Howard Carpendale: "Musik ist mein Leben"
Er hat das blonde Haar so schön wie vor 40 Jahren, als er den deutschen Schlagermarkt mit Liedern wie „Da nahm er seine Gitarre“ oder „Du fängst den Wind niemals ein“ eroberte. 67 ist Howard Victor Carpendale – und kein bisschen müde. Im Gegenteil. „Ohne Musik kann ich nicht leben, sie ist meine Leidenschaft“, verrät der gebürtige Südafrikaner auf dem Weg zum Prunksaal der Nationalbibliothek.
Dort empfängt ihn Direktorin Johanna Rachinger inmitten der bis zu 500 Jahre alten 200.000 prachtvollen Werke. Carpendale übernimmt eine Patenschaft für ein Buch, das mit seiner Spende restauriert wird. 7000 Buchpaten – unter ihnen Arnold Schwarzenegger oder Hilary Clinton – konnte Rachinger bereits für das Haus am Josefsplatz gewinnen. Mit weißen Handschuhen zeigt sie dem Musiker den Klavierauszug von Mozarts „Zauberflöte“ aus dem Jahr 1810, das jetzt ein Ex Libris von Howard Carpendale ziert.
Ehrfürchtig blickt sich Südafrikas ehemaliger Jugendmeister im Kugelstoßen im Prunksaal um. Er selbst komme leider kaum zum Lesen. „Das ist ähnlich wie mit Klavierspielen. Ich hab mal angefangen zu spielen und dann bin ich, statt zu üben, lieber auf den Golfplatz gegangen.“ Sein Handicap? „Nach einem Jahr hatte ich Handicap 8, mein bestes war 4, jetzt spiele ich mit 12“, erklärt er sichtlich stolz.
Neues Album
Zur Zeit kommt der Vater zweier erwachsener Söhne weniger zum Golfen. Sein neues Album „Viel zu lang gewartet“ ist frisch auf dem Markt. Und nächstes Jahr geht Carpendale auf Tournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Dafür müsse er topfit sein. „Noch mehr Golfspielen und Fitnesstraining sind angesagt.“
Für die Produktion seiner neuen CD holte er sich verschiedene junge Künstler kosmopolitischer Herkunft zu einem neuntägigen Schreib- und Kreativ-Camp. Mit dem Ergebnis ist er zufrieden. „Ich stehe zu dem, was ich gemacht habe. Glaubwürdigkeit spielt für mich eine wichtige Rolle. Das ist etwas, worauf ich sehr viel Wert lege.“
Mit seinen Söhnen habe er ein tolles Verhältnis. Cass (25), der jüngere, den er mit einer Amerikanerin hat, lebt als erfolgreicher Software- und Spieleentwickler in Florida. Schauspieler Wayne, der 36-jährige Sohn aus erster Ehe, wohnt wie sein Vater in München.
Zu einem rauschenden Familienfest wurde kürzlich die Hochzeit von Wayne, die Anfang Oktober auf Ibiza gefeiert wurde. „Ich mag den Ausdruck Patchworkfamilie nicht. Aber wir verstehen uns alle ausgezeichnet“, versichert Carpendale, während er vor einem 220 Jahre alten Himmelsglobus für den Fotografen posiert und flüstert: „Bitte nur von vorne knipsen.“
Als der blonde Barde vor zehn Jahren seinen Rückzug aus dem Musikgeschäft verkündete und der Öffentlichkeit mitteilte, an Multiple Sklerose erkrankt zu sein, übersiedelte er nach Florida. „In den fünf Jahren habe ich gemerkt, dass ich viele Visionen verloren hatte, weil mir dieser kreative Prozess fehlte.“ Wayne war es, der ihm damals aus der psychischen Krise holte. „Er kam nach Amerika und hat lange mit mir geredet und mich quasi gezwungen, wieder nach Deutschland zu kommen“, erinnert sich der Sänger, der bisher mindestens 25 Millionen Tonträger verkauft hat. „Mein Beruf ist mein Leben. Ich hätte nie gedacht, dass ich das Singen so vermisse.“
Comeback
2007war seine Comeback-Tour ein toller Erfolg. „Das war eine unglaublich schöne Reaktion vom Publikum.“ Seine Fans sind zwischen 35 und 45 Jahre alt. „Was mich sehr freut. Weiße Haare sehe ich selten in meinen Konzerten. Ich bin gerne der Älteste im Saal bei meinen Konzerten“, scherzt der 67-Jährige.
Über seine Krankheit spricht er nicht gerne. „Diese Geschichte werde ich nie mehr los. Ich merke meine MS nicht. Manchmal hab ich Probleme in den Beinen. Es ist eine sehr latente Art.“ Glücklich sei er vor allem über seinen Neustart. Howard Carpendale erfindet sich immer wieder neu. „Trotzdem bleib ich mir selber treu.“ Und seine Fans ihm auch.
Musik ist die Art, wie ich mich am liebsten ausdrücke.
Alter werden ist nicht leicht. Man muss es meistern, sonst verliert man das Steuer.
Angst habe ich vor der Dummheit der Erde.
Teilen heißt mitteilen, Anteil nehmen. Das wurde mir erst richtig bewusst, als wir dieses Lied „Teilen“ geschrieben haben. Ich teile sehr gerne meine Freude und meine Probleme mit Leuten, die ich liebe.
Meine beste Eigenschaft ist meine Fairness.
Meine schlechteste Eigenschaft ist, dass ich ungern streite. Man verliert an Lebensqualität, wenn man nicht nein sagt.
Zur Person Howard Victor Carpendale (67) ist ein südafrikanischer Sänger, der Ende der 60er-Jahre seine Karriere in Deutschland startete. Zwei Söhne, Wayne (37) und Cass (25).
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