Eine allgemeine Impfpflicht musste also her. Und was vor Weihnachten noch grimmig danach klang, dass die Schlupflöcher für die Verweigerer einer gemeinsamen Bekämpfung der Pandemie auf ein Minimalmaß schrumpfen werden, hörte sich am Donnerstag wie der Elternabend eines Waldorf-Kindergartens an: Eine Milliarde Steuergeld wird allein dafür verwendet, die Impfung in ein Glücksspiel mit rückwirkender Teilnahme zu verwandeln.
Im Klartext: Wer so gnädig war, die vom Staat finanzierten Wunder der modernen Medizin in niederschwelligst organisierten und exzellent servicierten Einrichtungen gratis zu sich zu nehmen, darf pro Termin auf 500 Euro hoffen. Alle, die sich drei für Erwachsene empfohlene Impfungen geholt haben, können mit ein bisschen Glück mit 1500 Euro rechnen. Rückwirkend!
Wer die Pressekonferenz von Regierung und SPÖ-Chefin Donnerstagfrüh verfolgte, wurde Zeuge dessen, dass eigentlich jeder (außer der FPÖ) Lob, Zuwendung oder geldwerte Leistungen bekam. Allein die Kombination des Rendi-Wagner-Vorschlags eines Impfbonus mit der von ihrem schärfsten Konkurrenten Hans Peter Doskozil abgehaltenen Impflotterie sagt alles über die Stimmung rund um die Impfpflicht: Anything goes. Hauptsache niemand ist beleidigt oder muss allzu offensichtlich seine Pflicht tun.
So sieht politische Selbstaufgabe aus. Weder das konservative Diktum „Leistung muss sich wieder lohnen“ noch der sozialdemokratische Leitstern einer Politik, „die der Solidarität und der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet ist“ werden hier manifest.
Niemand ist hier solidarisch. Eine frustrierte Mehrheit zahlt in die Befindlichkeiten von esoterisch veranlagten Freiheitskämpfern ein, die sich in ihrer Wohlfühlwelt eingeschlossen haben.
Niemand fordert hier Leistung. Hier wird Steuergeld verschüttet und die Gießkanne hinterhergeworfen.
Und die Grünen? Die haben sich in den wenigen Jahren der Regierungsbeteiligung erfolgreich davon emanzipiert, eine Kontrollpartei sein zu wollen.
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