"Hello Again": Howard Carpendale ist 75
Auch Herzensbrecher werden älter, sogar der singende Charmeur aus Südafrika, Howard Carpendale. 75 Kerzen könnten am 14. Jänner auf seiner Geburtstagstorte glimmen. Könnten – doch der in München lebende Künstler wird darauf wohl kaum Wert legen. "Ganz ehrlich: Über meinen Geburtstag denke ich Null Komma Null nach. Der ist mir völlig egal", sagt Carpendale beim Telefonat mit der dpa. Ihn treiben gerade andere Dinge um. Natürlich: Corona.
Hier bemängelt Carpendale ein Versagen der Politik: "Diese Salamitaktik war eine Katastrophe", befindet er. Eine Taktik, die direkt in den zweiten Lockdown geführt habe – und Menschen aus der Unterhaltungsindustrie weiterhin in die Arbeitsämter.
Mit vielen Millionen verkauften Tonträgern dürfte der in Durban geborene Sänger und Komponist selbst kaum wirtschaftliche Probleme bekommen. Nahezu jede CD-Veröffentlichung erreichte Charts-Spitzenplätze, seine Tourneen sind stets ausverkauft. Mit Evergreens wie "Hello Again", "Tür an Tür mit Alice", "Ti Amo" oder "Das schöne Mädchen von Seite 1", mit dem ihm 1970 der Durchbruch gelungen war, schrieb der blonde Südafrikaner etliche Kapitel Schlagergeschichte.
Am Herzen liegt im zurzeit sein jüngstes Album "Symphonie meines Lebens 2". Darauf interpretiert Carpendale seine größten Erfolge – gemeinsam mit dem britischen Royal Philharmonic Orchestra. "Und das ist bereits meine zweite CD mit denen", schwärmt er. Die Aufnahmen mit den weltberühmten Londoner Musikern seien nach knapp 40 Studio-Alben sein "künstlerischer Ritterschlag" gewesen, meint er. Und fügt ein kleines Detail hinzu: "Wenn man sich die Diskografie dieses Orchesters ansieht", man hört ihn schmunzeln, "lernt man: Nur zwei Künstler haben zwei Alben mit diesem erlesenen Klangkörper aufgenommen: Elvis und ich!"
Idol Elvis
Überhaupt Elvis. Er war es, der Howard Carpendale zur Musik gebracht hat. Seine ersten Bühnenerfahrungen sammelte er schließlich als Elvis-Imitator in Südafrika. Ist Elvis, der König des Rock 'n' Roll, für ihn immer noch der King? "Für mich ist er immer noch der Größte", gibt er zu, "weil er einfach das komplette Paket bot: Er hatte die Stimme, das Aussehen und dazu einen coolen Namen." Dass Elvis für Jugendliche von heute weitgehend ein Unbekannter ist? Geschenkt! "So ist der Lauf der Zeit. Wenn ich heute in ein Hotel bei einem 20-Jährigen einchecke, kennt mich der auch nicht unbedingt. Dabei hatte ich mal einen Bekanntheitsgrad von 90 Prozent."
Nach seiner – eher erfolglosen – Elvis-Imitatoren-Karriere zog es Carpendale Mitte der 60er nach England. Er versuchte sich als Beat-Sänger. Erneut mit nur leidlichem Erfolg. Immerhin aber brachte ihn eine Tournee der Band nach Deutschland. In das Land, in das er sich auf Anhieb verliebte – und das ihm den Weg zu einer der glanzvollsten, erfolgreichsten und am längsten andauernden Schlagerkarrieren ebnete.
Dabei hätte es der Entertainer wohl auch als Sportler zu Ruhm und Ehre bringen können: Er war südafrikanischer Jugendmeister im Kugelstoßen; später spielte er in Cricket, Rugby und Golf. Wäre eine Sportlerkarriere nicht auch reizvoll gewesen? "Nein, nein", wiegelt er ab, "Musik ist mein Leben. Das hat alles seine Richtigkeit." Das will er, vorausgesetzt Corona lässt es zu, ab Mitte Mai live auf verschiedenen Festivals und ab 11. September mit einer weiteren großen Tournee beweisen.
Howard Carpendale lebt mit seiner zweiten Frau Donnice in München. Mit der Amerikanerin hat er einen Sohn; aus erster Ehe ging Sohn Wayne hervor, der ebenfalls eine Entertainer-Karriere einschlug.