose wird sie heuer um 0,7 Prozent wachsen. Im Juni hatte sie noch ein Wachstum von 0,9 Prozent vorhergesagt. Im kommenden Jahr soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) demnach um 1,0 (Juni-Prognose: 1,5) Prozent zulegen. Für 2025 erwartet die EZB einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung um 1,5 (1,6) Prozent im Währungsraum.
Schwächerer Rückgang der Inflation
Auch die hohe Inflation im Euroraum wird nach Einschätzung der Zentralbank langsamer zurückgehen als noch vor drei Monaten erwartet. Für heuer rechnet die Notenbank nun mit einer Teuerungsrate von 5,6 Prozent, wie die EZB weiter mitteilte. In ihrer Juni-Prognose war die EZB noch von 5,4 Prozent Inflation im Jahresschnitt 2023 ausgegangen.
Für 2024 sagt die Notenbank ebenfalls eine höhere Teuerungsrate von 3,2 (Juni-Prognose: 3,0) Prozent voraus, 2025 wird inzwischen eine etwas niedrigere Rate von 2,1 (2,2) Prozent erwartet. Die EZB strebt für den Währungsraum der 20 Länder mittelfristig ein stabiles Preisniveau bei einer jährlichen Teuerungsrate von 2 Prozent an.
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Für einen Zinsschritt sprach die hartnäckige Inflation, dagegen sprach die schwache Konjunktur. Was also tun?
Seit dem Sommer 2022 haben die Währungshüter in Frankfurt mit insgesamt neun Zinserhöhungen der Teuerung den Kampf angesagt und waren damit aber nur teilweise erfolgreich.
Mittlerweile steckt die EZB in einer echten Zwickmühle: Die Konjunktur ist zwar eingebrochen, was ein erwartbares Ergebnis von steigenden Zinsen ist, da Investitionen und Konsum unter teureren Krediten leiden. Aber die Inflation ist nicht verschwunden und wird wohl auch noch längere Zeit relativ hoch bleiben. Jedenfalls weit über der Zielmarke von zwei Prozent. Laut einem Insider, den Reuters zitierte, rechnen die EZB-Experten auch 2024 mit durchschnittlich drei Prozent Inflation im Euroraum.
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Daher waren sich im Vorfeld der Zinsentscheidung Experten selten uneins, wie die Notenbanker wohl entscheiden werden: Zinsen weiter rauf oder eine Zinspause einlegen und abwarten, wie es mit der Wirtschaft weiter geht. Die Forderungen nach einer Zinspause waren jedenfalls zuletzt immer lauter geworden, da beispielsweise Deutschland schon in einer Rezession steckt und Österreich auf dem Weg dorthin sein dürfte.
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Von Reuters befragte Ökonomen erwarten für die Eurozone ein Wachstum von 0,6 Prozent in diesem Jahr und 0,9 Prozent im Jahr 2024. Das Zinserhöhungsstakkato der EZB hat die Konjunktur inzwischen deutlich gebremst. Im Frühjahr war die Wirtschaft in der 20-Ländergemeinschaft nur minimal um 0,1 Prozent gewachsen.