Wirtschaft

Wohnbau: Brisante Millionenpleite entpuppt sich als Kriminalfall

Diese Großpleite hat gute Chancen in die österreichische Justizgeschichte einzugehen. Fragwürdige Bauprojekte, private Investorengelder in Millionenhöhe, mutmaßliche Täuschung der Anleger und ein bitteres Ende für den Geschäftsführer mit einer unbedingten, aber eine Haftstrafe von drei Jahren – wegen schweren Betrugs. Das schriftliche Urteil vom 28. Jänner 2019 ist aber noch nicht rechtskräftig.

Geschäftsführer Hermann K. hat gegen das Urteil Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet. Detail am Rande: Auch die Finanz führt eine Betriebsprüfung durch. Bei der Kapitalertragssteuer KESt dürfte es wegen verdeckter Ausschüttungen zu einer sechsstelligen Nachforderung kommen.

Aber der Reihe nach: Über das Vermögen der Capital & Immobilien Invest GmbH mit offiziellem Sitz in Wörgl, Tirol, aber tatsächlichem Geschäftssitz in Krems, Niederösterreich, wurde bereits Mitte Jänner 2019 ein Konkursverfahren eröffnet. Insgesamt sind 154 Gläubiger betroffen, die laut Creditreform rund 8,2 Millionen Euro Forderungen angemeldet haben. Einzelne Investoren haben bis zu 400.000 Euro in diese frafwürdigen Bauprojekte der Capital & Immobilien Invest GmbH gebuttert. Zum Teil führten einzelne Investoren Zivilprozesse gegen das Unternehmen, aber auch Exekutionsverfahren.

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Derzeit wird das Unternehmen laut Creditreform durch den renommierten Masseverwalter und ausgewiesenen Sanierungsexperten Herbert Matzunski fortgeführt. Matzunski tüftelt „an einer Rettung der Gesellschaft samt Abschluss eines Sanierungsplans mit den Gläubigern“. Detail am  rRande: Der Geschäftsführer K. dürfte nach wie vor im Unternehmen arbeiten.

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Der Hintergrund

„Neben den Finanzdienstleistungen, die nur zu geringfügigen Einnahmen führten, befasste sich Capital & Immobilien Invest mit der Durchführung von Bauprojekten in Scheffau, Ellmau und Wörgl“, heißt es im Bericht des Masseverwalters. „Die Durchführung dieser Bauprojekte erfolgte jeweils mit eigenen Projektgesellschaften, die Kosten hierfür wurden insofern aufgebracht, als sich Capital & Immobilien Invest an private Investoren wendete und letztere aufgrund eines Investorenauftrages Gelder zur Verfügung stellten.“ Für die Projekte wurden sogenannte partiarische Darlehen entgegengenommen.

Die Rückzahlung der investierten Beträge samt allfälliger Rendite aus den Bauprojekten sollte so erfolgen, „dass die Investoren den jeweils investierten Betrag zurückerhielten, wenn 70 Prozent der Wohn- und Geschäftsflächen verkauft waren“.

Seit dem Jahr 2013 Verluste geschrieben

„Entgegen dem Zeichnungsschein wurde jedoch der jeweilige Investitionsbetrag nach Erreichen des vollen Investitionsvolumens nicht grundbücherlich auf der Bauliegenschaft sichergestellt, sondern es wurde mit dem investierten Geld der Anleger über Jahre hinweg auch jene Projekte/Verluste abgerechnet und abgedeckt, bei denen keine oder nur geringe Gewinne realisiert wurden“, heißt es weiter. „Tatsächlich ist es der Capital & Immobilien Invest nicht gelungen, mit diesem Businessmodell in den vergangenen Jahren erfolgreich zu sein.“

Oder anders gesagt: Seit 2013 wurden jedes Jahr beträchtliche Bilanzverluste erzielt. Fehlkalkulationen und niedrigere Verkaufspreise als erhofft, führten in die Insolvenz

Saftige Anklage - fiktive Abrechnungen

Am Ende landete der Geschäftsführer K. vor dem Strafrichter. Eine rechtlich komplexe Sache. "Nach entsprechenden Vorerhebungen, Hausdurchsuchungen und der Beschlagnahme von geschäftlichen Unterlagen hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen Geschäftsführer Hermann K. Anklage erhoben. "Ihm wurde vorgeworfen, im Zeitraum ab 1. Juli 2013 durch fiktive, ohne wirtschaftliche Grundlage erfolgte Abrechnungen und die Vorgabe, frühere von der Schuldnerin durchgeführte Projekte seien mit erheblichen Gewinnen realisiert wurden, weit mehr als 100 Anleger" dazu bewogen zu haben, " partiarische" Darlehen zu zuzählen, wobei mit diesen Darlehen die Zusage der grundbücherlichen Sicherstellung verknüpft, tatsächlich aber nie durchgeführt wurde."

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Das Urteil - nicht rechtskräftig

Am Landesgericht Innsbruck wurde Hermann K. laut Konkursverwalter in der am 10.September 2018 durchgeführten mündlichen Hauptverhandlung des schweren gewerbsmäßigen Betruges schuldig erkannt," insgesamt 126 Investoren im Zeitraum Juli 2013 bis Ende April 2015 zur Hingabe derartiger Darlehen im Gesamtwert von zumindest rund 4,4 Millionen getäuscht und verleitet zu haben". Hermann K. wurde laut Aktenlage zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren sowie zum Ersatz zahlreicher Privatbeteiligten-Ansprüche und zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Das schriftliche Urteil wurde am 28. Jänner 2019 zugestellt, nach Angaben von Hermann K. wurde dagegen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet.

Vermögen und Schulden

Das Befandrecht auf der Liegenschaft der Wildschönau Projekt GmbH wird mit 1,8 Millionen Euro beziffert, von 130 Investoren erwartet der Verwalter Rückzahlungen von Teilausschüttungen in Höhe von 750.000 Euro, die eigentlich ausgeschüttet hätten werden dürfen. Die Büroeinrichtung in Krems wird mit 1500 Euro beziffert.

Die Verbindlichkeiten sollen sich laut Masseverwalter bei zumindest rund sieben Millionen Euro einpendeln, davon entfallen bisher 5,5 Millionen Euro auf 132 Forderungsanmeldungen. "Zahlreiche Investoren haben ihre Anspürche noch nicht angemeldet, heißt es weiter, darunter sind zwei Investoren mit Forderungen in Millionenhöhe.

Die Zukunft

"Neben der Prüfung der Forderungsanmeldungen liegt das Hauptaugenmerk des Masseverwalters derzeit auf der Betriebsfortführung, der Überprüfung und Einbringlichmachung der angefochtenen inkongruenten Zahlungen, der anfechtungsrechtlich relevanten Bekämpfung von erwirkten Afterpfandrechten auf dem Pfandrecht der Schuldnerin auf der Liegenschaft der Wildschönau Projekt GmbH und den übrigen steuerlichen und unternehmerischen Agenden", heißt es weiter.

Der beabsichtigte Sanierungsplan soll mit Hilfe des Bauprojekts Wildschönau umgesetzt werden. 

„Einige Investoren wollen weitere Gelder in das erfolgversprechende Wohnprojekt stecken, um ihre bereits investierten Mittel doch noch zurück zu bekommen“, sagt Insolvenzexperte Stephan Mazal vom Gläubigerschutzverband Creditreform. "Die Nachfrage nach den bereits baubewilligten Wohnungen wird als gut eingeschätzt."