Politik/Inland

Nehammer sagt Impflotterie ab - wer bekommt jetzt die Milliarde?

Durch eine Mischung aus Strafe und Anreiz sollte die Impfquote in Österreich erhöht werden.

Ersteres, die Impfpflicht, wurde zuletzt von einigen Landeshauptleuten und anderen Experten angezweifelt.

Zweiteres, die Impflotterie, scheint die Regierung jetzt schon ad acta gelegt zu haben, wie Kanzler Karl Nehammer am Sonntag im Krone-Interview sagt. 

Die Impflotterie sei ein Wunsch der SPÖ gewesen, erklärt Nehammer. Diese hat das Paket mit den Regierungsparteien ÖVP und Grüne mitverhandelt und am 20. Jänner im Nationalrat auch mitgestimmt. Die SPÖ wollte diesen persönlichen Motivationsbonus, erklärt der Kanzler und ÖVP-Chef. Der ORF solle die Aktion abwickeln. Der ORF hat allerdings eine Woche später erklärt, dass sie wegen des ORF-Gesetzes nicht dazu in der Lage sei (siehe unten). 

"Für mich war es selbstverständlich, auf den Wunsch einzugehen. Aber so, wie ich die Sozialdemokraten das vorgestellt haben, ist sie nicht durchführbar. Das ist schade, aber kein Beinbruch", sagt Nehammer.

Man könne sich nun Gedanken machen, was man mit dem Betrag, der im Budget dafür zur Verfügung steht alternativ machen soll. Es handelt sich dabei um rund eine Milliarde Euro.

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Bonus für Leistung in der Pandemie

Und woran denkt der Kanzler da? "Was ich mir persönlich vorstellen kann, ist, dass wir jenen Menschen, die in der Pandemie viel geleistet haben, einen höheren Bonus zugutekommen lassen." Etwa dem Gesundheits- und Pflegepersonal, den Soldatinnen und Soldaten, den Polizistinnen und Polizisten.

Er sei diesbezüglich aber erst in Gesprächen mit dem Koalitionspartner, sagt Nehammer. 

Nach der Absage des ORF hieß es noch, die Regierung arbeite "an der Entwicklung rechtskonformer Alternativen, auch mit anderen möglichen Partnern". Auch eine Verschiebung um mehrere Monate galt als Option. Immerhin liegt zur Impflotterie ein Entschließungsantrag im Nationalrat vor. 

SPÖ: Idee kam von Regierung

Die SPÖ reagiert kurz darauf mit einer Aussendung - und bezeichnet die Aussagen Nehammers als "falsch": 

"Die SPÖ hat vorgeschlagen, dass die Impflotterie von ELGA und den Apotheken gemeinsam abgewickelt wird. Diesem Vorschlag haben die Regierungsfraktionen jedoch nicht zugestimmt und haben als Gegenvorschlag den ORF ins Spiel gebracht", erklärt Joachim Preiss, Klubdirektor im SPÖ-Parlamentsklub, der bei dem Thema mitverhandelt hat. 

"Die Frage seitens der SPÖ, ob das möglich und mit dem ORF vorab abgeklärt und besprochen sei, wurde klar bejaht. Aus Verantwortungsbewusstsein und im Sinne einer raschen Steigerung der Impfquote - es war bereits Ende Jänner - hat die SPÖ-Parlamentsfraktion dem zugestimmt." 

Die SPÖ hatte ursprünglich einen ganz anderen Vorschlag: Alle dreifach Geimpften sollten einen Gutschein von 500 Euro bekommen, sobald das "Impfziel" von 90 Prozent in der Bevölkerung erreicht ist. Das hat Türkis-Grün aber abgelehnt und stattdessen die Lotterie vorgeschlagen. 

Impfpflicht als "Werkzeugkoffer"

Zurück zu Nehammer: Im Sonntagsinterview der Krone hält er an der Impfpflicht fest: Das Gesetz sei ein "Werkzeugkoffer" - man werde die Werkzeuge einsetzen, wenn es notwendig sei. Eine Kommission von Juristen und Ärzten beurteile ständig neu, wenn es notwendig sei. Diese Evaluierung sei im Gesetz festgehalten. 

So lange die Experten sagen, das Impfen sei das probate Mittel, "bleibt die Impfpflicht natürlich aufrecht", betont er. Das Gesetz könne aber auch "Geschichte sein", wenn die Experten es vorschlagen. Eine Kommission werde darüber beraten. 

Die Impfpflicht im Herbst nicht mehr zu brauchen, "wäre das Schönste, was uns passieren könnte", so der Kanzler. 

Zweifel am Timing für die Impfpflicht äußerte am Sonntag auch ÖVP-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (siehe unten)

Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer betont in einem Kommentar in der Kleinen Zeitung, dass "wir unsere Entscheidungen weiterhin auf Basis wissenschaftlicher Evidenz treffen und langfristig planen".

Ein zentraler Kontrollmechanismus sei im Gesetz verankert: "Es wird laufend evaluiert, ob die Impfpflicht noch notwendig und verhältnismäßig ist - aufgrund der jeweils aktuellen Situation und mit Blick auf die kommenden Wochen und Monate. Dafür wird eine Kommission aus medizinischen und juristischen Expertinnen und Experten eingesetzt, die in den nächsten Tagen ihre Arbeit aufnehmen wird."

Am Mittwoch finden Beratungen zwischen der Bundesregierung und den Ländern zur Corona statt. Da wird die Impfpflicht sicher auch Thema sein.