Wirtschaft

Seit 2018 neuer Leerstand im Ausmaß der Stadt Salzburg

"In Österreich ist extrem viel gebaut worden", sagte Thomas Ritt von der Arbeiterkammer (AK) Wien bei einer Pressekonferenz am Montag. Allerdings "leider das Falsche" - und dazu auch noch teuer, so der Leiter der Abteilung Kommunal und Wohnen. Denn es sei aber nicht zum Wohnen, sondern rein als Geldanlage gebaut worden. Es handle sich insofern um "betonierte Sparbücher", kritisiert die AK.

Seit 2018 sind nach Zahlen der AK österreichweit 317.000 neue Wohnungen entstanden und damit um 80.000 mehr als gebraucht worden wären. Entstanden ist dadurch ein zusätzlicher Leerstand in etwa der Größe der Stadt Salzburg. "Wenn ein Markt funktioniert", hätte das zu sinkenden Preise führen müssen, sagte Ritt.

Diese sind allerdings weiter gestiegen: Die Mietkosten bei Neuverträgen im privaten Sektor sind seit 2018 um 12 Prozent gestiegen, die Kaufpreise sogar um 38 Prozent. Im Vergleich zum Jahr 2018 betrage der Anstieg sogar 135 Prozent. Für Private seien Eigentumswohnungen durch diese Entwicklung zunehmend unerschwinglich geworden, sagte Lukas Tockner, AK-Referent für Wohnungspolitik. Auch Haushalte mit einem überdurchschnittlichen Einkommen könnten mit den Preisen nur mithalten, wenn sie zusätzlich 200.000 bis 300.000 Euro etwa aus einem Erbe bekämen.

Es wurde zu viel fürs Anlegen und zu wenig fürs Wohnen gebaut. Der Markt hat versagt, der leistbare Wohnbau wurde verdrängt. Die steigenden Zinsen lassen den Spekulationsrausch vorerst abklingen. Das ist eine Chance für die soziale Wohnbaupolitik.

Thomas Ritt
Leiter der Abteilung Kommunalpolitik und Wohnen, AK Wien

"Da hat eine Entkopplung stattgefunden und es sind auch die Preissteigerungen nicht durch die Einkommenszuwächse erklärbar". Dahinter stecke die "Flucht ins Betongold" der institutionellen Anleger, weil es keine Zinsen gab. Mit der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) sei diese Boomphase aber vorbei, das zeige sich auch an der rückläufigen Zahl der Baugenehmigungen.

AK fordert bundesweite Leerstandsabgabe und Mietpreisbremse

Die AK sieht darin eine Chance für die Politik, gestalterisch einzugreifen und den geförderten Wohnbau wieder anzukurbeln. Denn in den vergangenen Jahren seien gemeinnützige Bauträger zunehmend vom Markt verdrängt worden, weil die Bodenpreise und die Baukosten massiv gestiegen sind. In Wien hätten sich die Bodenpreise seit 2010 zum Beispiel "mehr als verdreifacht", sagte Tockner.

Zwar seien die Lieferkettenprobleme in Folge der Coronapandemie und der Anstieg der Energiepreise seit dem russischen Überfall auf die Ukraine reale Entwicklungen, der Baupreisindex sei aber deutlich stärker gestiegen als der Baukostenindex. Die Baupreise sind demnach stärker gestiegen als die Kosten der Unternehmen, was auch private Häuslebauer zu spüren bekämen. Mit dem Abkühlen der Baukonjunktur könnte hier eine Trendwende einsetzen, schätzt Tockner.

Um Wohnbau und Wohnbedarf wieder in Einklang zu bringen, fordert die AK mehrere Maßnahmen von der Politik. Zum einen eine bundesweite und "effektive Leerstandsabgabe", damit die bestehenden Wohnungen auf den Markt kommen. Dazu wie hoch diese Steuer sein müsste, wollte Ritt sich nicht festlegen, wichtig sei aber dass ihr eine gründliche Leerstandserhebung zu Grunde liege. Der angekündigte Mietpreisdeckel der Bundesregierung ist der AK nicht genug. Die Mieten sollten demnach maximal um zwei Prozent steigen dürfen, auch solle die Maßnahme rückwirkend gelten. 

Wohnbaumilliarde und reservierte Flächen

Um den gemeinnützigen Wohnbau zu unterstützen, fordert die AK außerdem eine "Wohnbaumilliarde" für die Bundesländer. Diese müsse aber zweckgebunden sein und dürfe nur für zusätzliche Bauleistung verwendet werden. Um ausreichend Bauplätze zu haben, müssten laut der AK zudem Grundstücke für den gemeinnützigen Wohnbau reserviert werden.