SPÖ-Stiftungsrat Lederer: "Erwarte, dass ORF-Führung klare Kante zeigt"
Von Christoph Silber
SPÖ-Stiftungsrat Heinz Lederer kritisiert die ORF-Führungsebene für den Umgang mit der mittelfristigen Finanzplanung samt Alarmismus heftig. "Die Bestandsaufnahme ist nicht hinterlegt mit Gegenmaßnahmen, wie die Direktoren gedenken, ein offenbar drohendes Finanz-Debakel des ORF aufzuhalten. Das ist doch das mindeste, was man als Aufsichtsrat erwartet. Zustandsbeschreibungen kenne ich von dieser neuen Führung jetzt schon genug, ich will endlich Handlungen sehen."
Wie der KURIER berichtete, veranschlagt der Öffentlich-Rechtliche für die Jahre 2024 bis 2026 Mehrkosten von 325 Millionen. Haupttreiber dessen ist die Inflation. Gleichzeitig gehen die Einnahmen durch Werbung und GIS-Gebühren zurück. Zu allem Überfluss ist nach einem (vom ORF angestrebten) Spruch des Verfassungsgerichtshofs der Finanzierungsmodus ab 2024 noch völlig ungeklärt.
Prinzipiell müssten die drei künftigen Finanzierungsmodelle - GIS-neu, Haushaltsabgabe und Budgetfinanzierung - am Leben bleiben, sagt Lederer. Zu einer potenziellen Budgetfinanzierung äußert er sich aber skeptisch. Es sei fraglich, ob diese bis Ende 2023 auch umsetzbar sei, da sie von der EU "tiefergehend" geprüft werden müsste. Berücksichtige man die gegenwärtigen Gebührenbefreiungen, das durch den VfGH angeordnete Schließen der Streaminglücke und die mit einer Budgetfinanzierung entfallende Berechtigung zum Vorsteuerabzug, müsste der ORF zwischen 900 Millionen oder einer Milliarde Euro aus dem Bundesbudget erhalten.
Letztes Abendmahl oder Rapid-Viertelstunde
Als Stiftungsrat hafte er persönlich, unterstreicht Lederer, da stellten sich jetzt viele Fragen, bis hin zu insolvenzrechtlichen Fragen. "Auch wenn zu ergreifende Maßnahmen hart sind, sie gehören auf den Tisch: Werden TV-Sender geschlossen, Radio-Kanäle abgedreht, Landesstudios zugemacht – alles scheint möglich, aber nichts liegt vor. Ich erwarte hier von der Führungsebene des ORF, dass sie klare Kante zeigt. Also, entweder ist das jetzt das letzte Abendmahl oder es kommt die Rapid-Viertelstunde."
Kein Abnick-Gremium
Ein klares Statement des obersten Aufsichtsgremiums erwartet sich Lederer in der Sitzung am kommenden Donnerstag nicht nur zu den Finanzen. Auch die Vorgänge der letzten beiden Wochen und den Umgang im ORF mit der Chat-Affäre will er thematisiert sehen. "Ich habe gewarnt vor diesem Hang zur ORF-internen Selbstzerfleischung, und genau das ist passiert. Da braucht es ein ganz klares Statement des Stiftungsrates, der sich nicht nachsagen lassen muss, ein reines Abnick-Gremium zu sein." Nicht zum ersten Mal sei man jetzt dort mit einer schwierigen Situation konfrontiert. Lederer: "Der Stiftungsrat ist damit stets professionell umgegangen und auch das zeigt, wie wichtige die unterschiedlichen Zugänge von uns für dieses Gremium sind. Wir alle müssen jetzt nämlich dafür rennen, dass nicht das Licht am Küniglberg abgedreht wird."